Rave: Die Superkultur

von: Benjamin Franz Jochum

Bachelor + Master Publishing, 2015

ISBN: 9783958207868 , 63 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 29,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Rave: Die Superkultur


 

Textprobe: Kapitel 5.2, Die Subkultur: Fast nie abweichend von der These, dass sich eine Subkultur links von der Mitte des politischen Spektrums befindet, erstrebt Schwendter eine Erklärung, weshalb AkteureInnen einer gegebenen Subkultur sich als Opposition zur Hauptkultur definieren. Albert Cohen zufolge lehnen Gegenkulturen Maßstäbe und Wertungssysteme der herrschenden Mittelklasse direkt und ausdrücklich ab und erschaffen ihr eigenes Ersatzstatussystem innerhalb ihrer Gegenkultur. Dieses System beruht auf Handeln im gleichen Bezugsrahmen und einer hierauf folgenden Konformität. Auch diese oppositionellen Subkulturen bekommen nach einiger Zeit, wo sich Akteure mittels ihres Handelns auf Suggestionsniveau gegenseitig und gegen die Gesamtgesellschaft bestätigen, eher einen subkulturellen Status, als einen gegenkulturellen (Ebd. S. 24f). Eine passive Anomie in einer kulturellen Gruppierung - hier mit Gedanken an Durkheims Angst und Unzufriedenheit des sich in Anomie befindenden Individuums - kann zur Gruppenkultur werden und sich schließlich zur Subkultur formen. Die Unzufriedenheit wird deutlich und bewusst - wenn objektiv betrachtet, doch suggestiv bei den AkteurenInnen - zum Widerstreben gegen Moral und Normen der Hauptkultur. Somit schaffen sie ihre eigenen Normen, und unterscheiden sich somit auch von den Normen der Hauptkultur. Nach einiger Zeit können diese Subkulturen, wie z.B. Punks in den 80ern, mittels erhöhter Bewusstwerdung und steigender Information aus ihrer gegenseitigen Suggestion fallen und sich mehr und mehr wohlwollend oder nicht an die Hauptkultur anpassen (Ebd. S. 25). Diese Anpassung von Subkulturen mit ihren Kulturprodukten an die Hauptkultur vollzieht sich zumeist in alltäglichen Lebenswelten. Die Lebenswelt kann sowohl als eine ontologische als auch als eine individuelle Erlebnisstruktur beschrieben werden. Die Lebenswelt wird in kultureller Hinsicht als kulturell vorliegendes Erfahrungs- und Wahrnemungsmuster bezeichnet, d.h. dass nach Jürgen Habermas ' ... Lebenswelten den Hintergrund von Überzeugung und das Reservoir an Deutungsmöglichkeiten, auf deren Grundlage wir uns situativ verständigen und handeln.' bilden (Klein 2004, s.30). Das bedeutet wiederum, dass spezifische neue kulturelle Praxen, wie die einer neuen Subkultur, sowohl auf dem lokalem als auch auf dem globalem Niveau im Verhältnis zur Kultur gesehen werden müssen, um die Affinität der Anpassung einer Subkultur oder Gegenkultur, unter einem zeitgenössischen kulturindustriellen Blickwinkel zu betrachten und zu verstehen. Das Kulturindustriemodell von Adorno und Horkheimer tut der post-modernen Kulturgesellschaft somit nicht mehr ganz Genüge. Eine Wechselwirkung zwischen Kulturindustrie und dem anfangs subkulturellen später popkulturellen Phänomen Ravekultur muss bei der Betrachtung der Aneignung der Ravekultur und deren Kommerzialisierung mit einbezogen werden (Ebd. S. 29ff) Natürlich beschreibt das Werk 'Dialektik der Aufklärung' (Adorno/Horkheimer 1969) immer noch treffend die Kulturindustrie der letzten 60 Jahre, wo kein Zweifel herrscht, dass Popkultur Hochkapitalismus ist, aber dennoch ist dieses Phänomen - wie es sich unten aus dem analysierten Material herausstellt - nicht mehr eindimensional, sondern in einer komplexen Korrelation zwischen AkteureInnen und Industrie zu sehen. Theorien über Anpassung von Subkulturen, die auf gegenseitiger Suggestion beruhen, und früher oder später, ob sie wollen oder nicht, durch die Kulturindustrie einer Anpassung an die Hauptkultur unterworfen werden, werden nach Talcott Parsons unter dem Aspekt der 'normativen Ausrichtung des Handelns' weitergeführt (Schwendter 1978, s. 20). Bei Parsons werden Institutionen als 'Systeme oder Erwartungsmuster' gesehen. Diese Systeme sind Muster, die im alltäglichen Handeln so fest inkorporiert sind, dass sie als selbstverständlich aufgefasst werden. Parsons sieht in dieser legitimierenden Selbstverständlichkeit die Gefahr einer 'Verinnerlichung von Herrschaft', d.h. das nach Parsons Ansicht des Systemfunktionalismus eine Verinnerlichung von hauptkulturellen Elementen in einer gegebenen Subkultur auftreten könnten, weil die 'normative Ausrichtung des Handelns' eine inkorporierte Legitimation hat. Dies könnte wiederum eine mehr oder weniger eindimensionale Dynamik der Gruppenkultur im Verhältnis zur Hauptkultur mit sich führen (Ebd. 20ff).