Die Orestie: Tragödien - Agamemnon + Die Grabspenderinnen + Die Eumeniden

von: Aischylos

e-artnow, 2014

ISBN: 9788026805649 , 306 Seiten

2. Auflage

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 1,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Die Orestie: Tragödien - Agamemnon + Die Grabspenderinnen + Die Eumeniden


 

Die Grabesspenderinnen


(Choephoroi)


Personen.


Orestes

Pylades

Elektra

Klytaimestra

Kilissa

Aigisthos

Knechte

Chor der Mägde

Königspalast zu Argos. In der Mitte der Bühne Agamemnos Grab. Orestes und Pylades kommen in Wanderstracht und gehn zum Grabe; Orestes steigt die Stufen hinauf.

ORESTES.

O Grabeshermes, der dir beschiednen Macht gedenk, Sei Retter, sei Mitkämpfer mir, dem Flehenden!

In dieses Land gekommen bin ich, heimgekehrt, Und rufe meinen Vater hier am Grabesrand, Daß er mich anhört, meinen heilgen Schwur vernimmt!

(Denn dich zu rächen, Vater, bin ich heimgekehrt, Dein Sohn Orestes, der ich im fernen Phokerland, Verwaist der Heimat, durch der Mutter arge List Verstoßen, aufwuchs, daß ich dir einst Rächer sei; Mich aber sendet Loxias’ trugloser Spruch, Daß dir der Mörder wieder, dir die Mörderin, Dein Blut zu sühnen, fallen muß durch diese Hand.

So hör mich, Vater, schaue gnädig auf mich her, Daß ich erfülle deines Blutes heilig Recht, Wie mir der Gott es, Loxias es mir gebeut!

Ich aber weih dir ärmlich, trauerreich Geschenk, Des eignen Grames treuen Gruß auf deine Gruft; Zum ersten Male schnitt ich mir als Pflegedank) Die Scheitellocke für des Inachos Fluten ab, Zum zweitenmal jetzt meine Locke dir,

(Daß sie dir Zeugnis gebe, deines Blutes Sohn Sei heimgekommen, Vater, in dein teures Haus, Die Missetat zu rächen, zu erwerben sein Und seiner Schwester lang entwöhntes Erb und Recht!)

Aus der Tür der Frauenwohnung kommt der Chor, in schwarzen Kleidern und Trauerschleiern; in gleicher Mägdetracht Elektra.

Was dort erblick ich? Was bedeutet jene Schar Von Weibern, schwarzverhüllten, die sich trauernd nahn?

Auf welch Ereignis rat ich oder deut ich dies?

Betraf ein neuer Todesfall vielleicht das Haus?

Könnt ich vermuten, ihre Spenden brächten sie Für meinen Vater, für die Toten fromme Pflicht?

Nicht anders ist es; denn Elektra, glaub ich, selbst Geht dort mit ihnen, meine Schwester, tief gebeugt Vor Kummer. O Zeus! gib zu sühnen mir den Tod Des Vaters, sei mir gern ein Helfer meiner Tat! – Laß uns zurückgehn, Pylades, damit ich klar Erkennen könne, was bedeute dieser Zug!

Beide verbergen sich.

Erste Strophe

CHOR.

Entsandt dem Hause kam ich her,

Geleit der Spende mit der Hände wildem Schlag!

Die Wange blutet heiß in tiefen Rissen, Wiedergerissenen Nägelfurchen mir!

Und rastlos, weh, an Wehklage weid ich meinen Sinn!

Zu Fetzen reißt mein Kleid entzwei,

Zu linnezerrißnen in meinem Gram!

Mein schwarz Brusttuch, mein weitfaltiges Kleid Zerfetzt der ungewehrte Schmerz!

Erste Gegenstrophe

Denn furchtberedt, gesträubten Haars,

Des Hauses Träumedeuter, aufgeschreckt im Schlaf Zu neuem Graun, hat mitternächtgen Angstschrei, Mordgeschrei an dem Herde geschrien,

Zu uns ins Fraungemach taumelwild sich hineingestürzt.

