Perry Rhodan-Paket 28: Tarkan - Perry Rhodan-Heftromane 1350 bis 1399

von: Perry Rhodan Redaktion

Perry Rhodan digital, 2011

ISBN: 9783845329673 , 3000 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 59,99 EUR

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Perry Rhodan-Paket 28: Tarkan - Perry Rhodan-Heftromane 1350 bis 1399


 

1.


Das Buch Hexameron

Lied des Sechsten Tages

 

Also spricht Heptamer, Sohn der Götter und Herrscher der Eshraa Maghaasu, und belehrt solcherart die Unwissenden:

Der Sechste Tag ist das Ende des Anfangs. Es werden Zeichen sein, die die Klugen zu deuten wissen, um den Beginn des Sechsten Tages zu erkennen. Girratu, die Göttin des Feuers, wird ihr Haupt erheben und Hitze verbreiten. Und am Himmel über den Sternen wird als Zeichen ihrer Macht zu erkennen sein ein Leuchten wie das der Blume Omfar. Die Sterne werden aneinanderrücken, und die Stätten werden einander näher sein.

Ein Aufstöhnen wird durch das All gehen; denn schmerzhaft ist der Weg der Vervollkommnung. Und es wird Geschrei sein unter den Ungläubigen, die den Pfad der Weisheit verachten. Völker werden sterben und Sterne vergehen. Es wird eine Reinigung geben; denn den Sechsten Tag werden nur die überleben, in deren Herzen der Glaube an die Wahrheit des Buches Hexameron wohnt. Es werden auch Tiere und Pflanzen sterben, aber unter ihnen nur die, die von den Priestern des Herrn Heptamer unrein genannt werden.

Es wird Not herrschen unter den Völkern der Zwanzigstätten und der anderen Stätten bis hin an die Grenzen des Alls. Aber die Not ist der Vorbote der Vollkommenheit, und die Gläubigen werden sie geduldig ertragen, wissend, dass die Neugeburt sie erwartet.

Der Sechste Tag wird zu Ende gehen mit Feuer und Flammen, und auf ihn folgen wird der Fünfte Tag, zu Ehren der Götter im Land Shamuu, die das gewaltige Werk des Alls geschaffen haben und für dessen stete Erneuerung sorgen.

 

*

 

Er erstarrte vor Schreck.

Bis vor Sekunden war das Treiben der Psiqs zwar hektisch, aber ohne jegliche Ordnung gewesen. Jetzt hatten sie sich plötzlich formiert und jagten von allen Seiten auf ihn zu: bunte, wahllos geformte Leuchterscheinungen, deren Strahlung umso greller wurde, je näher sie ihm kamen. Es waren Hunderttausende, Millionen. Sie drängten sich so dicht zusammen, dass der grüne Schimmer im Hintergrund des Kosmonukleotids verschwand.

Er spürte, wie sich ein fremder Druck auf sein Bewusstsein legte. Ein metallenes Band schien um seinen Schädel gespannt, und eine feindliche Kraft zog an dem Band und schnürte es immer enger. Das Denken fiel ihm schwer. Er erinnerte sich, wie er in das Kosmonukleotid eingeflogen war. Im Innern DORIFERS war es hektisch zugegangen, ganz wie man es aufgrund der letzten Messungen von DORIFER-Station aus erwartet hatte. Die psionischen Informationsquanten tanzten einen wirren Reigen, verschmolzen miteinander und trennten sich wieder – viel schneller, als es je das Auge eines Netzgängers beobachtet hatte.

Dann war das geschehen: Die wahllose Bewegung der Psiqs hatte aufgehört. Für den Bruchteil einer Sekunde war es im Innern DORIFERS völlig ruhig gewesen. Dann hatten sich die bunten Quanten auf ihn gestürzt, von allen Seiten, mit wahnwitziger Geschwindigkeit – als sei er der Mittelpunkt des Universums.

Sie kamen noch immer, von überall her, in unübersehbaren Scharen.

