Und Friede auf Erden - Karl May´s Gesammelte Werke Band 30

von: Karl May

Karl-May-Verlag, 1958

ISBN: 9783780217301 , 589 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Und Friede auf Erden - Karl May´s Gesammelte Werke Band 30


 

Das Bildnis der Ahnen (S. 496-497)

Am anderen Morgen, als wir den Tee in gemeinschaftli- chem Kreise genommen hatten, brachen wir nach Raffley- Castle auf. Es sollte geritten werden, natürlich erst von der Küste drüben aus. Pferde waren telefonisch bestellt worden. Nur für Waller gab es eine Sänfte, denn die Da- men blieben daheim, und Mary als die einzige weibliche Person, ritt tausendmal lieber, als dass sie sich tragen ließ. Die Überfahrt nach dem Festland geschah in geräumigen Booten.

Waller hatte die ganze, lange Nacht durchschla- fen und wachte auch nicht auf, als er von seinem Lager in die Sänfte, aus dieser in das Boot und dann aus diesem wieder in die Sänfte gebracht werden musste. Es fiel uns aber gar nicht ein, dies für ein bedenkliches Zeichen zu halten, wir waren ganz im Gegenteil sehr froh, dass es so stand.

„Er sammelt“, drückte sich Tsi in sehr bezeichnen- der Weise aus und hatte damit das Richtige gesagt. Als wir die Pferde bekamen, war niemand froher als mein Sejjid Omar. Er schwang sich sofort auf das für ihn be- stimmte, um uns zu zeigen, dass er nichts verlernt habe, doch forderte ich ihn auf, von einem chinesischen Reit- pferde keine arabischen Kunststücke zu verlangen. Wir hatten mandschurische Packgänger von durchweg dunkel- brauner Farbe, die der Chinese für die vornehmste hält, und durften nicht gestreckten Sitzes, sondern mit kurzen Bügeln und weit heraufgezogenen Knien reiten.

Da schüttelte der gute Sejjid den Kopf, behielt aber das, was er dach- te, bei sich selbst; er war gern höflich. Gestern hatte ich Fu und den Governor gebeten, gegen Mary Waller zu schweigen, um ihr nicht den Abend zu verderben und dann wahrscheinlich auch noch die Ruhe der Nacht zu rauben. Jetzt nun war es Zeit, ihr einen Wink über diesen ,Robert Waller, genannt Dilke‘, zu geben, und ich wartete, sie während des Rittes einmal ganz allein an meine Seite zu bekommen.

Der Morgen war ziemlich kühl, der Himmel bedeckt, also das Kreuz des Castle nicht zu sehen. Aber nach eini- ger Zeit erhob sich ein leises Lüftchen, das hier unten bei uns nach und nach stärker, in der Höhe aber zum Winde wurde und die Feuchtigkeiten zu Wolken ballte. Da kam Bewegung in die graue Schicht, die sich von dem Strahl der Sonne nicht durchbrechen lassen wollte. Wir ritten eben zwischen einigen reich tragenden Kauliang- feldern hindurch, die von fruchtbaren Obstbäumen eingefasst waren, als sich die Wolken plötzlich hoch oben über uns teil- ten.

Ein Strahlenkegel, wie aus einem in Himmelsnähe ste- henden Leuchtturm kommend, brach durch und fiel hi- nüber auf die Berge, gerade dahin, wo das Ziel unseres Rittes lag. Da flammte es augenblicklich auf, das Kreuz der Chris- tenheit. „In hoc signo vinces – in diesem Zeichen wirst du siegen.“ Jawohl, das ist richtig. Aber nicht mit kriegeri- schen Waffen, durch gewappneten Verrat und Überfall, sondern durch das Wort der Liebe und durch die friedli- che, versöhnende, ausgleichende Tat des Erlösers, die er wagte, als er öffentlich sprach: „Die Letzten werden die Ersten und die Ersten die Letzten sein!“ Gleichen Raum und gleiches Recht für jeden, der zur Menschheit gehört auf Erden!