Die drei !!!, 20, Beutejagd am Geistersee (drei Ausrufezeichen)

von: Maja von Vogel

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2012

ISBN: 9783440133651 , 128 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,99 EUR

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Die drei !!!, 20, Beutejagd am Geistersee (drei Ausrufezeichen)


 

Kim rastet aus

 

 

Wutentbrannt stürmte Kim ins Café Lomo. Sie pfefferte ihre Tasche in die gemütliche Sofaecke, in der es sich ihre Freundinnen Marie und Franzi bereits bequem gemacht hatten, und schimpfte sofort los. »Ich hasse sie!« Kim ließ sich neben Franzi auf das Sofa fallen. »Ich hasse sie, ich hasse sie!«

Marie zog eine Augenbraue hoch und sah Franzi fragend an. Franzi schüttelte ratlos den Kopf. Die beiden hatten keine Ahnung, was mit Kim los war. Normalerweise ließ sie sich durch nichts so leicht aus der Ruhe bringen. Sie war fast immer ausgeglichen und freundlich – eigentlich gab es nur zwei Menschen, die Kim so auf die Palme bringen konnten …

»Was ist denn los?«, fragte Marie vorsichtig. „Haben die Zwillinge mal wieder was angestellt?«

Ben und Lukas, Kims jüngere Zwillingsbrüder, waren echte Nervensägen. Nicht nur, dass sie ständig in Kims Zimmer platzten, ohne anzuklopfen, nein, sie gingen auch gerne ungefragt an ihren Computer, um eins ihrer geliebten Computerspiele zu spielen. Es war schon vorgekommen, dass sie dabei aus Versehen wichtige Dateien gelöscht hatten. Darum hatte Kim ihren Computer inzwischen mit einem Passwort gesichert, das sie in regelmäßigen Abständen änderte.

»Sie haben doch nicht etwa dein Passwort geknackt und das Detektivtagebuch gelöscht, oder?«, fragte Franzi besorgt.

Kim schüttelte den Kopf. »Nein, das würden sie nicht mal in hundert Jahren schaffen. Dafür sind sie nicht clever genug. Zum Glück kann ich mit Computern immer noch besser umgehen als sie. Und das Detektivtagebuch habe ich sogar mehrfach gesichert.«

Kim, Franzi und Marie waren nicht nur gute Freundinnen, sondern auch Mitglieder des Detektivclubs Die drei !!!. Sie hatten schon zahlreiche Fälle gelöst und waren inzwischen beinahe so etwas wie berühmt. Manchmal mussten sie sogar Autogramme geben! Erst vor wenigen Wochen hatten sie einer gefährlichen Handy-Sekte das Handwerk gelegt und bei dieser Gelegenheit einmal mehr ihre kriminalistischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Kim war als Kopf der drei !!! für das Detektivtagebuch zuständig, in dem sie sehr sorgfältig alle Fälle dokumentierte und den Fortgang der aktuellen Ermittlungen festhielt. Wenn die Daten verschwinden oder in falsche Hände geraten würden, wäre das eine echte Katastrophe.

»Ein Glück!« Franzi lehnte sich erleichtert zurück. »Wie haben die kleinen Kröten es dann geschafft, dich so auf die Palme zu bringen?«

Kim seufzte. »Es geht überhaupt nicht um Ben und Lukas, sondern um meine Mutter.«

»O nein!« Franzi sah Kim mitfühlend an. »Habt ihr euch mal wieder gestritten?«

Eigentlich verstand sich Kim ganz gut mit ihren Eltern. Wenn ihre Mutter nur nicht diesen Schultick hätte! Für Frau Jülich gingen gute Noten über alles. Sie überwachte mit Argusaugen Kims Schularbeiten und bestand darauf, für sämtliche Klassenarbeiten mit ihr zu lernen. Dabei war Kim normalerweise eine sehr gute Schülerin. Wenn sie gerade in einem komplizierten Fall steckte, konnte es allerdings passieren, dass sie die Schule vorübergehend etwas vernachlässigte. Man musste schließlich Prioritäten setzen. Als Kim in der letzten Englischarbeit eine Vier geschrieben hatte, hatte Frau Jülich beinahe einen Nervenzusammenbruch bekommen und ein Riesentheater veranstaltet.

»Es ist so ungerecht!« Kim ballte die Fäuste. »Warum kapiert Mama nicht, dass ich beinahe erwachsen bin und meine eigenen Entscheidungen treffen kann? Stattdessen behandelt sie mich wie ein kleines Kind!«

»Möchtest du?« Marie schob Kim den Schokomuffin hinüber, den sie sich bestellt, aber bis jetzt noch nicht angerührt hatte. »Ich glaube, du brauchst jetzt dringend etwas Süßes.« Sie kannte ihre Freundin fast so gut wie sich selbst und wusste genau, dass Kims Körper in Stresssituationen jede Menge Zucker benötigte.

»Danke! Das ist echt lieb von dir.« Ein Lächeln stahl sich auf Kims Gesicht, und ihre Hände entspannten sich wieder. Genüsslich biss sie in den Muffin.