Des Traumes Deuter sprachen dann

Und riefen zu Zeugen die Götter an:

Sehr voll Ingrimm sei’n, sehr zornig die Toten, Ihren Mördern wildempört!

Zweite Strophe

Und diese Liebe liebelos, die sühnen soll die Schuld, Io, Erde, Erde!

Spendet, sendet her das gottvergeßne Weib!

Mich bangt’s, auszustoßen dieses Wort!

Denn welche Sühne gibt es für vergossen Blut?

Io, du allbeweinter Herd!

Io, du untergrabnes Haus!

Ja, graungemieden, sonnenlos umhüllt tiefes Dunkel das Haus, Drin erschlagen der Herr ward!

Zweite Gegenstrophe

Ehrfurcht, versagt, verargt, gefährdet nimmer sonst, Dem Volk eingewohnt sonst

Tief in Ohr und Herzen – jetzt empört sie sich!

Voll Angst weiß ich eine! – Glücklich sein, Das gilt als Gott den Menschen und gilt mehr als Gott!

Ein letzter Schlag versieht das Recht

Urplötzlich dem am Tage noch,

Dem stürzt er lauernd im streitgen Licht der Dämmrung heimtückisch hervor, Nacht fängt andre, die nie tagt!

Dritte Strophe

Das Blut, von seiner Amme, Erde, aufgefahn, Gerann zum Racheblutmahl, nie verfließt es mehr; Voll Tücke verschiebt Ata sie noch, daß, wer es tat, Seh seines Jammers Blütenpracht!

Dritte Gegenstrophe

Wer frech sich fremdes Brautgemach erbrach, gesühnt Wird nimmer der; und strömte aller Ströme Flut Allseits her, bluttriefenden Mord

Hinwegzuspülen, doch umsonst strömten sie!

Epode

Doch ich – denn mir wiesen hier Magd zu sein Die Götter zu; fortgeschleppt vom Herd meiner Heimat Ward ich früh ins Los der Knechtschaft –, Ich muß, was recht, muß, was schlecht meine Herrschaft hat getan,

Ich muß, da mich Gewalt zwingt, es preisen, Muß meines Herzens Haß vergessen! – Ins Gewand verhüllt, umsonst bewein ich Meines Königs Los, verstein ich

Im verhaltnen Herzensgram!

ELEKTRA.

Ihr teuren Wärterinnen, vielgetreue Fraun, Mit mir gekommen seid ihr, dieses heilgen Zugs Geleiterinnen; drum so sagt mir euren Rat: Wenn auf das Grab ich gieße diesen Trauerguß, Wie soll ich freundlich sprechen? Wie zum Vater flehn?

Sag ich, von seiner lieben Gattin sei ich ihm, Dem lieben Mann, von meiner Mutter ich gesandt?

Dazu gebricht’s an Mut mir; und nicht weiß ich, wie Ich beten könnte, wenn ich auf des Vaters Grab Dies spende. Oder sag ich nach dem heilgen Brauch: Vergelten mög er denen, die ihm diesen Kranz Gesandt, vergelten auch der Bösen bös Geschenk?

Soll schweigend, schmachvoll, so wie einst mein Vater fiel, Ich gießen dieser Spende grabgetrunknen Guß, Die Schale dann, als wär sie unrein, gottverflucht, Wegschleudern abgewandten Blicks und wieder gehn?

So wollt mir raten, Teure, was ich möge tun; Ist uns gemeinsam doch der Haß in jenem Haus!

Nicht bergt’s in eurem Herzen, irgendwie besorgt; Denn sein Verhängnis harrt des Freien ebenso Wie des von fremden Siegers Hand geknechteten.

So sprich, wenn du mir Beßres weißt, als ich gesagt!

