Schule M(m)acht Geschlechter - Eine Auseinandersetzung mit Schule und Geschlecht unter diskurstheoretischer Perspektive

von: Monika Jäckle

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531913445 , 425 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 42,25 EUR

Mehr zum Inhalt

Schule M(m)acht Geschlechter - Eine Auseinandersetzung mit Schule und Geschlecht unter diskurstheoretischer Perspektive


 

1 Geschlechtersemantik in der Schule (S. 15)

Thema

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Schule und ihrer Beziehung zu den Theoremen Diskurs, Macht und Geschlecht auseinander. Es werden dabei drei Ebenen behandelt:

Die Klärung des schulpädagogischen Selbstverständnisses mit Hilfe der Diskursperspektive.

Die Beschreibung der Schule als „Schauplatz eines machtvollen Ringens" um die Geschlechtersemantik.

Die Präsentation erziehungswissenschaftlicher Geschlechterkonzeptionen und ihre Folgen für die Gestaltung der Geschlechterwelt Schule.

Theoretische Grundlegung

Die Diskursperspektive


Den theoretischen Bezugsrahmen dieser Arbeit bildet die poststrukturalistische Perspektive: Es wird von der wirklichkeitskonstitutiven Wirkung von Diskursen in dem Sinne ausgegangen, dass sie entlang machtvoller Regelstrukturen soziale Wirklichkeit erzeugen. So ist auch die Geschlechterwirklichkeit - die Verhältnisse der Geschlechter zueinander - Effekt einer diskursiven Praxis.

Da „Diskurstheorien allgemeine theoretische Grundlagenperspektiven auf die sprachförmige Konstituiertheit der Sinnhaftigkeit von Welt" (Keller 2004, S. 8) ins Auge fassen, dienen sie als theorieperspektivischer Hintergrund für die Beschreibung der Semantik von Geschlecht und deren Praxis in der Schule:

1. Die Diskurstheorie Foucaults hilft, das Selbstverständnis der pädagogischen Disziplin zu hinterfragen und verdeckte Vereinheitlichungen aufzuzeigen. Sie sperrt sich jedoch gegen normative Aussagen und vor allem gegen Legitimierungen von Denkkonzepten. Ihre Relevanz für die Pädagogik wird dennoch herausgestellt.

2. Ferner ermöglicht ein diskursperspektivischer Zugang, auf all die Dunkelzonen einzugehen, die bisher in der Schulpädagogik unbeleuchtet bzw. nur schwach belichtet wurden. Solche Dunkelzonen wären beispielsweise die Prozesse der Macht, die konstitutiv sind für jede pädagogische Beziehung, die unzähligen Deutungskämpfe, die in der Schule ausgefochten werden und entlang strategischer Verfahren verlaufen.

Unbeleuchtet sind auch Erklärungen, warum manche Handlungen machtvoller sind als andere, warum manche auf Antwort bzw. Annahme stoßen, während andere in ihrer Wirkung ausgehebelt werden. Mit anderen Worten: warum diskursperspektivisch gesehen pädagogische Kommunikationsprozesse „misslingen", andere hingegen „gelingen".

Zudem ermöglicht die Diskursperspektive im Konkreten die Machtbeziehungen der in der Schule wirkenden unterschiedlichen Versionen von Männlichkeit und Weiblichkeit zu verstehen und diese in Beziehung zu setzen mit den in der Schule herrschenden Machttypen, wie die Disziplinierungs-, Normalisierungs-, und Regierungsmacht.

Ziel ist es damit ein vertieftes Verständnis für die Rolle der Schule bezüglich der Vergeschlechtlichung und für die Erfahrungen der Mädchen und Jungen in der Schule vor dem Hintergrund der herrschenden Formen von Männlichkeit und Weiblichkeit zu schaffen. Folgende Annahmen der Foucaultschen Diskurstheorie scheinen bedeutsam für eine machtkritische Betrachtung der Schule:

Der Geschlechterdiskurs strukturiert entlang machtvoller Praktiken die Geschlechterverhältnisse in der Schule. Die Machtwirkungen von Geschlechterdiskursen bzw. das Macht- Wissen-Verhältnis stellt das Bedingungsfeld dar, in dem Schüler in der Schule als Mädchen und Jungen angesprochen und geschlechtlich subjektiviert werden.

Schule, gefasst unter dem Begriff des Dispositivs1, ermöglicht eine konkrete analytische Herangehensweise. Dispositiv dient im Foucaultschen Sinne als „verdichtender Sammelbegriff" diskursiver und nicht diskursiver Praktiken der Diskursproduktion und als Grundlage der Machteffekte von Diskursen.

Hinweise auf Diskurse, Subjekte, Kämpfe und Strategien ermöglichen eine alternative Perspektive zum Struktur-Handlungs-Gegensatz. Im Kontext Schule stehen die semantischen Verhandlungs- und Zuschreibungsprozesse des geschlechtlichen Subjekts im Mittelpunkt.

3. Durch die repräsentationskritische Haltung der Diskurstheorie erweist sie sich als ein reflexives Denkinstrumentarium für hilfreich, die Bedeutungen von Geschlecht, vielmehr die semantischen Zuschreibungsprozesse in einem regelgeleiteten, machtvollen Wissensfeld kritisch zum Thema zu machen, indem die Produktions- und Wirkungsebene offengelegt wird.