Meine, deine, unsere Kinder - Sorge, Umgang, Unterhalt

von: Maria Demirci

Verlag C.H.Beck, 2015

ISBN: 9783406676932 , 210 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 15,99 EUR

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Meine, deine, unsere Kinder - Sorge, Umgang, Unterhalt


 

472. Kapitel

Elterliche Sorge


I. Umfang des Sorgerechts – Rechte und Pflichten der Eltern


Die elterliche Sorge meint die Gesamtheit der Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern. Die elterliche Sorge wird in den §§ 1626 ff. BGB geregelt und ist Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten und geschützten Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Nach § 1626 BGB haben Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen. Die elterliche Sorge beginnt mit der Geburt des Kindes und endet mit dessen Volljährigkeit oder Tod. Die elterliche Sorge endet auch, wenn das minderjährige Kind adoptiert wird, einem Elternteil das Sorgerecht entzogen bzw. auf den anderen Elternteil übertragen wird. Die elterliche Sorge umfasst dabei die Sorge für die Person des Kindes, sog. Personensorge und das Vermögen des Kindes, sog. Vermögenssorge.

1. Begriff der Personensorge


Die Personensorge umfasst die tatsächliche Betreuung des Kindes, insbesondere die Pflege, Beaufsichtigung und Erziehung des Kindes sowie das Recht, seinen Aufenthalt zu bestimmen, (§ 1631 BGB). Von der Personensorge umfasst sind daher auch die Wahl, auf welche Schule das Kind geht und welche Ausbildung das Kind absolvieren und welchen Beruf es ergreifen soll, weiter die ärztliche Betreuung und Bestimmung der Freizeit des Kindes sowie dessen religiöse Erziehung.

48Achtung!

Mit Erreichen des 12. Lebensjahres kann das Kind nicht mehr gegen seinen Willen in einem anderen Glauben als bisher erzogen werden. Mit Erreichen des 14. Lebensjahres darf das Kind selbst entscheiden, an welches religiöse Bekenntnis es festhalten will oder nicht.

Die Eltern können grundsätzlich frei bestimmen, wie sie ihr Kind erziehen wollen. Allerdings ist bei der Erziehung des Kindes streng das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung zu beachten. Körperliche Bestrafungen, seelische Misshandlungen und andere entwürdigende Maßnahmen verbietet der Gesetzgeber.

Körperliche Bestrafung:

Als körperliche Bestrafung gelten Schläge mit und ohne Schlaggegenstände, Prügel, Zupacken sowie die leichte Ohrfeige und der leichte Klaps auf das Hinterteil bzw. auf Hände und Unterarme.

Achtung!

Verstöße gegen die gewaltfreie Erziehung können strafrechtliche Konsequenzen für die Eltern haben und u.U. den Entzug des Sorgerechts nach sich ziehen!

Bezogen auf die Schul- und Ausbildung ist bei der Erziehung auf die Neigung und auf die Fähigkeit des Kindes Rücksicht zu nehmen. Unter Ausbildung ist nicht nur die reine Schul- oder Berufsausbildung zu verstehen, sondern auch die Förderung sonstiger Fähigkeiten des Kindes durch, z.B. Sport-, Musik-, Sprachunterricht etc.

Durch die Beaufsichtigungspflicht soll nicht nur das Kind vor Gefahren und Schäden beschützt und bewahrt werden, sondern auch Dritte vor Schäden die durch das Kind verursacht werden. Jeder Elternteil muss seiner Beaufsichtigungspflicht nachkommen, auch wenn zwischen den Eltern diesbezüglich eine Aufgabenverteilung vorliegt. Der eine muss den anderen überwachen. Der Umfang der Aufsichtspflicht hängt vom Kind und dem bisherigen Erziehungserfolg ab. Zeigt das Kind, z.B. Neigungen unachtsam mit fremden Gegenständen umzugehen, darf es nicht über einen längeren Zeitraum unbeaufsichtigt gelassen werden.

49Nicht nur die Eltern treffen Pflichten. Kinder sind gegenüber ihren Eltern zum gegenseitigen Beistand und zur Rücksicht verpflichtet (§ 1618 BGB). Solange das Kind im elterlichen Haushalt wohnt und von den Eltern unterhalten und erzogen wird, ist es verpflichtet, im Haushalt oder Geschäft der Eltern auszuhelfen.

a) Aufenthaltsbestimmungsrecht

Dieser Teilbereich der Personensorge ist tangiert, wenn sich Eltern, die gemeinsam das Sorgerecht ausüben, nicht einigen können, bei wem das Kind leben soll, also wo sich der Lebensmittelpunkt des Kindes befindet. Können sich die Eltern nicht einigen, bei wem das Kind leben soll, muss das Familiengericht darüber entscheiden. Möchte ein Elternteil mit den Kindern in eine andere Stadt ziehen, so ist im Voraus die Einwilligung des anderen Elternteils einzuholen. Das Einverständnis sollte schriftlich erfolgen, um einen Nachweis in den Händen zu halten. So kann der „verbleibende“ Elternteil später sich nicht darauf berufen, dass er mit einem Umzug nicht einverstanden war.

