Sündiges Versprechen im Schlafgemach

von: Margaret Moore

CORA Verlag, 2019

ISBN: 9783733736897 , 256 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 4,49 EUR

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Sündiges Versprechen im Schlafgemach


 

1. KAPITEL

England, 1214

Von großen Truhen umgeben, die bis zum Rand mit der Aussteuer vollgepackt waren, standen die beiden jungen Frauen sich in dem Gemach gegenüber, das sie sich bis vor einer Weile noch geteilt hatten. Die eine war dunkelhaarig und trug ein Kleid aus weicher, rehbrauner Wolle. Die andere war blond und von lieblicher Erscheinung, und da sie heute heiraten sollte, trug sie ihr bestes Kleid aus grüner Seide.

„Du musst ihn nicht heiraten, Mavis“, sagte Tamsin zu ihrer geliebten Cousine. „Ganz gleich, was dein Vater dir gesagt hat, womit er dir gedroht haben mag – du hast das Recht, dich zu weigern. Weder er noch die Kirche noch irgendein Gesetz kann dich dazu zwingen, dich gegen deinen Willen verheiraten zu lassen. Rheged und ich gewähren dir liebend gern Zuflucht, oder wir bringen dich, wohin du …“

„Bitte nicht, das wird nicht nötig sein“, unterbrach Mavis sie und schüttelte lächelnd den Kopf. Tamsin war nicht anwesend gewesen, als ihr Vater die Ehe zwischen seiner Tochter und Sir Roland of Dunborough vorgeschlagen hatte. Da sie selbst aber sehr wohl dabei gewesen war, konnte sie voller Überzeugung erklären: „Ich habe aus freiem Willen zugestimmt, Tamsin, und ich habe es gern getan. Ich glaube, du irrst dich, was Sir Roland angeht. Ich weiß, wie sein Vater und sein Bruder waren, aber er ist anders.“

„Wie kannst du dir so sicher sein?“, fragte Tamsin. „Du bist ihm nur einmal begegnet!“

„Als ich mit ihm und meinem Vater im Privatgemach war, da hat Sir Roland mich gefragt, ob ich ihn heiraten würde. Er hat mir die Wahl gelassen, Tamsin, und ich bin davon überzeugt, wenn ich ihn darum gebeten hätte, wäre ich von ihm aus jeder Vereinbarung mit meinem Vater entlassen worden. Und vor allem sah er mich nicht an wie ein Kaufmann, der sich fragt, ob er sich wohl auf einen guten Handel eingelassen hat oder nicht. Und da war nichts Triumphierendes in seinem Blick, so wie bei jemandem, der einen kostbaren Preis errungen hat. Er kam mir vielmehr … sehnsüchtig vor.“

„Sehnsüchtig?“, wiederholte Tamsin skeptisch. „Sir Roland?“

„Man mag es nennen, wie man will. Auf jeden Fall konnte ich etwas sehen, das mir Gewissheit gibt, dass er nicht so ist wie die anderen Männer, die ich bislang kennengelernt habe. Ich habe das Gefühl, dass wir sehr glücklich werden können. Oh, Tamsin, mir ist klar, dass die meisten ihn als hart, abweisend und arrogant empfinden. Aber in Vaters Privatgemach war er weder arrogant noch eitel. Er war freundlich und sanftmütig, ganz anders als sein Vater und sein Bruder. Ein ganz anderes Auftreten als das, was er im großen Saal zeigt.“

„Warst du schon mal mit ihm allein?“

Mavis konnte dem forschenden Blick ihrer Cousine nicht standhalten. „Nein, allein bin ich mit ihm noch nicht gewesen.“

Das stimmte eigentlich nicht, doch bei der einzigen Gelegenheit hatte Roland nicht gewusst, dass sie in seiner Nähe war. Es war in den Stallungen gewesen, wo er leise und besänftigend auf sein Pferd eingeredet hatte, während sie sich dort versteckt gehalten hatte.

