Vampir im Schottenrock

von: Katie MacAlister

LYX, 2011

ISBN: 9783802587849 , 352 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Vampir im Schottenrock


 

Prolog

„Hi.“ Eine Frau stand in der Tür, und nach ihrer kehligen Stimme zu urteilen, war sie Amerikanerin. „Sind Sie zufällig Payann?“

Paen erschauderte ob der falschen Aussprache seines Namens und sah von einem zerfledderten Manuskript auf. Die Frau musste aus dem Süden der USA kommen. Niemand sonst würde seinen Namen derart verzerren. „Ich bin Paen, ja. Was kann ich für Sie tun?“

„Hi“, sagte die Frau abermals und betrat den Raum. „Ich bin Clarice Miller“, stellte sie sich mit einem strahlenden Lächeln vor.

Paen musterte sie argwöhnisch und fragte sich, wessen Eroberung sie wohl war, als sie ihr sexy, beinahe durchsichtiges Kleid glatt strich und mit wiegenden Hüften durch den Raum schritt, was sie vermutlich für äußerst verführerisch hielt. Daniels vielleicht? Nein, Danny bevorzugte Rothaarige, und diese Frau hatte eine goldbraune Lockenmähne, die ihr bis über die Schultern reichte. Finns? Clarice lächelte ihn noch ein bisschen strahlender an, als sie vor seinem Schreibtisch stehen blieb. Sie könnte zu Finn gehören, dachte Paen, aber sein mittlerer Bruder stand eher auf natürliche Frauen, auf Hexen und Wicca-Priesterinnen. Clarice sah aus, als käme sie direkt aus einem teuren Schönheitssalon oder einer noblen Wellness-Oase. Was bedeutete, dass sie nur …

„Avery sagte, Sie sind der Besitzer von Castle Death?“ Sie legte den Kopf schräg und bedachte ihn mit einem Augenaufschlag, der ihn an Prinzessin Diana erinnerte. Bei der verstorbenen Prinzessin hatte dieser Blick sehr charmant gewirkt – bei der Amerikanerin, die sich vor ihm aufgebaut hatte, allerdings weniger.

Obwohl ihm die ungebetene Besucherin lästig war, blieb er freundlich. „Mein Vater ist der eigentliche Besitzer des Schlosses – das übrigens de Ath heißt, nicht Death –, aber er ist mit meiner Mutter in Bolivien und ich bin sein Stellvertreter. Wenn Sie also eine Frage bezüglich des Anwesens haben, werde ich mich bemühen, sie Ihnen zu beantworten.“

Clarice fuhr mit ihren feuerrot lackierten Fingernägeln an der Kante des Rosenholzschreibtischs entlang. „Ihr Daddy ist in Bolivien? Ist ja interessant. Und Sie müssen hier alles regeln, weil Sie der älteste Sohn sind? Das ist bestimmt viel Arbeit! Avery hat gesagt, die Ländereien erstrecken sich kilometerweit um das Schloss.“

Paen stieß einen kleinen unhörbaren Seufzer aus. Diese Frau war also nur auf Geld aus. In letzter Zeit hatte Avery immer wieder Frauen mit nach Hause gebracht, die sich mehr für den Familiensitz und den dahinter vermuteten Reichtum interessierten als für die Männer, die dort lebten. „Ja, wir haben ein bisschen Land. Und, ja, die Verwaltung des Anwesens kostet einiges an Mühe, aber da mir die Arbeit Spaß macht, ist es keine Last für mich. Aber was kann ich denn nun für Sie tun? Haben Sie irgendeine Frage?“ Er warf einen Blick auf das alte Manuskript, das vor ihm auf dem Tisch lag, und wünschte sich nichts sehnlicher, als in Frieden gelassen zu werden, damit er es zu Ende übersetzen konnte.

„Nun, das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich bin hier, um Ihnen zu helfen“, entgegnete sie und schob das Manuskript zur Seite, um sich auf die Schreibtischkante zu setzen. Ihr Lächeln nahm den Charakter eines eindeutigen Angebots an. „Ich dachte, ich könnte Ihnen vielleicht behilflich sein …“ Sie hielt inne und warf einen Blick auf seinen Schritt. „Bei allem, was Sie so brauchen. Wie man mir sagte, bin ich sehr gut in dem, was ich tue.“

Paen lehnte sich zurück, als sie die Beine übereinanderschlug. Dafür, wie das Kleid dabei scheinbar unbeabsichtigt ihre Oberschenkel hochrutschte, hatte sie eine glatte Eins verdient. Wusste sie, was er und seine Brüder wirklich waren? Oder war sie nur auf eine Affäre mit einem echten Schotten aus, wie man es den amerikanischen Touristinnen nachsagte? „Und wobei genau wollen Sie mir behilflich sein?“

„Ach, bei diesem und jenem“, entgegnete sie und leckte sich mit ihrer kleinen rosa Zunge die Unterlippe. Paen beobachtete ihre Annäherungsversuche mit einer gewissen Belustigung. „Das liegt ganz bei Ihnen. Ich bin für alle Vorschläge offen.“

Sie beugte sich vor und gewährte ihm freie Sicht auf ihre üppigen Brüste.

