Perry Rhodan-Paket 24: Die Endlose Armada (Teil 2) - Perry Rhodan-Heftromane 1150 bis 1199

von: Perry Rhodan Redaktion

Perry Rhodan digital, 2012

ISBN: 9783845329635 , 3000 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 59,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Perry Rhodan-Paket 24: Die Endlose Armada (Teil 2) - Perry Rhodan-Heftromane 1150 bis 1199


 

1.


 

»Er klopft«, sagte Gucky.

Perry Rhodan warf einen misstrauischen Blick auf den quaderförmigen Behälter, der etwa die Größe einer altmodischen Zigarrenschachtel besaß und auf einem Sims an der Wand ruhte.

»Er wird uns wieder einen neuen Kurs angeben wollen«, meinte er missmutig. »So wie schon dutzendmal während der letzten paar Tage. Einen neuen Kurs für die Jagd nach einem Hirngespinst.«

»Wir brauchen uns nicht nach seinen Angaben zu richten«, sagte Alaska Saedelaere. »Aber anhören sollten wir ihn uns wenigstens.«

Perry musterte sorgenvoll das blasse Gesicht des Freundes. Körperlicher Schmerz spiegelte sich in Alaskas Zügen. Er war nicht mehr derselbe, seit das Cappinfragment verschwunden war und er die Maske abgelegt hatte.

»Also gut, lass ihn raus«, sagte er zu Gucky.

In den vergangenen Tagen hatten sie eine neue Methode entwickelt. In dem kleinen Behälter befand sich ein winziges, annähernd humanoides Geschöpf, dessen Wissen zu neunzig Prozent aus der Erinnerung an eine bestimmte Episode aus der Geschichte der Endlosen Armada bestand. Sobald der Deckel des Behälters geöffnet wurde, gab das Geschöpf, ein Womme, dieses Wissen auf telepathische Art von sich. Derjenige, der das Behältnis in der Hand hielt, wenn der Deckel aufklappte, versank in hypnotischer Starre und war für seine Umwelt nicht mehr ansprechbar, solange der Bericht des Wommes währte. Andere, die sich in der Nähe befanden, vernahmen die Stimme des Wommes ebenfalls; aber die hypnotische Wirkung blieb ihnen erspart. Daher war Gucky zum »Kästchenbewahrer« ernannt worden. Er hielt sich stets in der Nähe des kleinen Behälters auf. Inzwischen hatte der Womme erkannt, dass seine Funktion als Vermittler der Armadageschichte an Bord der BASIS nicht sehr gefragt war. Er war einer von zahllosen Milliarden, die sich an Bord der Schwarzen Pyramide befunden hatten, als diese auf dem Planeten Spinnwebe landete. Aus dem Wissen aller Wommes ließ sich die Geschichte der Endlosen Armada rekonstruieren; daher wurde die Schwarze Pyramide »die Armadachronik« genannt. Sein eigener kleiner Beitrag, aus dem Zusammenhang gerissen, bedeutete nichts. Lediglich ein Detail seiner Erinnerung, das hatte er inzwischen erkannt, interessierte die Terraner. Das war die Sache mit dem Armadapropheten. Und darüber hatte er in den vergangenen Tagen immer öfter zu sprechen begonnen.

Gucky öffnete die Klappe auf telekinetischem Weg. Wie ein Stehaufmännchen schoss der Womme in aufrecht sitzende Position. Er war nicht größer als ein Daumen. Seine Haut war von bläulicher Farbe. Sein Gesicht war glatt und augenlos, mit einer Sprechöffnung und einem Hörtrichter versehen. Der Leib wirkte aufgebläht, wie ein mit Kieselsteinen gefülltes Säckchen. In seiner Gesamtheit wirkte das winzige Wesen wie eine miniaturisierte Buddha-Statue. Der Womme hatte keine Beine, aber man wusste, dass er sich mit Hilfe der Muskeln seines fülligen Unterleibs recht gut bewegen konnte.