Jemand rief.

»Perry Rhodan ...«

Das bin ich, dachte er verwundert. Wer rief?

»LEDA.«

Der Name war ihm vertraut. Aber die Gedanken kämpften sich wie durch zähen Schlamm, um zu der Stelle seines Gedächtnisses zu gelangen, an der er die Information gespeichert hatte.

LEDA! Das war die Kapsel, mit der er den Flug nach DORIFER unternommen hatte.

»Ich bin hier, LEDA«, sagte er mit matter Stimme. Schmerz wühlte in seinem Gehirn. Der Druck war unerträglich.

»Es hat eine Explosion gegeben«, sagte die Kapsel. »Ein Schwall psionischer Energie ist durch DORIFER-Tor eingedrungen. DORIFER wehrt sich mit aller Macht. Es kommt zu Verschiebungen in der Struktur des Hyperraums.«

»Umkehren!« Die Zunge war ihm so schwer, als hätte er fünf Stunden lang ununterbrochen gezecht.

»Ich kann nicht umkehren«, erklärte LEDA. »Ich habe die Orientierung verloren.«

»Was ... geschieht jetzt?«

»Wir sind nicht in unmittelbarer Gefahr«, sagte die Kapsel. »Es gibt keine strukturellen Einflüsse. Wir müssen warten, bis DORIFER sich beruhigt.«

»Mein Kopf ...«, ächzte er.

»Ich weiß. Du bist der eigentliche Leidtragende. Ich kann dir helfen; aber ich muss warten ...«

Die sanfte Stimme der Kapsel ertrank in dröhnendem Rauschen. Er hatte es von weitem kommen hören; aber jetzt war es da, unmittelbar in seinem Bewusstsein. Es trieb ihm die Augen aus den Höhlen. Die Umrisse der unmittelbaren Umgebung verschwanden. Er sah nur noch das bunte, wimmelnde Heer der Psiqs, das ihn unter sich begraben wollte.

In den Augenblicken des schwindenden Bewusstseins hatte er eine Vision. Das Leuchten der psionischen Informationsquanten wurde schwächer. Im Vordergrund erschien eine ungewöhnliche Sternkonstellation. Sie bestand aus fünf Sonnen, die in hellem Rubinrot leuchteten, eine blaue Sonne und zwei grüne. Das Bild prägte sich ihm ein, obwohl sein Verstand in diesen Sekunden kaum noch funktionierte.

Die Vision verblasste. Ein Stich fuhr ihm durch den Schädel, als hätte ihm jemand eine glühende Lanze ins Gehirn gerammt.

Danach war nur noch Dunkelheit.

 

*

 

Er fühlte sich merkwürdig leicht, als er wieder zu sich kam. Er hatte keine Schmerzen. Es war ihm ausgesprochen wohl zumute. Er lag in seinem Gliedersessel, der zu annähernd horizontaler Position ausgefahren war. Vor ihm schwebte eine große Bildfläche. Darauf war ein Heer von Sternen zu sehen. Im Hintergrund glomm es düsterrot. Wasserstoff-Alpha, dachte er beiläufig: das Leuchten ionisierter interstellarer Gasmassen.

Er spannte die Bauchmuskeln ein wenig an. Die physiosensiblen Mechanismen des Sessels reagierten sofort. Das Beinpolster sank ab, die Rückenlehne hob sich zu normaler Sitzstellung. Perry Rhodan warf einen Blick in Richtung des Chronometers. 15:43 Uhr. Er stutzte. Es war 20:25 Uhr gewesen, als die LEDA DORIFER-Tor passierte. Hatte er fast zwanzig Stunden bewusstlos gelegen?

