Der Kampf um die Arbeitsplätze von morgen

von: Jim Clifton

Redline Verlag, 2012

ISBN: 9783864143113 , 190 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 21,99 EUR

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Der Kampf um die Arbeitsplätze von morgen


 

Kapitel 1:
Was 7 Milliarden Menschen wollen


Immer öfter stellen globale Führungskräfte Gallup die einfache, aber bedeutsame Frage: »Weiß überhaupt irgendjemand genau, was die ganze Welt denkt?«

Die traditionelle Dokumentation von Wirtschaftsdaten zeichnet unzählige Transaktionen von Menschen auf, vom BIP über Beschäftigungszahlen und alles, was jeder Einzelne in seinem Leben je kauft, bis hin zu Geburten- und Sterberaten. Diese Daten geben sehr detailliert darüber Auskunft, was Menschen tun, doch es gibt keine laufende, zeitlich unbegrenzte, systematische Aufzeichnung darüber, was Menschen denken.

Die weltweite Führungselite stellt sich diese Frage zu Recht. Jedes Thema, das sie nachts nicht schlafen lässt, wie Armut, Kriege, Umweltprobleme, Arbeitslosigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen oder Extremismus/Terrorismus, hängt damit zusammen, wie die Bürger denken. Wie Menschen beispielsweise über die Wirtschaft, den Mittleren Osten, über Energiequellen oder die Umwelt denken, beeinflusst ihr Verhalten.

Wenn die Regierenden zu jeder Zeit wüssten, was die ganze Welt – nicht nur ihr eigenes Volk – über fast alle Themen denkt, würde ihnen das ihre Aufgabe sehr erleichtern. Im besten Fall macht dieses Wissen ihre Arbeit effektiver. Die Regierenden würden weniger Fehler machen und keine Gelegenheiten mehr verpassen, weil sie die Einstellungen und Gedanken ihrer Bürger falsch eingeschätzt haben – und die der restlichen 7 Milliarden Menschen, mit denen diese Bürger interagieren.

Genau aus diesem Grund, um Führungskräfte weltweit effektiver zu machen, hat Gallup einen neuen Datenbestand zu Wirtschaft und Verhalten erschlossen, der die Ansichten von 7 Milliarden Menschen in fast jedem Land und fast jeder vorstellbaren demografischen und soziografischen Gruppe darstellt, die World Poll. Die Arbeit wurde 2005 begonnen und soll einhundert Jahre lang fortgeschrieben werden.

Wir wussten, dass es eine monumentale Aufgabe war, die World Poll ins Leben zu rufen, doch sie erwies sich sogar als noch schwieriger. Zu Anfang führten unsere Wissenschaftler Stakeholder-Interviews mit Hunderten von Führungskräften und Akademikern weltweit und durchkämmten die Daten der besten Meinungsforschungsarchive, der Universitäten, der Vereinten Nationen, der Weltbank, der Europäischen Union, des amerikanischen Außenministeriums – also sämtliche Quellen, an denen die gewünschten Informationen vermutet wurden.

Was unsere Wissenschaftler brauchten, war eine breit angelegte, umfassende, weltweite Umfrage, doch sie konnten nichts dergleichen finden. Daher entschlossen wir uns, selbst eine weltumspannende Umfrage zu validieren und durchzuführen.

Diese Umfrage musste fast jedes erdenkliche Thema abdecken, sorgfältig in Hunderte von Sprachen übersetzt werden und für jede Kultur einen Sinn ergeben. Noch schwieriger war es, einheitliche Listen aller zur Befragung infrage kommenden Menschen zu erstellen, und das in über hundertfünfzig Ländern von Ecuador über Ruanda, den Iran, Russland, Afghanistan, Irland, Kuba, den Libanon, Kasachstan, Venezuela und Honduras bis China.

Nachdem wir den Fragebogen erstellt hatten, erkannten unsere Experten, dass sie eine Methode der einheitlichen Datenerfassung entwickeln mussten, damit alle gesammelten Daten untereinander vergleichbar wären. Wenn wir zum Beispiel nach der Lebenszufriedenheit fragen, muss jeder, vom Yuppie aus Manhattan bis zur Massai-Mutter, dieselbe Frage gestellt bekommen, jedes Mal auf die gleiche Weise, mit der gleichen Bedeutung und in seiner eigenen Sprache, damit die Antworten statistisch vergleichbar sind. Wir wussten, dass es wesentlich war, die Bedeutung einer Frage immer identisch zu halten, von Sprache zu Sprache, von Kultur zu Kultur, von Jahr zu Jahr.

Außerdem mussten wir verlässliche und einheitliche flächendeckende Standards schaffen, damit die Führungsverantwortlichen Trends und Muster erkennen konnten. Also setzten wir Themenschwerpunkte wie Wohlstand, Sicherheit, Recht und Ordnung, Hoffnungen und Träume, Gesundheitswesen, Einschränkung und Entfaltung, individuelle Wirtschaftslage, Armut, Umwelt, Arbeitsplätze und so weiter.

Die Wissenschaftler, akademischen Mitarbeiter und Kollegen auf der ganzen Welt, die bei der Erstellung der Umfrage mitarbeiteten, zählten und sortierten und verwendeten sämtliche statistischen Vorgehensweisen, um genau zu analysieren, was die Weltbevölkerung denkt. Die Ergebnisse sind äußerst komplex und bieten Antworten auf viele Fragen, die bis dahin ungeklärt geblieben waren. Sie machen uns eindringlich bewusst, wie wenig wir über das wissen, was in den Köpfen von 7 Milliarden Menschen vor sich geht, und wie oft wir uns täuschen, was ihre Hoffnungen und Träume betrifft, ihren Willen und ihren Lebensstil.

