Star Wars. Wächter der Macht 2. Blutlinien

von: Karen Traviss

Blanvalet, 2012

ISBN: 9783641077884 , 496 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 8,99 EUR

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Star Wars. Wächter der Macht 2. Blutlinien


 

1. KAPITEL


Wie lange müssen wir von einer Krise in die nächste stürzen? Uns steht der dritte galaktische Krieg in weniger als vierzig Jahren bevor – ein echter Bürgerkrieg. Bisher ist es bloß ein Scharmützel, aber wenn Omas die Bereinigung der Unstimmigkeiten nicht wesentlich entschlossener angeht, wird das Ganze außer Kontrolle geraten. Wir brauchen eine Phase der Stabilität, und ich fürchte, wir werden ein paar Köpfe hart gegeneinanderschlagen müssen, um sie zu bekommen.

Admiralin Cha Niathal, bei einem Privatgespräch mit Senatsvertretern der Mon Calamari

EMPFANGSGEMÄCHER DES STAATSCHEFS, SENATSGEBÄUDE, CORUSCANT, SECHZEHN TAGE NACH DEM ÜBERFALL AUF DIE CENTERPOINT-STATION


Das Schlimmste daran, dreizehn Jahre alt zu sein, war, dass im einen Moment von einem erwartet wurde, sich wie ein Erwachsener zu verhalten, und einen im nächsten Moment jeder wieder wie in Kind behandelte.

Ben Skywalker – dreizehn und darüber grübelnd, was diesmal von ihm erwartet wurde – saß, um Geduld bemüht, im Empfangsbereich des Büros von Staatschef Cal Omas im Senatsgebäude und folgte damit dem Beispiel seines Cousins Jacen Solo. Es war die Art Büro, das einem von seiner Gestaltung her das Gefühl gab, man würde keine Rolle spielen: Ein ganzes Apartment hätte zwischen den Außentüren und der Wand von Omas’ Privatbüro Platz gefunden. Fast erwartete Ben, verknäuelte Bälle Misuragesträuch über den makellosen blassblauen Teppich rollen zu sehen, vor sich her getrieben von einer kühlen Bö. Er verstand nicht, wozu dieser ganze leere Platz gut sein sollte.

Gleichwohl, Jacen sagte, dass das Senatsgebäude von den Yuuzhan Vong besetzt und bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Architekten, Designer und eine Armee von Konstruktionsdroiden hatten anschließend Jahre gebraucht, alle Spuren der Fremdwelter-Invasion zu beseitigen und das Gebäude so wieder herzurichten, wie es früher gewesen war. Ben bemühte sich, in der Macht nach Echos der Fremdwelter und ihrer sonderbaren lebenden Technologie zu horchen, und glaubte, irgendwelche unidentifizierbaren Laute zu vernehmen. Er erschauerte und versuchte, sich mit den Holozinen zu beschäftigen, die auf dem niedrigen Greelholztisch aufgestapelt waren.

Es handelte sich dabei um ziemlich eintönige und nicht mehr ganz aktuelle Ausgaben wöchentlicher Nachrichtenmagazine oder politischer Analysen, aber eins davon zierte ein Bild von Jacen. Ben hob es auf, aktivierte es und lächelte beim Anblick des nächsten Bildes: Es zeigte die rotierende Centerpoint-Station, die nun nicht mehr ganz so gut aussah, seit er dabei geholfen hatte, sie zu sabotieren.

Es ist gut, sich als Teil von etwas Wichtigem zu fühlen.

Der Holobericht enthielt Ausschnitte aus corellianischen Nachrichtenreportagen über den Angriff auf Centerpoint, doch Ben wurde nicht erwähnt, und er war sich nicht sicher, ob ihn das ärgerte oder nicht. Ein bisschen Anerkennung wäre schön gewesen, doch die corellianischen Quellen, die zitiert wurden, gingen ziemlich grob mit Jacen ins Gericht, nannten ihn einen Verräter und einen Terroristen. Die Stimme des Reporters schien den Raum zu füllen, obwohl die Lautstärke auf das Minimum eingestellt war und der Bodenbelag und die Wandteppiche das Geräusch dämpften.

Auch Onkel Han kam in der Reportage nicht sonderlich gut weg. Ein Mann in mittleren Jahren, den Ben nicht kannte, legte dem Reporter seine Meinung dar: »Und so was nennt sich Corellianer. Dieser Blutstreifen an seinen Uniformhosen hat nichts mehr zu bedeuten – genauso gut könnte es ein dickes gelbes Kreuz auf seinem Rücken sein! Han Solo ist nichts weiter als eine Marionette der Galaktischen Allianz. Er hat Corellia verraten, indem er auf seinem Hintern sitzt und tut, was immer seine Allianzkumpel von ihm verlangen. Und sein Sohn ist ganz genauso.«

Jacen wirkte betreten. Vielleicht ärgerte er sich darüber, wie mit seinem Vater umgesprungen wurde. Ben hätte es getan.

»Du solltest Ohrhörer benutzen, wenn du dir das anhören willst«, sagte Jacen.

