Warrior Lover Box Set 3 - Fury / Tay / Shadow

von: Inka Loreen Minden

Inka Loreen Minden, 2018

ISBN: 9783963700453 , 1030 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 8,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Warrior Lover Box Set 3 - Fury / Tay / Shadow


 

Kapitel 1 – Melina / New World City


Flucht

 

Melina klopfte das Herz bis zum Hals. Heißkalte Schauder krochen über ihren Rücken, der Magen drehte sich ihr um und der kahle Korridor schien vor ihren Augen zu verschwimmen.

»Bitte, bitte nicht«, wisperte sie mit zittriger Stimme.

Sie waren zurück! Bald würde auch sie sterben.

Mel hatte gerade zu Bett gehen wollen, als einer der Bewegungsmelder, die sie bei allen Eingängen angebracht hatte, stillen Alarm schlug. Das erkannte sie, wenn die Lichter auf ihrer Etage für kurze Zeit zum Blinken anfingen.

Nun eilte sie in den Überwachungsraum der ehemaligen Forschungsabteilung und starrte auf die Monitore. Sie zeigten eine zehnköpfige, bewaffnete Kriegertruppe in Einsatz-Overalls, die das Treppenhaus heraufkam. »Verflucht!«

Mel hatte sich im Überwachungsraum häuslich eingerichtet, um keine unschönen Überraschungen zu erleben, und befand sich nur noch selten in ihrer kleinen Wohneinheit in der siebten Etage. Aber nun nahm sie die Beine in die Hand und hastete die Treppen eines anderen Aufgangs hinauf, um auf dem Dach Schutz zu suchen. Dorthin würden die Krieger vielleicht nicht kommen. Wahrscheinlich durchkämmten sie die einzelnen Stockwerke nach Nahrung oder anderen nutzbaren Gütern. In diesem Hochhaus gab es genug Vorräte für ein Jahr, zumindest für eine Person. Mel hätte lange ausharren können.

Seit zwei Wochen versteckte sie sich in dem ehemals geheimen Forschungskomplex, seit Warrior das Regime gestürzt und fast alle Regierungsmitglieder umgebracht hatten. Mel konnte nirgendwo hin, denn das zehnstöckige Gebäude stand auf einer künstlich erschaffenen Insel inmitten eines kleinen Sees in New World City. Sie musste über das Wasser, um das Eiland zu verlassen, aber dann würde sie sofort Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Und wo sollte sie auch hin? Unter der Kuppel war sie gefangen; alle Ausgänge waren verriegelt. Leute von außerhalb sollten dafür verantwortlich sein. Wahrscheinlich waren es dieselben, die dieses Video eingespielt hatten, das Menschen in Freiheit zeigte und eine Welt, in der Leben wieder möglich war, ohne Angst vor Verstrahlung haben zu müssen. Mel war in vieles eingeweiht, aber das hatte sie nicht gewusst.

Falls sie einen Weg hinaus gefunden hätte, würde sie vom Dschungel und dem Ozean eingeschlossen werden. Das endlose Meer umgab die Insel, auf der ihre Stadt stand. Mel hatte ohnehin keine Ahnung, wie sie da draußen überleben sollte, das hatte ihr niemand beigebracht.

Als die Bürger von der größten aller Lügen erfahren hatten – dass unter freiem Himmel keine Gefahr einer Verstrahlung mehr drohte und sie nur unter der Kuppel gefangen gehalten wurden, weil man sie dann besser kontrollieren konnte –, waren sie gemeinsam mit den Kriegern auf die Straße gegangen. Warrior waren genauso für dumm verkauft worden wie Leute aus dem gemeinen Volk. Der Senat hatte Krieger auf Plantagen arbeiten oder die Einwohner bespaßen lassen.

Am Anfang der Revolte hatte es noch ab und zu Nachrichten gegeben, jetzt schien in der Stadt nur Chaos zu herrschen. Es wurden lediglich grausame Hinrichtungen übertragen oder Reden von einem selbsternannten Warrior-Anführer, der sich Sabre nannte. Das war ein grobschlächtiger Hüne im Lendenschurz mit langen braunen, mit Perlen durchzogenen Haaren. In der Hand hielt er meistens ein großes Schwert, das er letzten Monat noch in der Arena geschwungen hatte, um Verbrechern den Kopf abzuschlagen. Er gab eine angsteinflößende Erscheinung ab und hielt nun ebenfalls alle Ausgänge verschlossen, angeblich, um die Menschen hier drinnen zu schützen, weil fremde Rebellen New World einnehmen wollten.

Mel wusste nicht, was sie noch glauben sollte, wer die Guten und wer die Bösen waren.

Sie rannte die letzten Stufen nach oben und stieß die Tür zum Dach auf. Dann verriegelte sie diese von außen und lief bis zum äußersten Ende, um sich hinter dem Entlüftungsturm der Klimaanlage zu verstecken. Dort hatte sie einen Rucksack mit Getränken und Essen deponiert, außerdem ein langes Küchenmesser. Als sie sich setzte und anlehnte, war sie vor Furcht außer Atem. Die körperliche Anstrengung spürte sie kaum; das war einer der wenigen Vorteile, wenn man kein gewöhnlicher Mensch war, sondern aus einer Huntress-Züchtung stammte. Leider galt sie nicht als perfekt. Ihre Stärke lag nur minimal über der einer menschlichen Frau und einige ihrer Sinne waren schärfer. Sie war »misslungen«, zumindest hatte Merik sie einst so bezeichnet, nachdem sie mit ihm Schluss gemacht hatte. Nun konnte sie nur hoffen, nicht entdeckt zu werden …

Sie ließ den Blick an der milchigen Kuppel über ihrem Kopf entlangschweifen, die die Stadt wie eine längliche, leicht gebogene Käseglocke von der restlichen Welt abschirmte. Wie mochte es da draußen sein? Wie fühlte es sich an, die Sonne auf der Haut zu spüren, natürliche Luft zu atmen und einer Menge Tiere und Insekten zu begegnen?

