Perry Rhodan-Paket 25: Chronofossilien - Vironauten (Teil 1) - Perry Rhodan-Heftromane 1200 bis 1249

von: Perry Rhodan Redaktion

Perry Rhodan digital, 2011

ISBN: 9783845329642 , 3000 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 59,99 EUR

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Perry Rhodan-Paket 25: Chronofossilien - Vironauten (Teil 1) - Perry Rhodan-Heftromane 1200 bis 1249


 

1.


 

Es war ein trauriger Zug, der sich durch die äußeren Zonen des Sternhaufens Nammuratu 38 schob und Kurs auf die Wurzel des Ashshatu-Arms nahm. Eine marode Sammlung halbwracker Raumschiffe, von denen die Hälfte unterwegs auf der Strecke bleiben würde.

Der letzte Kampf des alten Recken, dessen Name seit vielen Jahren Legende war, hatte mit einer fürchterlichen Niederlage geendet. Von der XXV. Saddreykarischen Flotte, die einst stolze 16.000 Einheiten gezählt hatte, waren nur noch knapp 1200 Schiffe übrig, keines von ihnen unbeschädigt. Man hatte die Kampfkraft der Titalla, der Feuerwesen, bei weitem unterschätzt. Die XXV. Flotte war in eine Falle gelaufen, und nur der Schläue und Erfahrung des Feldherrn war es zu verdanken, dass der Gegner sie nicht vollends aufgerieben und zerstört hatte.

Desselben Feldherrn freilich, der die Warnungen seiner Ratgeber in den Wind geschlagen hatte.

Er hatte für seine Hartköpfigkeit gebüßt. Eine Explosion auf der Brücke seines Flaggschiffs hatte ihn lebensgefährlich verwundet. Seiner Wunden nicht achtend, hatte er mit eisernem Willen die Rückzugsgefechte noch selbst geleitet und sich den Luxus, ohnmächtig zusammenzubrechen, erst geleistet, als feststand, dass die Titalla die Verfolgung des Überrests der Flotte aufgegeben hatten.

Durch die wundgeschlagenen Leiber der saddreykarischen Raumschiffe eilte das entsetzliche Gerücht:

»Ordoban liegt im Sterben.«

Ordoban, die Legende. Ordoban, der unerschrockene Streiter für den Frieden. (So hörte er sich gerne nennen, wobei er die Widersinnigkeit des Namens geflissentlich übersah.) Ordoban, dem der Geruch der Unsterblichkeit anhaftete, nachdem er die statistische Grenze saddreykarischer Lebenserwartung vier Generationen weit hinter sich gelassen hatte.

Ordoban lag im Sterben.

»Bring mich nach Hause«, hatte er in einem seiner wenigen wachen Momente Azizbul, den Nächstkommandierenden, angefleht. »Einmal will ich Saddreys Wärme noch auf dem Gesicht spüren; dann mag es zu Ende sein.«

Die Ärzte brachten es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass keinerlei Aussicht auf die Verwirklichung seines Wunsches bestand. Das Tempo der Flotte wurde diktiert durch die Marschfähigkeit der am schwersten beschädigten Schiffe. Der jüngste Kadett konnte sich ausrechnen, dass unter solchen Bedingungen die Heimfahrt mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde. Ordoban dagegen hatte vielleicht ein paar Tage zu leben.

Die große Kammer, in der er ruhte, war abgedunkelt. Robotische Systeme wachten über seinen Zustand. Die Ärzte hatten ihre Bemühungen aufgegeben. Die, denen der große Feldherr im Leben nahe gewesen war, scheuten seine Nähe nun, da der Tod herannahte.

Nur ein einziges Wesen harrte in der Kammer aus: Zibbatu, der Bucklige. Man sah ihm auf den ersten Blick an, dass er kein Saddreykare war. Er war ein Zwerg. Sein Rücken war verwachsen. Er trug kein einziges Haar auf der kahlen Schädelplatte. Sein Gesicht war faltig und verrunzelt. Am auffallendsten aber war, dass er zwei kleine Augen besaß anstatt des einen großen, das als Artmerkmal der Saddreykaren galt. Dazu noch waren seine Augen von unterschiedlicher Größe. Kein Wunder, dass er von der Besatzung des Flaggschiffs nur »Missgeburt« genannt wurde.

