Bianca Exklusiv Band 318

von: Sherryl Woods, Kara Lennox, Cindy Kirk

CORA Verlag, 2020

ISBN: 9783733748715 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,49 EUR

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Bianca Exklusiv Band 318


 

1. KAPITEL

„Da ist ja eine ganze Herde von Cowboys!“ Abrupt blieb Stacie Summers mitten auf dem Bürgersteig stehen und starrte zur anderen Straßenseite hinüber. Seit sie vor zwei Wochen in Sweet River, Montana, angekommen war, hatte sie hin und wieder einen Cowboy gesehen, aber nie so viele auf einem Haufen. „Aus welchem Anlass?“

Ihre Freundin Anna Anderssen, die in Sweet River geboren war, hielt neben ihr an und fragte: „Welchen Tag haben wir heute?“

„Mittwoch.“

„Den zweiten Juni“, fügte Lauren Van Meveren hinzu. Die Doktorandin hatte gedankenverloren gewirkt, seit die drei Mitbewohnerinnen aus Sharon’s Food Mart gekommen waren. Doch nun war sie plötzlich ganz aufmerksam.

Obwohl sie normalerweise darauf gepocht hätte, dass es unhöflich war, andere Leute anzustarren, beobachtete sie mit unverhohlenem Interesse, wie die Cowboys aus dem Coffee Pot Café strömten.

„Mittwoch, der zweite Juni“, wiederholte Anna nachdenklich, während sie ihren Schlüsselring aus der Tasche holte und den Jeep aufschloss, der am Straßenrand parkte. „Bingo!“, fügte sie mit einem nachdrücklichen Kopfnicken hinzu.

Stacie öffnete die Heckklappe und stellte die schwere Tüte mit Lebensmitteln in den Kofferraum. „Die haben Bingo gespielt?“ Sie fand es seltsam, dass gestandene Männer sich an einem Mittwochmorgen zum Glückspiel trafen. Andererseits hatte sie bald nach ihrer Ankunft herausgefunden, dass Sweet River eine ganz eigene kleine Welt darstellte.

„Nein, du Dummerchen.“ Anna kicherte. „Der Viehzüchterverband trifft sich immer am ersten Mittwoch im Monat.“

Das erschien Stacie zwar sinnvoller als Bingo, doch sie hatte keine Ahnung, womit sich eine solche Organisation beschäftigen mochte. Denn ihr Geburtsort Ann Arbor in Michigan war alles andere als ein Viehzüchterparadies. Und in den ganzen zehn Jahren, die sie nun schon in Denver lebte, war ihr kein einziger Cowboy über den Weg gelaufen.

Als Lauren beschlossen hatte, für eine Weile in Annas Heimatort zu übersiedeln, um dort für ihre Dissertation über Kompatibilität zwischen Männern und Frauen zu recherchieren, hatte Stacie sich ihr bereitwillig angeschlossen. Denn die Suche nach ihrem perfekten Job – nach ihrer „Glückseligkeit“, wie sie es dank ihrer poetischen Ader gern nannte – lief nicht gut. Daher erschien ihr ein Tapetenwechsel wie eine gute Idee.

Aus irgendeinem Grund war sie davon ausgegangen, dass Sweet River wie Aspen, eine ihrer Lieblingsstädte, sein würde. Sie hatte eine Fülle von angesagten Shops und zahlreiche Doktoren, Anwälte und Geschäftsmänner erwartet, die sich gern in der freien Natur aufhielten.

Mensch, wie hast du dich bloß geirrt! „Ich habe noch nie so viele Männer mit Stiefeln und Hüten gesehen.“

Es waren große Männer mit breiten Schultern, wettergegerbter Haut und zotteligen Haaren, an die nie ein Stylist Hand angelegt hatte. Selbstbewusste Männer, die ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führten und von einer Frau erwarteten, ihre Träume für ein einsames Dasein auf einer Ranch aufzugeben.

Obwohl die Luft warm war, fröstelte Stacie.

In Laurens Augen trat ein entrückter, verträumter Ausdruck. „Wusstest du, dass die ersten Cowboys aus Mexiko kamen? Sie waren als vaqueros bekannt. Das ist das spanische Wort für Cowboys.“

Stacie warf Anna einen flehenden Blick zu. Man musste Lauren stoppen, bevor sie richtig in Fahrt kam. Sonst war man gezwungen, während des gesamten Heimwegs einen Vortrag über die Geschichte des modernen Cowboys zu ertragen.

„Steig ein, Lauren“, befahl Anna und deutete zum Jeep. „Bevor unsere Eiscreme schmilzt.“

Trotz der eindringlichen Aufforderung hielt Lauren den Blick auf die Männer geheftet, die mit tiefen Stimmen redeten und lachten.

Einer von ihnen erregte Stacies Aufmerksamkeit. In Jeans, T-Shirt und Stiefeln, mit Cowboyhut und sonnengebräunter Haut unterschied er sich eigentlich nicht von den anderen. Doch er zog ihren Blick magisch an. Es musste daran liegen, dass er mit Annas Bruder Seth redete. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben.

Bisher hatte es kein testosteronstrotzender Mann auf Stacies Radar geschafft. Sie favorisierte den künstlerisch angehauchten, zartbesaiteten Typ à la schmächtiger Poet gegenüber der baumstarken, muskelbepackten Sportskanone.

„Weißt du, Stacie …“, nachdenklich tippte Lauren sich mit dem Zeigefinger an die Lippen, „… irgendetwas sagt mir, dass deine Zukunft einem Cowboy gehören könnte.“

Ihre Recherchen zielten darauf ab, kompatible Partner zu ermitteln, und ihr erstes Versuchskaninchen – oder ihr „Forschungsgegenstand“, wie sie es gern ausdrückte – war Stacie.