CHORFÜHRERIN.

Gleich einem Altar ehrend dir des Vaters Grab, Sag ich, du willst es, was ich im tiefsten Herzen denk.

ELEKTRA.

So sag mir, wie wohl ehrtest du des Vaters Gruft?

CHOR.

Zur Spende segne, die ihm treu gesinnet sind.

ELEKTRA.

Wen aber von den Seinen darf ich nennen so?

CHOR.

Zuerst dich selbst und jeden, der Aigisthos haßt.

ELEKTRA.

Für mich und dich denn sag den Segen ich zuerst?

CHOR.

Vergiß Orest nicht, weilt er auch im fremden Land.

ELEKTRA.

Vor allem; du gemahnst mich an das Teuerste!

CHOR.

Und dann den Tätern, wann du an den Mord gedenkst – ELEKTRA.

Was dann? Belehr mich, sag es mir, ich weiß es nicht!

CHOR.

Sag, ihnen kommen werd ein Gott einst oder Mensch – ELEKTRA.

Meinst du, der sie richten oder der ihn rächen wird?

CHOR.

Du sprichst es einfach: der den Mord mit Mord vergilt!

ELEKTRA.

Doch ist es fromm auch, von den Göttern das zu flehn?

CHOR.

Warum denn nicht soll büßen seine Schuld der Feind?

ELEKTRA.

Du höchster Herold hier im Licht, im Hades dort, O Grabeshermes, hör mich und erwecke mir Des Schattenreichs Gottheiten, daß sie hören mein Gebet, die Hüter über meines Vaters Blick, Und auch die Erde, die gebieret alles Ding, Und was sie aufzog, wieder dessen Keim empfängt; Ich gieße diese Spenden für die Toten aus Und rufe dich, mein Vater, mein erbarme dich Und deines Sohns Orestes. Herrschten wir im Haus!

Denn sieh, verstoßen leben wir und wie verkauft Von unsrer Mutter; den Aigisthos hat sie sich Zum Mann erlesen, der dich mit erschlagen hat; Und einer Magd gleich hält sie mich; Orestes ist Verjagt aus seinem Erbe, während sie in Prunk Und eitler Wollust deines Schweißes Frucht vertun!

Daß heim Orestes gottgeleitet kehren mag, Drum fleh ich dich an, Vater, du erhöre mich!

Mir aber gib du, daß ich tugendhafter sei Denn meine Mutter, reinen Wandels, reiner Hand!

Für uns gebetet hab ich dies; den Feinden nun Erscheint, ich weiß es, einer, der dich, Vater, rächt, Auf daß die Mörder wieder morde ihr Gericht; Und sei mir laut bezeuget, wie für bösen Fluch Ich ihnen wiederfluche diesen bösen Fluch!

Du aber send uns alles Heil empor, mit dir Die Götter und die Erd und Dike Siegerin!

Für diese Bitte spend ich diesen heilgen Guß; Ihr aber flechtet eurer Klage Totenkranz Und weihet meinem Vater frommen Grabesgruß!

CHOR.

Weinet die Träne, die rieselnde, sterbende, Ihm, der starb, unsrem Herrn,

Zu dieser Spende Born,

Der Bösen nichtiger, schnöder Beschwichtigung Wider der Edlen Zorn!

Höre du, mich höre du,

O Herr und Fürst, in deiner grabstillen Ruh!

Wehe ruf ich jammernd aus!

Wehe, welcher Speeresheld

Wird Befreier diesem Haus?

Der Skythe, dem in des Kampfes wilder Hast Schwirrenden Pfeiles Flug

Vom rückschnellenden Bogen blinkt,

Der griffgefaßt sein nacktes Schwert blutig schwingt?

ELEKTRA.

Mein Vater hat nun seinen erdgetrunknen Guß – Doch sieh! Zu diesem neuen Wunder ratet mir!

CHORFÜHRERIN.

O...