Niemand wusste, woher Zibbatu kam. Er war eines Tages plötzlich aufgetaucht. Fest stand jedoch, dass Ordoban ihn in sein Herz geschlossen hatte. Zibbatus Leben an Bord des Flaggschiffs wäre unerträglich gewesen, wenn nicht der Feldherr die Hand über ihn gehalten hätte. Deshalb machte Zibbatu sich Sorgen. Wie würde es werden, wenn Ordoban ihn verließ?

»Komm her, mein Freund«, hauchte es vom Lager des Sterbenden her.

Zibbatu beeilte sich, der Aufforderung zu folgen.

»Ich weiß, dass die Ärzte mir etwas vormachen«, sagte der alte Recke mit kraftloser Stimme. »Ich werde Saddrey niemals wiedersehen. Aber sie sollen mich tarkcieren, damit wenigstens mein Bewusstsein eine Chance hat zu überleben. Ich weiß, dass du dir um die Zukunft Sorgen machst, Zibbatu. Aber fürchte dich nicht. Der Alte hat für dich gesorgt. Sie mögen dich verachten und dich Missgeburt nennen, aber dir Ungemach zu bereiten, werden sie nie wagen. Gib mir die Hand ...«

Zibbatu beugte sich nach vorne und streckte das schmächtige Ärmchen aus. Aber er bekam die Hand des großen Ordoban nicht mehr zu fassen. Die Hand des Alten zuckte, dann fiel sie schlaff auf das Polster. Das Auge brach. Sein roter Glanz erlosch.

Ordoban war nicht mehr.

Das Schott glitt auf. Azizbul stürmte herein. Lichter flammten auf und blendeten den Buckligen. Er hob einen Arm vors Gesicht, um die Augen zu schützen.

»Er will tarkciert werden«, sagte er mit schriller Stimme.

»Scher dich fort, Missgeburt«, herrschte der Nächstkommandierende ihn an.

 

*

 

Heftergel war sich seiner Bedeutung bewusst. Er nahm mit Gelassenheit zur Kenntnis, dass Sorkalan seiner Bitte um eine Unterredung sofort stattgegeben hatte. Dabei hatte der Dritte Jugendunterweiser den Rang eines Ressortministers und rangierte in der Hierarchie der saddreykarischen Administration unmittelbar unter dem Präsidenten.

Heftergel wusste, was er seinem Ruf als Globetrotter schuldig war. Seine Kleidung wirkte unordentlich. Seine Haut war tiefgebräunt, und sein großes, rubinrotes Auge zeigte unter gewissen Blickwinkeln jenen grünlichen Schimmer, den die länger dauernde Berieselung mit energiereicher Kosmischer Strahlung erzeugt. Seine Stiefel waren ausgetreten und im Übrigen viel zu schwer für Tatmu-Sharratas warmes Klima. Kurzum: Heftergel sah aus wie ein Landstreicher. Aber in eben dieser Aufmachung kannte ihn die Öffentlichkeit – ihn, den berühmtesten aller Weltraumjournalisten.

Einen krasseren Gegensatz zwischen ihm, dem Sternenbummler, und dem hochgewachsenen aristokratisch schlanken Sorkalan konnte man sich kaum vorstellen. Das Auge des Ministers leuchtete in klarem, hellem Rot. Seine Kleidung war korrekt bis auf den Sitz des kleinsten Zierknopfs und dabei von jener gewollten Einfachheit, die nur die teuersten Manufakturen zu erzeugen verstehen. Sorkalan verzichtete auf Schmuck, während Heftergel alle möglichen Ketten und Gehänge um den Hals baumelten.

Trotz der Gegensätzlichkeit begrüßten der Journalist und der Minister einander mit dem vertraulichen Gruß, indem sie die Hände gegeneinander klatschten.

