Nur ein einziger Biss - Guardians of Eternity 3 - Roman

von: Alexandra Ivy

Diana Verlag, 2010

ISBN: 9783641046569 , 448 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 7,99 EUR

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Nur ein einziger Biss - Guardians of Eternity 3 - Roman


 

KAPITEL 1
Was Nachtclubs betraf, war das Viper Pit der weitaus teuerste, eleganteste und exklusivste in ganz Chicago.
Seltsamerweise war er auch der unbekannteste.
Im Telefonbuch war er nicht aufgeführt und es gab weder knallige Anzeigen auf Plakatwänden noch blinkende Neonlichter, die verraten hätten, wo er zu finden war. Tatsächlich lag das ganze Gebäude unter einem raffinierten Zauber verborgen.
Aber alle, die etwas auf sich hielten, wussten, wie der Club zu finden war. Und unter diesen gab es nicht einen einzigen Menschen.
Zwischen den Marmorsäulen und den glitzernden Brunnen bewegten sich diverse Dämonen, die sich alle verschiedenen schändlichen Aktivitäten hingaben, den Glücksspielen, dem Trinken, exotischen Tänzen und diskreten (sowie weniger diskreten) Orgien. All das kostete ein kleines Vermögen.
Ohne Zweifel waren es köstliche Zeitvertreibe, aber in dieser kalten Dezembernacht war der als Styx bekannte Vampir nicht an den Aktivitäten interessiert, die unterhalb seiner privaten Loge zur Verfügung standen. Oder an den diversen Dämonen, die innehielten, um sich tief in seine Richtung zu verbeugen.
Heute betrachtete er seine Kameraden mit deutlicher Resignation. Auf den ersten Blick hätten die beiden nicht unterschiedlicher sein können. Nun ja, das war nicht ganz korrekt, schließlich waren sie beide groß und mit den muskulösen Körpern aller Vampire gesegnet. Und beide besaßen dunkle Augen und natürlich Fangzähne. Aber damit hörten die Ähnlichkeiten auch schon auf.
Der jüngere Vampir, Viper, stammte aus einem der nordslawischen Länder und verfügte über das hellsilberne Haar sowie die noch hellere Haut seiner Vorfahren.
Styx indes kam aus dem heißen Südamerika und hatte sich auch nach seiner Verwandlung die bronzefarbene Haut und die stolzen kantigen Gesichtszüge der Azteken bewahrt.
Heute Nacht hatte er seine traditionelle Robe verworfen und sich für eine schwarze Lederhose, hohe Stiefel und ein schwarzes Seidenhemd entschieden. Er war davon ausgegangen, dass er mit dieser Kleidung auf seinem Weg durch die Straßen von Chicago weniger auffallen würde. Unglücklicherweise gab es für einen fast zwei Meter großen Vampir mit rabenschwarzem Haar, das ihm in einem geflochtenen Zopf bis zu den Knien herunterhing, kaum eine Möglichkeit, nicht aufzufallen. Gerade sterbliche Frauen konnten sich der nahezu magischen Anziehungskraft der Vampire einfach nicht entziehen. Auf seinem Weg durch die dunklen Straßen hatte sich fast ein halbes Dutzend bewundernder Frauen an seine Fersen geheftet. Schließlich war er auf die Dächer geflüchtet, um ihrem hartnäckigen Interesse zu entgehen.
Bei den Göttern, er wünschte, er hätte in seinen Höhlen bleiben können, vor den Blicken der Menschheit verborgen.
Jahrhundertelang hatte er das Leben eines Mönches gelebt, während er den Anasso beschützt hatte, den Anführer aller Vampire. Er war Vollstrecker und Wächter gewesen und war dem uralten Vampir kaum jemals von der Seite gewichen.
Da der Anasso jetzt tot war, war er gezwungen gewesen, die Rolle des Anführers zu übernehmen, und er entdeckte allmählich, dass er sich nicht länger verstecken konnte.
»Ich bin stets entzückt, dich zu Gast zu haben, Styx, aber ich muss dich warnen. Mein Clan ist schon nervös genug, da du in unserer Mitte weilst«, sagte Viper gedehnt. »Wenn du nicht aufhörst, mich so finster anzublicken, werden sie zwangsläufig befürchten, dass sie bald ohne mich als ihren Clanchef dastehen werden.«
Styx wurde klar, dass er seine Aufmerksamkeit hatte abschweifen lassen, und setzte sich abrupt in dem exklusiven Ledersessel auf. Instinktiv hob er die Hand, um den Anhänger zu berühren, den er um den Hals trug. Es war ein Symbol seines Volkes. Ein Amulett, dazu erschaffen, Geister von einer Generation an die nächste weiterzugeben. Natürlich besaß Styx als Vampir keine fassbaren Erinnerungen an das Leben, das er geführt hatte, bevor er als Dämon auferstanden war. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, wenigstens an einigen seiner heiligen Traditionen festzuhalten.
»Ich blicke dich nicht finster an.«
Viper lächelte ironisch. »Styx, du vergisst, dass ich eine Gefährtin habe, was bedeutet, dass ich finstere Blicke bestens kenne. Und du, mein Freund, schaust ohne jeden Zweifel finster.« Sein Lächeln verblasste, als der andere Vampir ihn mit einem scharfen Blick bedachte. »Weshalb erzählst du mir nicht, was dich beunruhigt?«