Niemand wusste über diesen Morgen Bescheid, als sie alles vorbereitet hatte, um die Flucht zu ergreifen, anstatt auf Geheiß ihres Vaters zu heiraten. Diese Erinnerung war ein schönes Geheimnis, von dem nur sie wusste und das sie mit niemandem teilen wollte. Außerdem konnte sie sich nicht vorstellen, dass es Sir Roland gefallen würde, wenn er herausfinden musste, dass sie jemandem von seinem Gespräch mit seinem Pferd erzählt hatte.

Tamsin griff nach der Hand ihrer Cousine und hielt sie fest, während sie Mavis eindringlich ansah. „Du hast Rolands Vater nur zweimal und den älteren Bruder nur einmal gesehen, und immer nur hier, wo sie sich von ihrer besten Seite gezeigt haben. Mein Ehemann hat einige Zeit in ihrer Burg verbracht. Er kennt sie besser, Mavis, und er hat mir erzählt, wie grausam sich Sir Blane jedem gegenüber verhalten hat, auch gegenüber seinen Söhnen. Er lachte, wenn Broderick und Gerrard Roland verspotteten, und er beschimpfte ihn auf das Übelste, wenn er sich nicht zur Wehr setzte.“

„Aber er hat sich nicht zur Wehr gesetzt.“

„Und deshalb hält Rheged ihn für den Besten aus der ganzen Familie. Aber er kann auch kämpfen. Rheged hat ihn bei einer Auseinandersetzung mit seinem Bruder erlebt. Der geht zwar mutig und nahezu freudig in den Kampf, aber Roland kämpfte, um zu siegen.“

„Daran ist doch nichts verkehrt.“

„In einer Schlacht sicher nicht. Dennoch gibt es mehr als nur das zu bedenken. Sir Blane hat die Rivalität und Feindseligkeit zwischen seinen Söhnen ganz offen gefördert. Er wollte nicht einmal verraten, welcher Zwilling der Erstgeborene war: Roland oder Gerrard. Dadurch werden sie nie wissen, wem von ihnen das Erbrecht zufällt, sollte Broderick etwas passieren.“ Tamsin sah kurz zu Boden. Offenbar war sie immer noch bestürzt über das, was sie getan hatte, auch wenn es nur geschehen war, weil sie den Mann retten wollte, den sie liebte. „So wie es dann auch gekommen ist.“

„Irgendjemand muss es aber gewusst haben“, wandte Mavis ein und hoffte, die Gedanken ihrer Cousine von Brodericks Tod auf etwas anderes lenken zu können. „Ein solches Geheimnis kann in einem großen Haushalt nicht lange Bestand haben.“

„In diesem Fall doch, denn die Mutter starb bei der Geburt, und die Hebamme rutschte kurz darauf auf der Treppe aus und brach sich das Genick. Manche sagen, Sir Blane habe sie umgebracht, damit das Geheimnis gewahrt bleibt. Viele glauben das auch. Und selbst wenn es wirklich ein Unfall war – wenn die Leute solche Gerüchte glauben, was sagt das über das Ansehen der Familie aus?“

Mavis löste sich aus Tamsins Griff. „Über Edelleute werden immer Gerüchte ausgestreut. Und ich bin mir durchaus dessen bewusst, dass Sir Blane ein grausamer Mann sein konnte.“

„Grausam und lüstern. Du hast ja selbst gesehen, wie er und Broderick Frauen behandeln. Was, wenn Roland ganz genauso ist?“