»Ich bin ein Womme, ein Bewahrer des Wissens«, begann die Mentalstimme. »Höre von mir das seltsame Schicksal des Volkes Zengu in der Galaxis Mrando, bei dem wir Augenzeuge waren ...« Er bewegte bei diesen Worten die Sprechöffnung; aber keines seines Worte wurde akustisch hörbar. Die Gedanken materialisierten in den Bewusstseinen der Zuhörer.

Seit der Rückkehr von der Blütenwelt Carmen hatte er seinen Bericht geändert. Er behandelte das Schicksal der Zengu nur noch in Umrissen und kam möglichst schnell auf jenes Thema zu sprechen, von dem er wusste, dass es die Terraner interessierte.

»So geschah es also, dass der Armadaprophet sich meldete und verkündete: Wahrlich, der Beginn einer neuen Epoche ist nahe. Lasst uns auf die Suche nach denen machen, die während der Periode des Umschwungs die Armada leiten können, und unter ihnen denjenigen herausfinden, der für dieses Amt am geeignetsten ist.«

An dieser Stelle machte er gewöhnlich – so auch jetzt – eine Pause und fuhr dann mit weniger zeremoniellen Worten fort: »Wir alle sind auf der Suche nach dem Armadapropheten. Es ist an der Zeit, dass er den Beginn einer neuen Epoche verkündet. Ich weiß die Koordinaten des Ortes, an dem er zu finden ist ...«

»Hast du sie nicht schon ein dutzendmal gewusst«, rief Perry Rhodan, »und sind wir nicht immer wieder in die Irre gefahren?«

Es war nicht klar, ob der Womme den Zwischenruf hörte oder verstand. Unbeirrt begann er von neuem und rasselte eine Kette von Daten herunter, die völlig nutzlos gewesen wären, wenn nicht Alaska Saedelaere ein für solche Dinge besonders entwickeltes Gedächtnis besessen hätte, das die Angaben mit photographischer Genauigkeit aufzeichnete.

Der Womme, nachdem er sich dieserart seiner Aufgabe entledigt hatte, glitt in die liegende Stellung zurück. Gucky schloss den Deckel des Behälters.

 

*

 

Die dreidimensionale Simulation zeigte die Sternkonstellationen der fremden Galaxis in der Umgebung der BASIS. Fern am rechten Rand des Bildes blinkte ein roter Leuchtpunkt. Er markierte den Standort der Stützpunktwelt BASIS-ONE, die Perry Rhodan mit den Bordmitteln des Flaggschiffs zum Werft- und Versorgungsplaneten hatte ausbauen lassen. BASIS-ONE war gleichzeitig der Sammelpunkt für die Galaktische Flotte, die im Zusammenhang mit den Ereignissen im Vier-Sonnen-Reich der Sooldocks die Nachwirkungen des Konfetti-Effekts überwunden und sich wiedervereint hatte.

Alaska Saedelaere hatte die Koordinaten, die von dem Womme genannt worden waren, dem Computer zugänglich gemacht. Sie bezeichneten nicht einen Punkt im Raum, sondern ein kugelförmig abgegrenztes Gebiet von mehreren Lichttagen Durchmesser.

Eine helle, grüne Linie stahl sich von dem Leuchtpunkt, der den gegenwärtigen Standort der BASIS markierte, durch das Gewimmel der Sterne. Ihre Vorwärtsbewegung hörte auf, als sie eine Länge von vierzig Zentimetern erreicht hatte. An der Spitze des grünen Strahls begann eine Lichtmarke zu blinken. Es fiel auf, dass der Raum in der Umgebung der Marke verhältnismäßig arm an Sternen war.

»Entfernung drei-fünf-sechs Lichtjahre«, sagte die Stimme des Computers.

»Mitten im Nichts«, kommentierte Alaska.

