Marktanalyse der Tonträgerindustrie - Motive und Auswirkungen von Musikpiraterie, Strategien der Pirateriebekämpfung

von: Daniela Bräunig

Examicus Verlag, 2012

ISBN: 9783656980476 , 84 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 36,99 EUR

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Marktanalyse der Tonträgerindustrie - Motive und Auswirkungen von Musikpiraterie, Strategien der Pirateriebekämpfung


 

2 Die Tonträgerindustrie


 

In diesem Kapitel erfolgt eine genaue Charakterisierung der zentralen Akteure der Tonträgerindustrie. In diesem Zusammenhang wird zunächst auf die Bedeutung des Tonträgers für die Musikbranche eingegangen. Danach erfolgt eine Betrachtung der Strukturen und Formen des traditionellen Tonträgerhandels. Anschließend wird der nationale und internationale Tonträgermarkt anhand ausgesuchter Statistiken genauer untersucht.

 

Die Musikwirtschaft ist ein integraler Bestandteil unserer Musikkultur. Das Ziel der Wirtschaftstätigkeit hat ganz entscheidenden Einfluss auf Qualität, Reichtum, Originalität und Verbreitung unserer Musikkultur. In der Musik ist der kreative und wirtschaftliche Einsatz der Komponisten, Textdichter, ausübenden Künstler (Interpreten) und Tonträgerhersteller enthalten.

 

Auf einem Tonträger wird die persönlich erbrachte Leistung der Künstler aufgezeichnet, um die Musik in möglichst hoher Qualität aufzubewahren und wiederzugeben.

 

Das Speichermedium erzeugt die Marktfähigkeit dieser Leistung als Massenprodukt.

 

Tonträgerformen sind z.B. die Compact Disc (CD), die Langspielplatte (LP) und das Tonband (Magnettonband, Music Cassette).[2]

 

2.1 Akteure der Musikwirtschaft


 

Die Musikwirtschaft umfasst alle Wirtschaftszweige, die sich industriell der organisierten Herstellung musikbezogener Trägermedien, dem Vertrieb oder der Verwertung von Tonträgern widmen.[3] Zum Verständnis der Besonderheiten der Musikwirtschaft werden nachfolgend die wichtigsten Marktteilnehmer mit ihren Funktionen und Aufgaben erklärt. Betrachtet werden dabei sowohl Künstler, Plattenfirmen, Musikverlage, Tonträgerhersteller  sowie auch die Verwertungsgesellschaften.

 

2.1.1 Künstler


 

Die Künstler stehen am Anfang der Wertschöpfungskette der Musikindustrie. Künstler im Sinne der Musikwirtschaft sind Komponisten, Textdichter und Interpreten.

 

Die Bezeichnungen „Komponist“ und „Texter“ werden auch unter dem Begriff „Autor“ zusammengefasst. Der Autor ist der geistige Urheber, der die wirtschaftliche Verwertung durch das „Erfinden“ neuer Musik oder Texte erst möglich macht. Die Musik als ihr geistiges Eigentum wird durch das Urheberrecht geschützt.

 

Ein Musiker, der lediglich fremde Kompositionen vorträgt oder aufführt, ist der ausübende Künstler (Interpret). Auch wenn häufig Autor und Interpret in einer Person vereint sind, werden diese im Folgenden strikt getrennt betrachtet. Im Gegensatz zu den Autoren stehen den Interpreten keine direkten Urheberrechte, sondern lediglich die „verwandten Schutzrechte“ zu.[4]

 

2.1.2 Plattenfirma (Label)


 

Neue Künstler zu entdecken, unter Vertrag zu nehmen und aufzubauen sind die Kernkompetenzen einer Plattenfirma. Sie verfolgen das Ziel, Tonträger herzustellen, zu vertreiben, zu promoten und zu verkaufen.

 

Neben der Entwicklung von Marketing-Konzepten samt Promotion- und Pressematerial sowie Merchandising-Artikeln (Poster, Aufkleber und T-Shirts) ist eine Plattenfirma auch für die Produktionsabwicklungen in wirtschaftlicher (Budgets), künstlerischer (Repertoire, Produzent) und technischer (Aufnahmen, Pressung, Graphik) Hinsicht verantwortlich.[5]

 

Weltweit dominieren fünf international operierende Großkonzerne den Markt, die so genannten Majors:

 

Universal Music konnte mit einem weltweiten Marktanteil von 23,5 % seine führende Position weiter ausbauen. Im Jahr 2000 fusionierten Seagram, Vivendi und Canal+ zum weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal.

 

Sony Music verbesserte ihren Marktanteil auf 14,7 % im Jahr 2001.

 

Muttergesellschaft ist Sony in Japan.