»Willkommen daheim in der Welt der Wirklichkeit«, sagte die freundliche Stimme der Kapsel. »Ich hoffe, du fühlst dich wohl.«

»Danke der Nachfrage«, antwortete er. »Ich nehme an, mein Wohlbefinden ist nicht zuletzt dir zu verdanken.«

»Ich habe mich um dich gekümmert«, antwortete LEDA bescheiden. »Der Psi-Sturm im Innern von DORIFER hat dir erheblich zugesetzt.«

»Das muss wohl so sein«, sagte er. »Etwas über neunzehn Stunden bewusstlos ...«

»Einundzwanzig Stunden«, korrigierte die Kapsel.

Er fuhr auf. Ein zweites Mal sah er das Chronometer an. Diesmal achtete er auf das Datum. 4. Februar 447! Er war tatsächlich fast vier Tage lang ohne Bewusstsein gewesen.

LEDA war ein Produkt querionischer Technik, komplizierter und vollkommener als alles, was Menschengeist je geschaffen hatte. Sie verfügte über eine autarke, synthetische Intelligenz. Wer sie für ein Nutzfahrzeug hielt, das dem Gänger des Netzes dazu diente, ins Innere des Kosmonukleotids DORIFER zu gelangen, der schätzte sie weit unter Wert ein. Sie war der Partner des Netzgängers, ein Helfer in der Gefahr, eine Person, mit der man sich unterhalten konnte, und im Notfall Sanitäter, Arzt und Psychiater. LEDAS Repertoire an medo- und psychotechnischen Hilfsmitteln war auf die Person und die Beschaffenheit ihres Passagiers abgestimmt, wie denn auch jede DORIFER-Kapsel einem bestimmten Gänger des Netzes zugeteilt war und von keinem anderen benutzt werden konnte. Perry Rhodan versuchte sich auszumalen, wie LEDA ihn behandelt hatte, während er bewusstlos lag. Vermutlich hatte sie ihm Medikamente in gasförmigem Zustand verabreicht. Er hatte sie eingeatmet, und seine Schmerzen waren gewichen, die Schäden, die der Psi-Sturm in seinem Gehirn angerichtet hatte, beseitigt.

»Vier Tage«, staunte er. »Wo sind wir?«, wollte er dann wissen.

»In einem fremden Universum«, antwortete LEDA. »Die elektrische Elementarladung beträgt null Komma eins fünf acht Attocoulomb. Nicht allzu viel Strangeness, aber immerhin.«

Es war seltsam. Nicht einmal die Eröffnung, dass er das Standarduniversum verlassen hatte und sich in einem unbekannten Kosmos befand, konnte ihn erschüttern. Es war fast, als hätte er in den letzten Sekunden der Ohnmacht mit einer solchen Entwicklung gerechnet.

»Vier Tage Ohnmacht«, sagte er, »war das der Strangeness-Schock?«

»Ja«, bestätigte die Kapsel. »Es ist mir gelungen, ihn zu mildern. In diesem Zusammenhang muss ich eine Warnung aussprechen. Du bist, was deine Reaktion auf Strangeness anbelangt, immer noch auf meinen Schutz angewiesen. Mein Einflussbereich ist gering und erstreckt sich nur wenig über die physikalischen Abmessungen dieser Kapsel hinaus. Du musst also im Innern der Kapsel bleiben, wenn du keinen weiteren Schock abbekommen willst.«

»Keine Angst«, sagte Perry Rhodan. »Ich habe nicht die Absicht, ins Vakuum des interstellaren Raums hinauszuspringen. Obwohl die Netzkombination mich natürlich schützen würde. Das tut sie doch noch, auch in diesem fremden Universum, nicht wahr, LEDA?«

»Auf die Kombination ist Verlass«, antwortete LEDA. »Aber etwas anderes mag dir zu denken geben. Es gibt in diesem Universum kein Psionisches Netz – wenigstens keines, das ich wahrnehmen kann.«

Das überraschte ihn. Er hatte gelernt, dass das Netz, das aus Strängen psionischer Energie bestand, ein natürliches Produkt der Schöpfung war und als solches einen ebenso selbstverständlichen Bestandteil des Kosmos darstellte wie die Sterne, die...