Styx hielt inne, bevor er schwer aufseufzte. Er musste es tun. Selbst wenn er sich lieber auspeitschen, häuten und die Fangzähne ziehen lassen würde, als zuzugeben, dass er Hilfe brauchte. Als Clanchef dieser Gegend kannte sich Viper besser in Chicago aus als jeder andere Dämon. Es wäre mehr als töricht, seine Hilfe abzulehnen.
»Es geht um die Werwölfe«, antwortete er abrupt.
»Werwölfe?« Viper fauchte leise. Wie rivalisierende Fußballvereine konnten sich auch Vampire und Werwölfe gegenseitig nicht ausstehen. »Welche Art von Scherereien machen sie dir?«
»Es geht inzwischen über reine Scherereien hinaus. Sie haben ihre anerkannten Jagdgründe verlassen, und ich habe zumindest einen Teil des Rudels nach Chicago verfolgt.« Styx ballte die Hände im Schoß zu Fäusten. »Sie haben bereits mehrere Menschen getötet und die Leichen liegengelassen, damit die Behörden sie finden.«
Viper zuckte nicht mal mit der Wimper. Es war mehr als ein Rudel Werwölfe nötig, um den mächtigen Vampir aus dem Konzept zu bringen. »Ja, es gibt Gerüchte von wilden Hunden, die angeblich in den Gassen von Chicago umherstreunen. Ich hatte mich bereits gefragt, ob es sich dabei um Werwölfe handelt.«
»Sie haben einen neuen Anführer, einen jungen Werwolf namens Salvatore Giuliani, aus Rom. Er ist reinrassig und ehrgeiziger, als ihm guttut.«
»Hast du schon versucht, vernünftig mit ihm zu reden?«
Styx kniff die Augen zusammen. Ob er es mochte oder nicht, er war nun mal der Anführer der Vampire. Und das bedeutete, dass sich die Welt der Dämonen seinen Befehlen zu beugen hatte. Einschließlich der Werwölfe.
Bisher war der neueste Rudelführer seiner Verpflichtung gegenüber Styx allerdings nicht nachgekommen und hatte ihn nur mit Verachtung gestraft. Das war ein Fehler, den er sehr bald bedauern würde.
»Er weigert sich, sich mit mir zu treffen.« Styx’ Tonfall war so kalt wie seine Miene. »Er sagt, die Werwölfe würden anderen Dämonen nicht länger dienen und alle Abkommen, die in der Vergangenheit getroffen wurden, seien fortan null und nichtig.«
Viper zog die Augenbrauen hoch. Ohne Zweifel fragte er sich, aus welchem Grund Styx die Bestie noch nicht getötet hatte.
»Er ist entweder sehr mutig oder sehr dumm.«
»Sehr dumm. Ich habe ein Treffen der Kommission anberaumt, aber es kann Tage, wenn nicht Wochen dauern, bis sie sich an einem Ort versammelt haben.«
Styx sprach von dem Rat, der Streitigkeiten zwischen den diversen Dämonenrassen beilegte. Er bestand aus uralten Autoritäten, die ihre verborgenen Verstecke nur selten verließen. Unglücklicherweise handelte es sich dabei um das einzige legale Mittel, ein Urteil über den König oder Anführer einer anderen Rasse zu verhängen, ohne dass dafür Vergeltung geübt wurde.
»Bis dahin stellen die rücksichtslosen Taten der Werwölfe eine Bedrohung für uns alle dar.«
»Mein Clan steht bereit, um seine Hilfe anzubieten.« Ein Lächeln der Vorfreude erschien auf Vipers Lippen. »Wenn du möchtest, dass dieser Salvatore stirbt, so bin ich sicher, dass das arrangiert werden kann.«
Styx konnte sich nur wenige Dinge vorstellen, die befriedigender wären als der Befehl, Salvatore Giuliani zu töten. Außer die Vorstellung seine eigenen Zähne in die Kehle des räudigen Hundes zu graben. Es gab Zeiten, in denen es eine nervtötende Angelegenheit war, ein verantwortungsvoller Anführer zu sein.
»Das ist ein verlockendes Angebot, aber leider sind die Werwölfe diesem Mann ungewöhnlich treu ergeben. Ich zweifle nicht daran, dass den Vampiren die Schuld zugeschoben werden würde, wenn er plötzlich stürbe. Ich hoffe, einen ernsthaften Krieg vorerst vermeiden zu können.«
Viper neigte leicht den Kopf. Wie auch immer seine eigenen Wünsche aussahen, er würde sich Styx’ Autorität beugen. »Hast du einen Plan?«
»Es ist schwerlich ein Plan, aber ich hoffe, eine Möglichkeit entdeckt zu haben, Druck auf Salvatore auszuüben.« Er zog ein kleines Foto aus der Tasche und reichte es seinem Kameraden.
Viper studierte für einen Augenblick die kleine, zierliche Frau auf dem Bild. Mit ihrem kurzen blonden Stachelhaar und ihren grünen Augen, die zu groß für ihr herzförmiges Gesicht schienen, sah sie wie ein wunderschöner Kobold aus.
»Nicht mein Typ, aber ganz sicher ein Blickfang.« Er schaute auf. »Ist sie seine Geliebte?«
»Nein, aber Salvatore hat eine beträchtliche Menge an Geld und Energie aufgewendet, um diese Frau aufzuspüren. Ich glaube, dass er sie hier in Chicago endlich entdeckt hat.«
»Was hat er mit ihr vor?«
Styx zuckte mit den Schultern. Die Vampire, denen er befohlen hatte, den unberechenbaren Werwolf im Auge zu behalten, hatten es geschafft, diese Fotografie in die Finger zu bekommen, und es war ihnen auch gelungen, Salvatore bis nach Chicago zu verfolgen. Allerdings kamen sie nicht nahe genug an ihn heran, um herauszufinden, warum er von dieser Frau besessen war.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, aber sie ist ihm offensichtlich sehr...