»Man sagt mir«, eröffnete Sorkalan die Unterhaltung, nachdem er dem Gast einen Platz und den üblichen Willkommenstrunk angeboten hatte, »dass deine Suche nach Neuigkeiten dich lange Zeit durch gefährliches Gebiet geführt hat.«

»Ich bin nicht auf der Suche nach Neuigkeiten schlechthin«, antwortete Heftergel. »Ich war auf dieser Fahrt sechsundzwanzig Jahre lang unterwegs, zumeist in Gegenden, in denen es reguläre Kommunikation mit den Stätten der Zivilisation nicht gibt. Alles, was ich an Neuigkeiten zu berichten hätte, wäre ein paar Monate alt, bevor es die Öffentlichkeit erreichte. Nein, ich interessiere mich für Zusammenhänge, für fremde Kulturen, für die Gründe, warum sie auf das Vordringen des Imperiums so oder so reagieren. Verstehst du, Dinge, die Bestand haben und uns – hoffentlich – lehren, die Mentalität fremder Völker zu verstehen.«

»Ein äußerst verdienstvolles Unterfangen«, sagte Sorkalan. »Dein Ruf beweist, dass du darin erfolgreich bist. Wo hast du dich in den sechsundzwanzig Jahren herumgetrieben?«

»Im Halo«, antwortete Heftergel. So beiläufig, als gehöre es zu den selbstverständlichsten Dingen der Welt, fügte er hinzu: »Die letzten zwölf in der Nagu Nakira.«

»Ajju Saddrey!«, entfuhr es Sorkalan wider Willen. »Du wagst viel, um unsere Wissbegierde zu befriedigen.«

»Und dort geschah es«, fuhr Heftergel unbeeindruckt fort, »dass ich meinem Grundsatz untreu werden musste. Plötzlich hatte ich eine Neuigkeit, die der Öffentlichkeit sofort zugänglich gemacht werden musste. Ich brach meine Forschungen sofort ab und beschloss, mein eigener Bote zu sein. Deswegen bin ich hier.«

»Du machst mich neugierig«, bekannte der Minister. »Was ist die Neuigkeit?«

»Versteh mich recht: Ich habe keine Beweise. Was ich dir berichte, ist ein Gerücht – allerdings eines, das überall in der Peripherie verbreitet wird, und zwar von solchen, die gewöhnlich nichts auf Hörensagen geben. Ich halte es daher für zuverlässig.«

»Ich bitte dich, Heftergel ...«, drängte Sorkalan.

Heftergels Auge leuchtete in gutmütigem Spott.

»Die Fünfundzwanzigste Flotte operiert im Kugelsternhaufen Nammuratu 38. Ihr Kommandant ist nach wie vor Ordoban.«

Sorkalan sog hastig die Luft ein. Sein Auge wurde dunkel.

»Das ist ... das ist ... unmöglich!«, stieß er hervor. »Es ist mehr als sechzig Jahre her, seit wir das letzte Mal von der Fünfundzwanzigsten Flotte hörten. Damals war Ordoban weit über dreihundert Jahre alt. Nein, deine Gerüchtequelle muss falsch informiert sein. Die Fünfundzwanzigste ist verloren, und Ordoban muss, wenn er nicht in der Schlacht fiel, längst eines natürlichen Todes gestorben sein.«

»Das Imperium hat vor nicht allzu langer Zeit eine Ergebenheitsadresse des Volkes der Kishadati erhalten?«, erkundigte sich Heftergel ungerührt.

»Vor zwei Jahren, ja. Wir wunderten uns sehr darüber.«

»Ich war bei den Kishadati«, sagte der Journalist. »Sie waren dem Imperium wohl gesinnt, weil eine unserer Flotten sie aus der Knechtschaft eines anderen Volkes befreite. Die Kishadati stehen am Anfang der raumfahrttechnischen Zivilisation. Sie besaßen keine Unterlagen, die sich auf die Befreiungsaktion bezog. Aber sie schilderten mir den Kommandanten der Flotte....