Das Buch der Snobs

Das Buch der Snobs

von: William Makepeace Thackeray

Manesse, 2011

ISBN: 9783641066468 , 464 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 14,99 EUR

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Das Buch der Snobs


 

KAPITEL 8 Große City-Snobs (S. 35-36)

Es lässt sich nicht verhehlen, dass diese Artikelserie in allen Schichten dieses Reiches für gewaltiges Aufsehen sorgt. In den Briefkasten von «Mr Punch» ergießt sich ein Strom von Zuschriften – bewundernden (!), fragenden (?), vorwurfsvollen, billigenden oder auch schmähenden. Wir wurden geziehen, die Geheimnisse dreier verschiedener Familien De Mogyns verraten zu haben; nicht weniger als vier Damen namens Susan Scraper wurden bloßgestellt; und junge Gentlemen scheuen inzwischen davor zurück, im Club ein Glas Port zu bestellen und über der «Quarterly Review» einfältig zu lächeln, auf dass man sie nicht irrtümlich für Sydney Scraper, Esq., halte. «Was haben Sie denn bloß gegen die Baker Street?», fragt ein wohlerzogener Tadler, der offensichtlich aus dieser Gegend schreibt. – «Warum nur die aristokratischen Snobs attackieren?», sagt ein trefflicher Korrespondent; «sollen denn nicht auch die bloß versnobten Snobs an die Reihe kommen?» – «Machen Sie sich über die Universitätssnobs her!», schreibt ein entrüsteter Gentleman (der «elegant» mit zwei «l» schreibt). –

«Führen Sie die Snobs aus dem Klerus vor», rät ein anderer. – «Als ich vor einiger Zeit im ‹Hotel Meurice› zu Paris weilte», gibt ein Spaßvogel zu verstehen, «sah ich Lord B., wie er sich mit den Stiefeln in der Hand aus dem Fenster lehnte und röhrte: ‹Garçon, cirez-moi ces bottes.›80 Sollte er nicht auch zu den Snobs gezählt werden?» Nein; keineswegs. Wenn die Stiefel seiner Lordschaft schmutzig sind, dann, weil er Lord B. ist und zu Fuß geht. Nichts ist versnobt daran, nur ein Paar Stiefel zu haben oder ein Lieblingspaar, und sicher auch nichts am Wunsch, sie reinigen zu lassen.

Als Lord B. sich so verhielt, war dies für ihn eine vollkommen natürliche und einem Gentleman gemäße Handlung; deshalb bin ich so erfreut über ihn, dass ich ihn in einer vorteilhaften, eleganten Haltung zeichnen und auf den Ehrenplatz zu Beginn dieses Kapitels habe setzen lassen. Wie Phidias81 einige Dutzend Schönheiten prüfte, ehe er eine Venus vollendete, so haben wir vielleicht tausend Snobs zu untersuchen, bevor einer davon sich auf Papier dargestellt findet.

Als Nächste in der Hierarchie sollten nun die großen City-Snobs betrachtet werden. Aber da gibt es ein Problem. Der große City-Snob ist gewöhnlich kaum zugänglich. Wer kein Kapitalist ist, wird ihn nicht im diskreten Empfangszimmer seiner Bank in der Lombard Street aufsuchen können. Wer kein Adelsspross ist, darf kaum die Hoffnung hegen, von ihm daheim empfangen zu werden. In einer großen City-Snob-Firma existiert meist ein Partner, dessen Name für wohltätige Veranstaltungen steht und der sich häufig in der Exeter Hall82 aufhält; einem anderen (einem wissenschaftlichen City-Snob) mag man flüchtig bei den soirées von Lord N.83 begegnen oder bei Vorträgen in der London Institution84;
von einem dritten (einem City-Snob mit Geschmack) erhascht man einen Anblick bei Gemäldeauktionen, privaten Führungen durch eine Ausstellung, in der Oper oder in der Philharmonie. Aber engerer Umgang mit diesem gewichtigen, pompösen und Ehrfurcht einflößenden Wesen ist in den meisten Fällen unmöglich.