Als die Weltbevölkerungszahl noch bei 5 Milliarden lag, erkannte unser Unternehmensgründer, der verstorbene Dr. George Gallup: »Es gibt fünf Milliarden Möglichkeiten, ein Leben zu führen, und wir sollten sie alle untersuchen.«

Die Entdeckung


Sechs Jahre nach dem Beginn unserer globalen Datensammlung haben wir vielleicht schon die eine, klar und deutlich hervorstechende, überaus klärende und hilfreiche, ja weltverändernde Tatsache herausgefunden:

Auf der ganzen Welt werden gute Arbeitsplätze gewünscht.

Dies ist eine der wichtigsten Entdeckungen, die Gallup je gemacht hat. Sie sollte in jeder politischen Richtlinie, jedem Gesetz und jeder sozialen Initiative berücksichtigt werden. Regierungen und Führungspersönlichkeiten, Politiker und Gesetzgeber, Präsidenten und Premierminister, Eltern, Richter, Priester, Pastoren, Imame, Lehrer, Manager und CEOs – sie alle sollten dieser Tatsache jeden Tag und in allem, was sie tun, Rechnung tragen.

Dies ist die einfachste und direkteste Erklärung der Daten, die ich geben kann. Ob in Khartum, Kairo, Berlin, Lima, Los Angeles, Bagdad oder Istanbul – der eine, alles dominierende Gedanke in den Köpfen der meisten Menschen dreht sich darum, wie sie eine gute Arbeit bekommen können.

Bisher wünschten sich die Menschen mehr als alles andere Liebe, Geld, Nahrung, Unterkunft, Sicherheit, Frieden und Freiheit. Die vergangenen dreißig Jahre haben uns verändert. Heute wollen die Menschen einen guten Arbeitsplatz, und sie wollen, dass auch ihre Kinder eine gute Beschäftigung bekommen. Das verändert alles für die Regierenden der Welt. Ihr gesamtes Handeln – vom Kampf um Löhne und Gehälter bis zum Aufbau von Gesellschaften – steht in diesem neuen Kontext, der Notwendigkeit guter Arbeitsplätze.

Das Wort »gut« ist dabei wichtig. Es genügt nicht, einfach nur einen Job zu haben. Wenn Menschen von einer guten Stelle sprechen, dann meinen sie eine Beschäftigung, die ihnen so viel Arbeit bietet, wie sie wollen. Vielleicht zahlt Ihnen Ihr Cousin etwas, wenn Sie in seinem Imbissstand am Straßenrand aushelfen, doch das ist weit entfernt von der Anstellung in einer offiziell registrierten Firma, bei der Sie eine geregelte Arbeitszeit von 30 oder mehr Wochenstunden haben.

Eine gute Arbeit ist derzeit das meistbegehrte Ziel in der Welt, und das Verhältnis eines Menschen zu seiner Stadt, seinem Land und der ganzen Welt um ihn herum wird davon bestimmt, ob er einen guten Arbeitsplatz hat oder nicht.

Führungsverantwortliche sollten sich fragen: »Warum ist das Wissen, dass alle Welt einen guten Job haben will, für mich von so entscheidender Bedeutung?« Die Antwort lautet: Die Regierenden in Ländern und Städten müssen es zu ihrer wichtigsten Aufgabe und obersten Zielsetzung machen, gute Arbeitsplätze zu schaffen, denn gute Arbeitsplätze sind die neue Währung für die Führenden der Welt. Ihr gesamtes Handeln muss in diesem neuen Bewusstsein stattfinden, sonst setzen sie ihre Städte und Länder aufs Spiel.

  • Gesetzgeber müssen wissen, ob neue Verordnungen – zum Beispiel in Bezug auf Steuern, Gesundheitswesen oder Umwelt – talentierte Köpfe anziehen oder abschrecken. Abschreckende Gesetze führen zur Abwanderung gut ausgebildeter Kräfte und behindern die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
  • Die Direktoren von Schulen und Universitäten müssen über bestehende Lehrpläne und akademische Grade hinausdenken. Studenten wollen nicht nur Titel und Abschlüsse; sie wollen eine Ausbildung, die zu einem guten Arbeitsplatz führt.
  • Militärführer sollten bei ihren Aktivitäten das Ziel »gute Arbeitsplätze« im Auge behalten. Hat ein Militärschlag, eine Besetzung oder die Überwachung einer Gesellschaft ein Wirtschaftswachstum mit guten Stellen zur Folge oder nicht? Die Aussicht auf einen guten Arbeitsplatz ist entscheidend, um das Denken einer von Verzweiflung und Gewalt beherrschten Bevölkerung zu verändern.
  • Bürgermeister und Führungsverantwortliche in jeder Großstadt, jeder Kleinstadt und in jedem Dorf auf der Welt sollten bei all ihren Entscheidungen in erster Linie deren Auswirkung auf den Stellenmarkt berücksichtigen.

Die Entwicklung des großen globalen Traums wird Gegenstand Hunderter von Dissertationen sein. Doch das ist nur der Anfang der Geschichte. Das Gewicht, das Menschen auf Frieden, Liebe, Nahrung und Unterkunft legten – all das, was Menschen bisher mehr bedeutete als alles andere –, hat sich jetzt auf einen guten Arbeitsplatz verlagert, und das deutet auf einen einschneidenden Wandel in der Entwicklung der Zivilisation hin. Eine der wichtigsten Veränderungen liegt im Muster der globalen Migration.

Der Mensch erschien wahrscheinlich etwa vor zweihunderttausend Jahren erstmals auf der Bildfläche, in den Ebenen...