Der akustische Servo nahm die Bemerkung auf und veranlasste den Computer zu der Äußerung: »Fünf Sterne im Abstand dreißig bis vierzig Lichtjahre.«

»Die Richtung gefällt mir nicht«, sagte Perry Rhodan. »Sie führt von BASIS-ONE fort.« Über seinem Kopf schwebte die Armadaflamme, die er seit zwei Wochen ständig trug.

»Hört sich so an, als hätte sich der Womme diesmal umsonst bemüht«, bemerkte Waylon Javier spöttisch.

Perry zuckte mit den Schultern. »Lasst mich eure Vorschläge hören«, bat er. »Bisher haben wir ein Dutzend Fehlschläge erlitten. Wir wissen nicht, wie der Womme in den Besitz immer neuer Koordinaten gerät. Wenn er Verbindung mit einer fremden Wesenheit unterhält, die ihm alle paar Stunden neue Informationen zukommen lässt, so sollte man meinen, sie müsste telepathischer Natur sein. Es können aber weder Gucky noch Fellmer Lloyd irgendwelche Aktivität dieser Art feststellen. Der Womme wird nur aktiv, wenn er ›klopft‹, wie Gucky sich ausdrückt, und meint, er hätte uns wieder etwas mitzuteilen.«

»Das schließt die Möglichkeit nicht aus, dass die Verständigung sich auf irgendeine andere, für uns nicht fassbare Weise vollzieht«, hielt Alaska Saedelaere ihm entgegen. »Es gibt soviel Unbekanntes, Unerklärtes im Zusammenhang mit der Armadachronik, dass es mich nicht wunderte, wenn hier fremde Kräfte im Spiel wären.«

Perry bedachte den Freund mit nachdenklichem Blick. Seit dem Verschwinden des Cappinfragments litt Alaska an einer undefinierbaren Krankheit, die in Angst- und Schwächezuständen ihren Ausdruck fand. Es gab in der Geschichte der Menschheit viele Beispiele, dass körperliche Pein und seelische Not brachliegende Partien des menschlichen Bewusstseins aktiviert hatten, dass die Leidenden besondere Gaben entwickelten, zu Sehern wurden.

»Du bist dafür, dass wir auch dieser Spur folgen?«, fragte er.

»Irgendein Sinn muss sich hinter dem Verhalten des Wommes verbergen«, erklärte Alaska. »Ja, ich bin dafür, dass wir uns den Ort dort ansehen.« Dabei wies er auf die blinkende Lichtmarke.

Perry blickte in die Runde.

»Sonst noch Meinungen?«

»Irgendwann muss Schluss sein«, sagte Waylon Javier. »Wir können nicht bis in alle Ewigkeit hinter sinnlosen Koordinaten herlaufen. Wenn wir Alaskas Vorschlag folgen, dann bin ich dafür, dass wir uns auf eine Zahl einigen. Auf die Zahl von Versuchen, die wir noch unternehmen wollen, bevor wir endgültig aufgeben.«

Perry nickte. »Das halte ich für eine brauchbare Idee ...«, begann er.

Der Interkom ziepte. Guckys aufgeregte Stimme war zu hören.

»Der Womme klopft«, rief der Ilt. »Ich öffne das Kästchen.«

Eine Sekunde verging, dann hörten sie die fremde Mentalstimme. Sie sprach eindringlich und mit ganz anderen Worten, als man bisher von ihr gewohnt war: »Ich bitte euch, vertraut mir. Ich weiß, ich habe euch oft in die Irre geleitet. Ich habe gewiss nicht die Absicht, euch zu täuschen. Ich sage euch die Daten, die in meinem Bewusstsein materialisieren. Bisher waren sie falsch. Aber diesmal weiß ich, dass sie nicht trügen. Habt noch dieses eine Mal Vertrauen zu mir, und ich bringe euch zum Propheten der Armada.«

Die Stimme schwieg. Kurze Zeit später meldete Gucky: »Er hat sich wieder hingelegt. Das Kästchen ist geschlossen.«

Perrys Blick machte die Runde.

»Das genügt mir«, sagte er ernst. »Dieser eine Versuch wird noch...