Prompt bekam Mavis einen roten Kopf. Sie hatte miterlebt, wie Sir Blane und Broderick Frauen behandelten. Vor allem Brodericks anzügliche Drohungen waren ihr noch viel zu gut in Erinnerung, und sein Name genügte, um in ihr Abscheu hochkochen zu lassen. Dennoch hielt sie an ihrem ersten Eindruck fest, den sein Bruder Roland bei ihr hinterlassen hatte. „Ich bin davon überzeugt, dass Roland ein besserer Mann ist als sein Vater und seine Brüder. Du hast dich doch auch schnell in deinen Mann verliebt, nicht wahr? So wie du ebenfalls kurz nach eurer ersten Begegnung fest daran geglaubt hast, dass du mit Rheged glücklich sein könntest, glaube ich bei Roland an das Gleiche. Sonst hätte ich die Verlobung verweigert, ohne Rücksicht darauf, was mein Vater mir befohlen oder womit er mir gedroht hätte.“

„Dann werde ich wohl auf dein Urteil vertrauen müssen“, sagte Tamsin und lächelte flüchtig. „Aber wenn …“

Weiter kam sie nicht, da energisch gegen die Tür geklopft wurde. „Mylady“, rief der junge Charlie von der anderen Seite der Tür. „In der Kapelle warten sie schon auf Euch!“

„Wir kommen sofort!“, erwiderte Tamsin und drückte noch einmal ihre Cousine an sich. „Versprich mir, wenn du dich in Roland getäuscht hast und er dich unglücklich macht oder dir wehtut, dann kommst du zu uns nach Cwm Bron. Weder ich noch sonst jemand wird dir irgendwelche Vorwürfe machen.“

„Das werde ich“, versprach Mavis ihr, und sagte sich gleichzeitig, dass sie Sir Roland of Dunborough durchaus richtig einschätzte und es keine Notwendigkeit geben würde, dieses Angebot anzunehmen.

Sir Roland stand kerzengerade da und wartete in der Kapelle von Castle DeLac auf seine Braut. Er wahrte seine ruhige, leidenschaftslose Miene, obwohl er in seinem ganzen Leben noch nie so unruhig gewesen war. Es war einfach zu leicht zu glauben, dass seine Braut sich doch nicht zeigen würde. Immerhin wusste sie, wer sein Vater war, und dieses Wissen genügte, um jede Frau schreiend davonlaufen zu lassen, auch wenn sie erst einmal mit der vorgeschlagenen Heirat einverstanden gewesen war.

Bereits damals hatte er mit einer Weigerung gerechnet, und doch war sie mit dem Angebot einverstanden gewesen. Bemerkenswert daran war, dass sie ihn dabei nicht so angesehen hatte, als zählten für sie nur sein Titel und sein Vermögen, sondern es war ihm so vorgekommen, als wollte sie einfach mit ihm befreundet sein.

Nie zuvor hatte ihn jemand zum Freund haben wollen, weder Mann noch Frau. Er wiederum war seit seiner Kindheit nicht mehr auf der Suche nach Freundschaften gewesen, weil er schon in jungen Jahren hatte lernen müssen, dass die Suche nach Zuneigung ihn für Verlust und Schmerz anfällig machte. Und sie konnte auch dem Ziel dieser Zuneigung Schaden zufügen. Einmal hatte er eine kleine schwarz-weiße Katze gefunden und gesund gepflegt, bis Broderick darauf aufmerksam wurde und das arme Tier zu quälen begann. Er hatte seinen älteren Bruder angefleht, damit aufzuhören und die Katze Shadow in Ruhe zu lassen. Folglich war Broderick auf ihn losgegangen, bis Roland eine blutende Nase und ein zugeschwollenes Auge hatte. Shadow war aus der Scheune geflohen und nie wieder aufgetaucht.

Danach hatte er nie wieder für irgendwen erkennbar Zuneigung für einen Menschen oder ein Tier gezeigt. Er hatte nicht mal mehr mit den Jungs im Dorf oder mit den Söhnen des Dienstpersonals gesprochen, auch wenn die selbst genauso litten.

Gerrards Hohn und Spott schmerzten aber noch schlimmer als jegliche Tracht Prügel, und sie hielten auch viel länger...