Ein Knoten bildete sich in Stacies Magen bei der Vorstellung, mit einem Lasso schwingenden Reitersmann verkuppelt zu werden. Schnell sandte sie ein Stoßgebet gen Himmel.

Lieber Gott, bitte! Bloß keinen Cowboy!

Einige Wochen später ließ Stacie sich kampfbereit in einen hochlehnigen Korbsessel auf Annas Veranda fallen. Lange genug hatte sie Stillschweigen gewahrt. Nun musste sie endlich ihrem Unmut über das bevorstehende arrangierte Date Luft machen. Deshalb hatte sie Lauren um eine Unterredung gebeten.

Obwohl Stacie wusste, dass es für die Recherche wichtig war, den Mann zumindest ein einziges Mal zu treffen, hielt sie es für reine Zeitverschwendung. Auf beiden Seiten.

Im Geist formulierte sie gerade die Ansprache, in der sie nachdrücklich ihr nicht vorhandenes Interesse an einem Cowboy kundtun wollte, da wehte eine kühle Brise von den Crazy Mountains herüber und ließ das Foto in ihrer Hand flattern. Sie hob den Kopf und genoss die frische Bergluft im Gesicht. Selbst nach vier Wochen im „Land des weiten Himmels“ – einer der Spitznamen von Montana – war sie immer noch tief beeindruckt von der Schönheit ringsumher.

Sie blickte auf den großen Vordergarten hinaus. Wohin das Auge auch reichte, war das Land üppig grün. Und die Blumen … Es war gerade einmal Mitte Juni, doch schon standen Glockenblume, Indianernessel und Palmlilie in voller farbenfroher Blüte.

Die Fliegentür fiel klappernd zu; Lauren überquerte die Veranda und setzte sich auf einen Stuhl. „Was ist los?“

Stacie löste den Blick von der atemberaubenden Landschaft. „Dein Computer hat offensichtlich etwas Falsches ausgespuckt. Das ist die einzige Erklärung.“ Sie hob das Foto. „Sieht der etwa wie mein Typ aus?“

„Falls ihr über Josh Collins redet, der ist ein sehr netter Mann.“ Anna kam ebenfalls aus dem zweistöckigen Haus auf die Rundumveranda heraus. „Ich kenne ihn seit der Grundschule. Er und mein Bruder Seth sind die besten Freunde.“ Mit mäßigem Erfolg versuchte sie, ein schwankendes Tablett in ihren Händen auszubalancieren.

Lauren, die der Tür am nächsten saß, sprang auf und nahm der kecken Blondine das Tablett mit dem Krug Limonade und drei Kristallgläsern ab. „Du wirst dir in diesen mörderischen Schuhen noch den Hals brechen.“

„Frag mich mal, ob mich das kümmert.“ Verzückt musterte Anna ihre limettengrünen Stilettos mit der schmalen langen Spitze. „Die sind genau mein Stil.“

„Na ja, hübsch sind sie schon“, räumte Lauren ein. Sie neigte den Kopf zur Seite. „Ob sie mir wohl auch passen?“

„Hallo!“ Stacie hob eine Hand und winkte wild. „Erinnert ihr euch an mich? Ich bin diejenige, die jeden Moment ein Date mit Mister Wrong hat.“

„Beruhige dich.“ Lauren schenkte ein Glas Limonade ein, reichte es Stacie und setzte sich mit einer bewundernswerten Grazie. „Ich mache keine Fehler. Falls du dich erinnerst, ich habe dir die Auswertung vorgelegt. Sofern keiner von euch beiden in dem Fragebogen gelogen hat, seid ihr sehr kompatibel.“

Stacie wollte ihrer Freundin glauben. Schließlich war das arrangierte Date mit Alexander Darst, der kürzlich eine Anwaltskanzlei in Sweet River eröffnet hatte, ganz angenehm verlaufen. Nur hatte es leider zwischen ihnen nicht gefunkt.

Sie hob das Foto des Ranchers und musterte es eingehend. Stetson und Stiefel bestätigten ihre Theorie von einer Computerfehlfunktion – selbst wenn er nicht auf einem Pferd gesessen und sie ihn nicht bei der Sitzung des Viehzüchterverbands gesehen hätte.

Es hat einfach keinen Sinn, eine Großstadtpflanze mit einem Landei zusammenzubringen. Schließlich weiß jeder, dass Stadt und Land wie Öl und Wasser sind. Sie verbinden sich einfach nicht.

Leider war sie trotz all ihrer Scherze zu dem Thema enttäuscht. Sie hatte gehofft, einen Begleiter für den Sommer zu finden, einen vielseitig interessierten und gebildeten Mann, der ihre Liebe zum Kochen und den Geisteswissenschaften teilte.

„Er ist ein Cowboy.“ Trotz aller Bemühungen, beherrscht zu bleiben, rief sie aufgebracht: „Ausgerechnet!“

„Haben Sie etwas gegen Cowboys?“

Die verführerisch tiefe Stimme, die von den Stufen her ertönte, sandte einen Ruck durch Stacie. Sie ließ das Bild auf den Tisch fallen, drehte sich um und begegnete einem unverwandten Blick aus blauen Augen. Das ist er.

Sie musste zugeben, dass er von Nahem noch anziehender aussah. Er trug ein Chambray-Hemd, das seine Augen leuchten ließ, und dazu Jeans, die seine langen Beine umschmiegten. Kein Hut bedeckte seinen Kopf, nur dichtes dunkles Haar, das im Nacken bis über den Kragen reichte.

Unverhohlen musterte er sie ganz...