Achtung!

Ein Umzug ohne ausdrückliche Zustimmung des anderen Elternteils, kann weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen. Zum einen kann der andere Elternteil bei der Polizei Strafanzeige bzw. Strafantrag wegen Kindesentführung bzw. Kindesentziehung stellen. Zum anderen kann die Situation dahingehend ausgenutzt werden, dass der andere Elternteil in der bisherigen Heimatstadt einen eigenen Sorgerechtsantrag bei Gericht stellt, um das Kind zurück zu holen.

b) Herausgabe des Kindes

Die Personensorge umfasst auch das Recht, die Herausgabe des Kindes vom jedem zu verlangen, der es dem oder den sorgeberechtigten Elternteilen widerrechtlich vorenthält (§ 1632 Abs. 2 BGB). Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn eine Person das Kind ohne rechtfertigenden Grund in seiner unmittelbaren oder mittelbaren Gewalt hat und die Wiedererlangung durch den Berechtigten verhindert.

50Widerrechtliches Vorenthalten:

Der nichtsorgeberechtigte Vater weigert sich nach einem Umgangswochenende das Kind zur Mutter zurück zu bringen. Er hat das Kind während des Umgangswochenendes dahingehend nachhaltig beeinflusst, so dass das Kind nicht zur Mutter zurück möchte.

Bei gemeinsamer elterlicher Sorge müssen beide Eltern den Herausgabeanspruch geltend machen. Das Herausgabeverlangen muss mit dem Kindeswohl vereinbar sein.

c) Beschneidung des männlichen Kindes

Das Landgericht Köln hatte im Jahr 2012 die fachkundige Beschneidung eines männlichen Kleinkindes, als Körperverletzung durch den Arzt gewertet, obwohl die Eltern die Beschneidung gewünscht hatten. Der Arzt wurde jedoch freigesprochen, da er angesichts der damals unklaren Rechtslage einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlag. Vor diesem Hintergrund wurde durch das „Gesetz über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes“, welches am 28.12.2012 in Kraft getreten ist, nunmehr klargestellt, dass die Personensorge der Eltern grundsätzlich auch das Recht umfasst, unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen (§ 1631d BGB) in eine nicht medizinisch angezeigte Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen. Auf die Motivation der Eltern kommt es nicht an.

Merke!

Diese Vorschrift umfasst nur medizinisch nicht angezeigte Beschneidungen. Aus medizinischer Sicht erforderliche Beschneidungen, z.B. bei einer Phimose, sind ohnehin vom elterlichen Sorgerecht umfasst.

Bei einem einsichts- und urteilsfähigen Kind, welches sich gegen die Beschneidung ausspricht, ist eine Einwilligung der Eltern denknotwendig nicht möglich. Es gibt keine starre Altersgrenze, ab der ein Kind als einsichts- und urteilsfähig gilt. Arzt und Sorgeberechtigte müssen sich im Einzelfall ein Bild von der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Kindes machen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Beschneidung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen muss. Lediglich in den ersten sechs Monaten nach der Geburt eines Kindes 51dürfen auch von einer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehenen Personen Beschneidungen durchführen. Sie müssen dafür besonders ausgebildet sein.

Die Einwilligung der Sorgeberechtigten in die Beschneidung ist dann unwirksam, wenn diese das Kindeswohl gefährdet.

2. Begriff der Vermögenssorge


Die Vermögenssorge umfasst alle tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen die darauf gerichtet sind, das Vermögen des Kindes zu erhalten, zu verwerten sowie zu vermehren. Zum Kindesvermögen gehören, z.B. Immobilien, Kontoguthaben, Wertpapiere sowie hieraus erzielte Einkünfte, beispielsweise Zinsen.

Die Verwaltung des Vermögens des Kindes hat unentgeltlich zu erfolgen. Das bedeutet, dass die Eltern sich für die Vermögensverwaltung keine Vergütung aus dem Vermögen des Kindes ausbezahlen dürfen. Etwas anderes gilt nur für Aufwendungen, die bei der Ausübung der Personen- oder Vermögenssorge entstehen.

Aufwendungen:

Fahrt zu einem berühmten Facharzt bei schwerer Erkrankung des Kindes. Nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören Aufwendungen, die ihrer Art nach als Unterhaltsleistungen zu sehen sind. Hierzu zählt, z.B. die Miete für das Familienheim, da die Stellung von Wohnraum zur Unterhaltsverpflichtung der Eltern gehört.

Der Sorgerechtsinhaber muss das Kindsvermögen wirtschaftlich anlegen, daher verzinslich. Müssen jedoch gewisse Kosten des Kindes, beispielsweise Versicherungen, Reparaturen etc. gedeckt werden, so dürfen Eltern diese jederzeit aus dem Vermögen des Kindes...