 

EMI/Virgin hatte 2001 einen Weltmarktanteil von 13 % und ist der Muttergesellschaft Thorn in Großbritannien zuzuordnen.

 

Warner-Music erreichte einen Weltmarktanteil von 11,8 %.

 

Muttergesellschaft ist Time/Warner in den USA.

 

BMG (Bertelsmann-Music-Group) mit deutscher Muttergesellschaft (Bertelsmann) fiel 2001 auf einen Weltmarktanteil von 8,2 % zurück.[6]

 

2.1.3 Tonträgerhersteller


 

Bei einem Tonträgerhersteller handelt es sich um diejenige natürliche oder juristische Person, die einen Tonträger aufgrund eines organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Aufwandes herstellt. Maßgeblich ist hierbei die Erstfixierung der Aufnahme, nicht die Vervielfältigung. Da Tonträger heute ohne besondere Schwierigkeiten nachgebildet und kopiert werden können, gewährt das Urheberrechtsgesetz den Herstellern von Tonträgern ein Leistungsschutzrecht. Dieser rechtliche Schutz räumt dem Hersteller das ausschließliche Recht ein, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten.[7]

 

2.1.4 Musikverlag


 

Aufgabe eines Verlegers ist es, das geistige Eigentum, die Musik bzw. den Song, kommerziell zu verwerten. Der Verlag verwaltet und verteidigt die Urheberrechte der Autoren. Durch geeignete Kontakte, Werbung und der Zurverfügungstellung von Notenmaterial und Tonaufzeichnungen fördert der Musikverlag den Absatz des Werkes.

 

Ein deutscher Verlag meldet das Werk bei den Verwertungsgesellschaften an, um über die Tätigkeiten der vermittelnden Verwertungsgesellschaften entsprechende Einnahmen erzielen zu können.[8]

 

2.1.5 Verwertungsgesellschaften


 

Das Urheberrecht definiert und schützt die Rechte der Komponisten, Texter und ausübenden Künstler.

 

Eine Verwertungsgesellschaft ist eine Einrichtung, die Nutzungsrechte, Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche, die im Urheberrechtsgesetz normiert sind, treuhänderisch für eine große Anzahl von Urhebern oder Inhabern verwandter Schutzrechte zur gemeinsamen Auswertung wahrnimmt. Die Rechte und Pflichten dieser Gesellschaften sind im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG) festgelegt.[9]

 

Da die Verwertungsgesellschaften praktisch eine Monopolstellung haben, unterliegen sie der staatlichen Aufsicht durch das Deutsche Patentamt und dem Bundeskartellamt. 

 

Aus der Monopolstellung ergibt sich der doppelte Kontrahierungszwang (Wahrnehmungs- und Abschlusszwang), dem die Verwertungsgesellschaften unterliegen.

 

Der Wahrnehmungszwang verpflichtet die Verwertungsgesellschaft laut § 6 Abs. 1 UrhWG, die zu ihrem Tätigkeitsbereich gehörenden Rechte und Ansprüche auf Verlangen der Berechtigten zu angemessenen Bedingungen wahrzunehmen. In bestimmten Fällen können gewisse Ansprüche von Gesetzes wegen nur durch Verwertungsgesellschaften und nicht vom individuellen Urheber oder Berechtigten geltend gemacht werden, wie z.B. die Leermedienvergütung.[10]

 

Grundlage dieser gesetzlichen Regelung ist, dass es dem Berechtigten in den seltensten Fällen gelingen wird, aufgrund der zahlreichen und kaum nachprüfbaren Möglichkeiten der Werknutzung, eine für seine Leistung adäquate Entlohnung zu erhalten.[11]

 

Weiterhin unterliegt jede Verwertungsgesellschaft einem Abschusszwang, der sich aus dem § 11 UrhWG ergibt. Danach ist die Verwertungsgesellschaft grundsätzlich verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen oder Einwilligungen zu erteilen.

 

Durch den Kontrahierungszwang kann eine Verwertungsgesellschaft ihre Monopolstellung nicht ausnutzen, indem sie die Nutzung der von ihr wahrgenommenen Rechte verweigert oder dafür eine unangemessene Vergütung fordert.[12]

 

Die Verwertungsgesellschaften in Deutschland haben mit ausländischen Verwertungsgesellschaften Gegenseitigkeitsverträge abgeschlossen, wodurch eine weltweite Wahrnehmung der Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigter gewährleistet ist. Umgekehrt nehmen sie auch die Rechte ausländischer Urheber in Deutschland wahr.[13]

 

Die für die Musikwirtschaft relevanten Verwertungsgesellschaften werden im folgendem kurz vorgestellt.

 

2.1.5.1 Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte

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