Sie sah hinunter auf die beleuchtete Stadt, die zu dieser späten Stunde beinahe friedlich wirkte. Die meiste Zeit des Tages verbrachte Mel auf dem Dach, um mit einem Feldstecher die Häuser und Uferpromenaden rund um den See im Auge zu behalten. Sie hatte in den letzten beiden Wochen schreckliche Dinge gesehen. Krieger hatten sich gegenseitig abgeschlachtet, Bürger hatten geschwächte Warrior getötet, und Wachleute killten sich sogar gegenseitig. Die Lebensmittelproduktion und -lieferung war zusammengebrochen, deshalb kam es zu Plünderungen. Für einen Energieriegel wurde gemordet.

Oh Gott, da draußen lebten mehrere zehntausend Menschen, darunter auch Kinder! Mel wollte sich nicht ausmalen, wie es ihnen ging.

Erneut griff sie zum Feldstecher, um zu beobachten, ob sich weitere Warrior der Insel näherten, aber der See lag spiegelglatt da, kein Boot war zu erkennen. Dank ihrer verbesserten Nachtsicht konnte Mel auch in den dunklen Winkeln erkennen, ob sich dort etwas tat, aber alles war still. Es wirkte beinahe wie die Ruhe vor dem Sturm.

Mel hatte sich gefragt, warum manche Krieger taumelten oder kränklich wirkten und fand nur eine Erklärung: Sie hatten keine Aufbau-Injektionen mehr und durchlebten offenbar einen heftigen Entzug – wahrscheinlich eine der gewollten Nebenwirkungen des Präparates, damit die Krieger nie vergaßen, ihre »Vitamine« zu nehmen.

Vor zwei Wochen war vermutlich das Lager in die Luft gejagt worden. Der Entzug machte die Warrior für einige Tage schwach und angreifbar. Leider hatte die Gruppe, die gerade das Gebäude stürmte, sehr gesund ausgesehen.

Als die Warrior das letzte Mal hier gewesen waren, hatten sie fast alles Personal, das sich in den obersten Stockwerken befunden und nicht mehr in Sicherheit hatte bringen können, getötet. Kriegerinnen waren auch unter ihnen gewesen, wie Mel auf den Überwachungsbildern erkennen konnte. Huntress … Wie waren sie nach New World City gekommen? Sie lebten schon ewig nicht mehr unter der Kuppel, sondern waren weggebracht worden! Wohin, wusste sie nicht.

Mel hatte so viele Fragen, doch um Antworten zu bekommen, müsste sie ihre Deckung verlassen. Sie wusste jedoch nicht, wem sie trauen konnte und ob überhaupt noch Bekannte von ihr lebten. Richtige Freunde hatte sie nie gehabt, ihr Leben hatte sie dieser Einrichtung und ihrer Arbeit als Betreuerin geopfert. Die dreißig Kinder waren ihre Familie gewesen. Mel vermisste sie schrecklich und hoffte inständig, dass es ihnen gut ging.

Sie versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen und ihren rasenden Puls zu beruhigen. Die genmanipulierten Superkrieger könnten sie mit ihren außerordentlichen Sinnen aufspüren. Leider kannte Mel kein Versteck, das hermetisch abgeriegelt war, außer dem Hochsicherheitstrakt im zehnten Stock, doch dafür hatte sie keinen Zugriffscode. Sie saß hier in der Falle.

Sie war keine von der ängstlichen Sorte, aber was sich seit einem halben Monat unter der Kuppel abspielte, versetzte sie in Panik. Sie wusste: Sollten die Warrior oder deren treue Anhänger sie aufspüren, würde sie nicht mehr lange leben. Schließlich war sie – zumindest offiziell – die Nichte eines Senators. Ehemaligen Senators … Er war geköpft worden; sie hatte die grausamen Bilder in den Nachrichten gesehen.

Den leblosen Körper von Murano, eines anderen Senators, hatte Mel persönlich gefunden, und zwar im Treppenhaus dieses Gebäudes. Man hatte ihm beide Augen entfernt … Es war nicht die einzige Leiche im Gebäude gewesen. Tagelang hatte Mel die Toten beseitigt und im Müllvaporisator entsorgt, bevor der Verwesungsprozess einsetzte. Es waren die schrecklichsten Tage ihres Lebens gewesen.

Werden sie mich gleich töten oder in der Show verheizen?, fragte sie sich.

Sabre hatte ein neues TV-Format ins Leben gerufen: Splatter Better. Vor laufenden Kameras wurden Frauen und Männer vergewaltigt, gefoltert, getötet. Es hatte sich kaum etwas zu früher geändert, nur dass jetzt alle Regierungsmitglieder und ihre Familien die Opfer waren. Die Bürger waren schon immer sensationsgeil gewesen und hatten die Shows geliebt – die meisten zumindest. Was mit den Kindern dieser Familien geschah, wusste Mel nicht. Von ihnen hatte sie nichts gehört.

Mel hatte die Shows auch ab und zu angeschaut – vor vielen Jahren, als sie noch jung und manipulierbar gewesen war. Sie hatte einen Lieblings-Gladiator gehabt und keine Kampfshow verpasst, in der er aufgetreten war und sich an Verbrechern abreagiert hatte, egal ob weiblich oder männlich.

Nun stand sie mit ihren dreiundzwanzig Jahren auch noch in der Blüte ihres Lebens, aber sie sah vieles in einem anderen...