»Und jetzt erzähl’ der Reihe nach, was los ist«, bat Franzi. »Ich verstehe nämlich immer noch nicht, worum es geht.«

Kim kaute und schluckte. Dann sah sie ihre Freundinnen ernst an. »Unser Zeltausflug in den Pfingstferien ist geplatzt. Meine Mutter erlaubt es nicht.«

»Was?« Marie riss die Augen auf, und ihre ordentlich gezupften Brauen schossen nach oben. Sie war wie immer perfekt zurechtgemacht. Ihr dezentes Make-up ließ ihr Gesicht strahlen, und ihre frisch geföhnten Haare flossen in honigfarbenen Wellen über ihren Rücken. Natürlich war auch ihr Outfit sorgfältig zusammengestellt. Zu einer verwaschenen Jeans, der man ihren astronomisch hohen Preis nicht ansah, trug sie eine Bluse in blauen und grünen Pastelltönen, die gut zu ihren blonden Haaren passte. »Sag bitte, dass das nicht wahr ist!«

Kim seufzte. »Leider doch.«

»Aber warum denn?« Franzi raufte sich ratlos die kurzen, roten Haare. »Hast du deiner Mutter nicht gesagt, dass eine Radtour mit Zelten kaum etwas kostet? Als meine Eltern begriffen haben, dass ich die Reise von meinem Taschengeld finanzieren kann, hatten sie nichts mehr dagegen.«

Herr Winkler verdiente als Tierarzt zwar nicht schlecht, trotzdem konnten und wollten Franzis Eltern ihrer Tochter keine teuren Reisen finanzieren. Ganz im Gegensatz zu Maries Vater. Herr Grevenbroich war ein bekannter Schauspieler und musste schon lange nicht mehr über Geld nachdenken. Er lebte mit Marie in einer schicken Penthouse-Wohnung und las seiner Tochter jeden Wunsch von den Augen ab. Marie bekam so viel Taschengeld, dass sie ihre Freundinnen regelmäßig zum Eisessen oder zu ausgedehnten Shopping-Touren einladen konnte, ein Luxus, den Kim und Franzi sehr genossen.

»Das Geld ist nicht das größte Problem.« Kim nahm noch einen Bissen von Maries Muffin. »Meine Mutter findet es zu gefährlich, wenn wir alleine durch die Gegend radeln und nachts irgendwo zelten.«

»Aber wir sind doch gar nicht allein!«, hielt Franzi dagegen. »Wir sind zu dritt! Was soll da schon passieren?«

Kim zuckte mit den Schultern. »Frag’ mich nicht. Ich kapier’ ja selbst nicht, wo das Problem liegt. Auf jeden Fall erlaubt Mama die Reise nicht, wenn keine erwachsene Aufsichtsperson dabei ist. Schluss, aus, basta!«

»Verflixter Mist!«, schimpfte Franzi. »Dabei hatte ich mich schon so gefreut!«

Seit Wochen fieberten die drei !!! den Pfingstferien entgegen, in denen sie endlich ihre lange geplante Radtour in die Tat umsetzen wollten. Sie hatten Reiseführer gewälzt, Karten studiert und über die beste Route diskutiert. Dann hatten sie beschlossen, einfach ins Blaue hineinzufahren, immer der Nase nach, und sich überraschen zu lassen, wo sie landen würden. Aber nun hatte Frau Jülich ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

»Ich wusste schon, warum ich das Gespräch mit meiner Mutter so lange hinausgeschoben habe«, sagte Kim. »Irgendwie hatte ich von Anfang an die Befürchtung, sie würde sich querstellen. Seit der Vier in Englisch erlaubt sie mir fast gar nichts mehr. Ständig meckert sie herum, weil ich angeblich zu wenig lerne.«

»Und wenn wir noch mal gemeinsam mit ihr reden?«, schlug Marie vor. »Vielleicht schaffen wir es zu dritt, sie umzustimmen.«

Kim schüttelte den Kopf. »Das bringt nichts. Ich kenne meine Mutter, sie wird ihre Meinung nicht ändern.«

»Und was jetzt?«, fragte Franzi. »Sollen wir in den Pfingstferien einfach zu Hause bleiben und uns zu Tode langweilen?«

Darauf wusste niemand eine Antwort. Eine Weile saßen die drei !!! schweigend da. Marie betrachtete mürrisch ihre perfekt gefeilten Fingernägel, während Franzi ihren Kakao Spezial austrank. Die heiße Schokolade mit Vanillearoma, eine Spezialität des Café Lomo, war das absolute Lieblingsgetränk der drei !!!.

»Vielleicht könnten wir ja woanders hinfahren«, schlug Marie halbherzig vor. Aber sie wusste genauso gut wie ihre Freundinnen, dass Frau Jülich jede Reise »ohne erwachsene Aufsichtsperson« verbieten würde.

Kim lachte bitter. »Wenn es nach meiner Mutter ginge, würde ich die Pfingstferien am Schiertaler See verbringen. Aber das kann sie vergessen, da mache ich nicht mit.«

Franzi horchte auf. »Schiertaler See? Ist das nicht dieser große Stausee?«

Kim nickte. »Genau. Dort wohnt meine Patentante Clarissa. Sie betreibt eine kleine Pension irgendwo am See und hat mich eingeladen.«

»Du hast eine Patentante?«, fragte Marie überrascht. »Das wusste ich gar nicht.«

Kim zuckte mit den Schultern. »Unser Kontakt hat sich bisher auch hauptsächlich auf Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke beschränkt. Ich habe Clarissa seit Jahren nicht gesehen. Eigentlich kenne ich sie gar nicht richtig. Sie ist eine Jugendfreundin meiner Mutter, aber die beiden haben sich nach dem Studium aus den Augen verloren.«

»Und warum lädt dich diese Clarissa jetzt plötzlich ein?«, wollte Franzi wissen.

»Keine Ahnung.« Kim steckte sich den restlichen Muffin in den Mund und genoss den Schokoladengeschmack auf der Zunge. »Mama und Clarissa haben sich vor ein paar Monaten bei ihrem Abitreffen wiedergesehen. Seitdem telefonieren sie wieder regelmäßig miteinander.«

»Vielleicht hat diese Clarissa ein schlechtes Gewissen, weil sie sich jahrelang nicht so richtig um dich gekümmert hat«, vermutete Marie. »Und jetzt...