»Aber du bist berühmt.« Ben bot ihm das Holozin an. »Willst du mal sehen?«

Jacen hob eine Augenbraue und schien sich mehr Gedanken über sein Treffen mit Staatschef Omas zu machen. »Großartig, aber es wäre mir angenehmer, wenn mich Thrackan Sal-Solo nicht dazu benutzen würde, meinen Vater vor ganz Corellia zu demütigen. Du weißt, dass er den Medien diese ganzen Informationen gegeben hat, oder nicht?«

»Ja, natürlich weiß ich das. Aber wenn wir uns nicht dafür schämen, spielt es dann eine Rolle? Wir haben das Richtige für die Galaktische Allianz getan. Die Centerpoint-Station war eine Bedrohung für alle.«

Jacen drehte ihm sehr langsam das Gesicht zu, mit diesem halben Lächeln, von dem Ben inzwischen wusste, was es bedeutete: Er war beeindruckt. »Aber viele Planeten stellen sich momentan auf die Seite von Corellia. Also, was glaubst du, richten diese Geschichten irgendwelchen Schaden an oder nicht?«

Ben war klar, dass er auf die Probe gestellt wurde, und er wusste, dass er das sagen musste, wovon er überzeugt war. Es gab keinen Grund, übermäßig clever sein zu wollen. Er wollte so sehr von Jacen lernen, dass er beinahe platzte. »Einige Welten werden ohnehin immer gegen die Allianz sein. Also können wir die Bürger, die auf unserer Seite stehen, ebenso gut wissen lassen, dass wir etwas unternehmen. Dann fühlen sie sich sicherer.«

Jacen nickte zustimmend, und Ben fühlte irgendwo in seinem Verstand eine kleine Berührung der Macht, als würde Jacen ihm den Kopf tätscheln. »Das ist sehr scharfsinnig. Ich denke, du hast recht.«

»Jedenfalls wissen sie, dass du dein Bestes tust, um einen Krieg zu verhindern.« Ben legte das Holozin auf den Tisch zurück und warf einen flüchtigen Blick auf die übrigen Titel. »Da scheinen mehr Bilder von dir drauf zu sein als von irgendwem sonst.«

Jacens Lächeln verblasste, und er schaute hinüber zu den Türen von Omas’ Büro. Er sah aus, als wollte er das Oberhaupt der Galaktischen Allianz per Willenskraft dazu zwingen, sein Treffen zum Abschluss zu bringen und herauszukommen. Ben begriff auf einmal, was Jacens Aufmerksamkeit erregte: Da war ein deutliches Gefühl von Zwiespalt, von sich streitenden Leuten, und wenn man wusste, wo in der Macht man danach lauschen musste, vernahm man es beinahe so deutlich, als würde man es mit den Ohren hören. Ben wusste es. Jacen war ein guter Lehrer.

Ben konzentrierte sich auf Jacens Gesicht. In letzter Zeit sah er viel älter aus, manchmal fast so alt aus wie Dad. »Was geht da vor?«

»Schwergewichtspolitik«, sagte Jacen kaum hörbar.

Er berührte mit den Fingern kaum merklich seine Lippen, eine sehr diskrete Geste, die nicht jeder erkennen konnte – wobei jeder in diesem Fall allein die Referentin am Tisch draußen vor Omas’ großen Doppeltüren war –, aber Ben verstand den Wink. Sei still.

Staatschef Omas war für Ben kein Fremder; der Mann kannte seinen Vater, und man hatte Ben zu einer Staatsfeier mitgenommen, wo er Omas getroffen hatte. Doch so ziemlich alles, woran sich Ben in diesem Zusammenhang erinnerte, war, dass er sich inmitten eines Meeres großer Leute, die sich über Dinge unterhielten, die er nicht verstand, sehr klein gefühlt hatte. Doch Ben wollte als Jacens Schüler angesehen werden, nicht als Sohn von Luke Skywalker, dem Thronerben der Dynastie, wie einer der Gäste ihn genannt hatte. Es war hart, der Sohn von zwei Jedi-Meistern zu sein, die jeder als Legenden betrachtete. Ben hatte aufgehört, die Male zu zählen, an denen er sich wie unsichtbar gefühlt hatte.

»Staatschef Omas wird Sie in Kürze empfangen, Jedi Solo«, sagte die Referentin und wies mit einem leichten Kopfnicken in Richtung der geschlossenen Türen von Omas’ Büro. »Im Augenblick spricht er mit Admiralin Niathal.«

Ich bin wieder unsichtbar, dachte Ben.

Er nahm sich zusammen und saß da, mit im Schoß gefalteten Händen, ein Spiegelbild von Jacens Körperhaltung. Er versuchte, die Anzahl der verschiedenen Tierrassen zu zählen, die auf dem großen Wandteppich abgebildet waren, der einen Teil der Wand gegenüber bedeckte. Bei dem, was er im ersten Moment lediglich für eine willkürliche Ansammlung von Farben gehalten hatte, handelte es sich in Wahrheit um Tausende sich überlappender Bilder jedes Tieres quer durch die Galaxis, das er sich nur vorstellen konnte – quer durch die ganze Galaktische Allianz zumindest.

Schließlich teilten sich die Türen, und Niathal kam mit großen Schritten herausmarschiert. Sie strahlte Verärgerung aus. Staatschef Omas erschien im Türrahmen hinter ihr und zwang sich zu einem Lächeln. »Ah, Jacen. Es tut mir leid, dass Sie warten mussten. Würden Sie bitte reinkommen. Und Ben. Ich bin froh, dass du es ebenfalls einrichten konntest.«

Niathal schaute Jacen an, als würde sie ihn nicht erkennen. Er begrüßte sie mit einer angedeuteten Verbeugung. »Admiral. Was für eine Freude, Sie zu sehen.«

Niathal drehte sich ein bisschen mehr zur Seite, das Äquivalent eines sehr freimütigen Blicks bei einer Mon Calamari, einer Spezies mit seitlich sitzenden Augen, mit denen sie die beiden nun eingehend musterte. »Sie haben auf der Centerpoint-Station sehr gute Arbeit geleistet, Sir. Und du auch, junger Mann.«

Mein Name ist Ben. Doch er hatte inzwischen ein wenig...