Als Mann fühlte er sich dazu verpflichtet, sie einen Augenblick lang zu bewundern. Nachdem er damit fertig war, schenkte er Clarice ein knappes bedauerndes Lächeln. „Das glaube ich Ihnen. Aber ich muss Sie leider enttäuschen. Ich beschäftige bereits eine Verwalterin, und sie ist ziemlich kompetent, wenn auch zuweilen etwas schwierig. Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen, aber es gibt eigentlich nicht viel, wobei ich Hilfe brauchen könnte.“

Sie leckte sich erneut die Lippen, diesmal langsamer. „Da fällt mir bestimmt etwas ein!“

Paen schaute überrascht nach unten. Clarice, die sich durch die Betrachtung ihrer Brüste offenbar ermutigt fühlte, hatte eine Sandale abgestreift und fuhr mit dem nackten Fuß die Innenseite seines Oberschenkels entlang, bis sie seinen Schritt erreichte. „Wollen Sie mir damit zufällig zu verstehen geben, dass Sie gern Sex mit mir hätten?“

„Na, Süßer, ich dachte schon, du fragst nie!“, schnurrte sie und liebkoste ihn mit den Zehen.

Genug war genug. Gelegenheitssex war ihm weiß Gott nicht fremd, ganz und gar nicht, aber er hatte zu arbeiten und keine Zeit, um eine lüsterne Amerikanerin zu bumsen. Er nahm vorsichtig ihren Fuß von seinem Gemächt und schob ihn fort. Bevor sie protestieren konnte, stand er auf, ging zur Tür und hielt sie ihr auf. „Danke für das Angebot, aber es gibt zwei Gründe, warum ich nicht darauf eingehen kann.“

„Zwei Gründe?“, fragte Clarice und machte keine Anstalten, sich vom Schreibtisch zu erheben. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie ihn schmollend ansah. „Welche denn?“

Paen seufzte erneut. Er war es gewöhnt, dass seine drei Brüder von Frauen umschwärmt wurden, aber nur selten warf eine ein Auge auf ihn. In der Regel war er der Jäger. Wie er vermutete, spürten sie, dass er ein gequältes, seelenloses Wesen war, und ließen ihn deshalb in Ruhe.

„Erstens vögle ich nicht die Frauen meiner Brüder.“ Er kam zu ihr zurück, zog ihr die Sandale an, schubste sie sanft vom Schreibtisch und ging wieder zur Tür. Das war zwar unhöflich, aber er hatte weder Zeit noch Lust, mit dieser Frau zu spielen. „Und zweitens haben Sie keine Ahnung, wer ich wirklich bin. Es wäre das Beste, wenn Sie jetzt gehen.“

„Oh, ich weiß, wer du bist“, sagte Clarice mit rauchiger Stimme und kam auf ihn zugewalzt. Statt ihn anzutörnen, ließen ihn ihre allzu offensichtlichen Verführungsversuche kalt. Hätte ihr wirklich etwas an ihm gelegen und nicht an dem, was er repräsentierte, wäre er vielleicht interessiert gewesen, aber er machte sich nichts vor: Sie war nur auf ihren Vorteil bedacht. „Oder besser gesagt, ich weiß, was du bist.“

Paen blieb regungslos stehen, als sie ihm so nah kam, dass ihr Busen seine Brust berührte. Sie bedachte ihn mit einem wissenden Lächeln, dann legte sie den Kopf in den Nacken. „Avery hat mir alles über dich erzählt. Mach schon, Süßer. Du willst es doch!“

Sein Hunger erwachte, als der Duft der warmen, willigen Frau ihn umfing, und sein Verstand rang mit der Gier. Aber warum sollte er sich eigentlich nicht nehmen, was er von ihr wollte? Schließlich bot sie es ihm freiwillig an. Und wenn Avery erfuhr, dass sie versucht hatte, ihn zu verführen, würde er sowieso nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen – was machte es also, wenn er nahm, was ihm angeboten wurde?

Der Hunger in seinem Inneren wurde immer stärker und verlangte gestillt zu werden. Sie schmiegte sich an ihn, bis ihr Hals nur noch wenige Zentimeter von seinem Mund entfernt war. Er schluckte und versuchte der Gier nicht nachzugeben. Ich bin ein zivilisierter Mensch, sagte er sich, kein wildes Tier, das sich auf jeden Futterbrocken stürzt. Er sog ihren Duft ein und fand außer dem chemischen Geruch eines intensiven Parfüms nichts Unangenehmes. Eigentlich zog er den natürlichen Duft einer Frau allen künstlichen Aromen vor, aber es stand ihm nicht zu, sich zu beklagen. Er fuhr sich mit der Zunge über seine spitzen Eckzähne, während sein Hunger so groß wurde, dass er ihm im pulsierenden Takt seines Herzschlags in den Ohren dröhnte. Der Drang, zuzubeißen und zu trinken, war fast überwältigend. Er musste nur seine Zähne in diese zarte, weiße Haut schlagen …

„Mach schon, Paen! Nimm mich! Nimm mich auf der Stelle! Dann bin ich für immer dein!“

Es war der Triumph in ihrer Stimme, der ihn davon abhielt, seinem Hunger nachzugeben. Ihre Worte erfüllten ihn mit Abscheu, und es war, als hätte man ihm einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf geschüttet.

„Sie wissen vielleicht, was ich bin, aber ich weiß auch, was Sie sind“, sagte er mit eisiger Stimme und trat zurück.

„Was?“, fuhr sie auf und sah ihn verwirrt an. „Was soll das heißen? Du willst mich nicht beißen? Du willst nicht von meinem Blut trinken? Du willst mich nicht zu deiner ewigen Gefährtin machen?“

„Nein“, entgegnete er eher amüsiert als verärgert. „Ich werde Ihr Blut nicht trinken und Sie auch nicht heiraten. Ich heiße Paen Alsdair Scott und nicht Dracula, und ich bin weder der Fürst der Finsternis, noch ein Graf, noch ein flotter, romantischer Frauenheld. Ich bin ein einfacher Schotte, der sich für die Geschichte und die Reisen...