Archetypen - Wer bist du? - Erkenne dich selbst und lebe deine Kraft

von: Caroline Myss

Integral, 2014

ISBN: 9783641125134 , 352 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Archetypen - Wer bist du? - Erkenne dich selbst und lebe deine Kraft


 

DAS NEUE INNERE NETZWERK DER ARCHETYPEN

Wenn ich zu Ihnen sage würde: »Sehen Sie den Mann da drüben? Er ist mein Held!«, oder: »Diese Frau ist die ideale Mutter«, wüssten Sie sicher ganz genau, was ich Ihnen über diese beiden Menschen mitteilen will, die Sie noch nie im Leben gesehen haben. Mit nur zwei Begriffen – »Held« und »Mutter« – kann ich in Ihnen die Türen zu zwei umfangreichen Archiven voller Mythen und Symbole öffnen, die Sie automatisch mit diesen Begriffen in Verbindung bringen. Innerhalb von Sekunden sind diese beiden Menschen für Sie keine Fremden mehr, denn Ihre Psyche verknüpft sie mit Geschichten, Märchen und mit Ihren eigenen Erinnerungen. Der Mann verwandelt sich für Sie sofort in einen superstarken Helden, der sich jedem Gegner in den Weg stellen kann. Obwohl Sie sonst nichts von ihm wissen, würden Sie ihm sofort vertrauen. Schließlich verraten Helden ja nicht die Frau, die zu retten sie ausgesandt wurden – jedenfalls nicht in den Märchen, die wir kennen und lieben, oder?

Nehmen wir an, unser Held ist ein »einsamer Wolf«-Typ – einzelgängerisch, ernsthaft und treu –, in den Sie sich Hals über Kopf verlieben (selbstverständlich ist er treu, denn wer mit anderen Frauen anbandelt, kann kein echter Held sein). Jede Frau sehnt sich nach einem solchen Helden – angefangen von den griechischen Kriegern wie Herkules, Odysseus und Achilles über Sagengestalten wie Robin Hood oder Wilhelm Tell bis hin zu Einsatzkräften, die ihr Leben riskierten, um Terroristen wie Osama bin Laden unschädlich zu machen. Sie begeistern uns mit ihren Heldentaten. Und mittlerweile haben wir unsere Vorbilder an Heldenmut um zeitgenössische Öko-Aktivistinnen wie Karen Silkwood oder Erin Brockovich erweitert. Ihre Stärke ermutigt uns, selbst mehr Mut aufzubringen.

Helden und Heldinnen sind heute die beliebtesten Filmfiguren. Wer einen Film über Batman, Spider-Man, Superman oder Wonder Woman dreht, kann sich sicher sein, dass er einen Kassenschlager landet. Warum? Die Antwort ist einfach: Wir lieben unsere Heldinnen und Helden nicht nur, wir brauchen sie auch. Eine Gesellschaft ohne Helden ist eine besiegte Gesellschaft. Sie sind unsere Machtikonen, die der Welt signalisieren, dass wir als Nation unbesiegbar sind.

Auch Sie haben mindestens einen Helden. Wenn nicht, dann sehnen Sie sich wenigstens nach einem. Sie sind vielleicht nicht unbedingt daran interessiert, dass Ihre Lieblingscomicfigur zum Leben erwacht, doch die Vorstellung, dass da jemand Zuverlässiges ist, der in einer brenzligen Situation rettend herbeigaloppiert kommt – psychologisch, wenn nicht gar wörtlich –, steht bei den meisten Menschen auf ihrer Liste von Voraussetzungen für ein glückliches und sicheres Leben ganz weit oben. Jeder Mensch trägt in sich dieses Bedürfnis nach wie auch immer gearteten Helden, weil es in unserem emotionalen Erbgut festgeschrieben ist. Was wir als unsere menschliche Natur bezeichnen, ist auch unsere archetypische Natur. Manche Eigenschaften und Charakteristika sind typisch menschlich: gegenseitige Fürsorge, Schutz des Nachwuchses, Loyalität, die Fähigkeit zu lieben, das Bedürfnis, Heim und Familie zu beschützen. Und alle diese angeborenen menschlichen Eigenschaften kommen in den Archetypen zum Ausdruck, in diesen universellen, unpersönlichen, uns zutiefst beeinflussenden Mustern, die ihren Sitz im kollektiven Unbewussten haben – in der, wie man es ausdrücken könnte, Psyche unserer Spezies, die wir alle miteinander teilen.

Oder nehmen wir den Archetypus »ideale Mutter«. Sie brauchen die Frau, von der ich spreche, nicht persönlich kennenzulernen, um Ihre Vorstellungskraft zum Leben zu erwecken. Allein das Wort »Mutter« weckt in uns ein kraftvolles Bild, insbesondere in unserer Gesellschaft, in der wir diesen Archetypus durch die Werbung über seine bereits tief in uns verwurzelte emotionale Bedeutung hinaus verstärkt haben. Sobald wir jemanden von einer vollkommenen Mutter schwärmen hören, entsteht in uns das Bild von einer großartigen Köchin mit einem ordentlichen, schönen Zuhause, die ihren Kindern bei den Hausaufgaben hilft, sie zu ihren Sportwettkämpfen begleitet, sie bei der Lösung ihrer Probleme unterstützt, ihre übernachtenden Freunde liebevoll mitversorgt und reichlich Schokoladenkuchen backt. Selbst wenn das Wort »Mutter« bei Ihnen schmerzhafte Erinnerungen an eine nicht ganz so vollkommene Kindheit auslöst, ist die Projektion der idealen Mutter dennoch fest in Ihre Psyche eingepflanzt.

Wie kommt es aber, dass Begriffe wie »Held« oder »ideale Mutter« derart lebhafte visuelle, emotionale, geistige und mythische Informationen in uns zum Leben erwecken? Sie haben diese Macht, weil sie Archetypen sind, im Unbewussten angelegte psychische Muster. Auch wenn Archetypen kollektive Symbole sind, die alle Mitglieder einer Kultur teilen, vermögen sie uns als persönliche archetypische Muster individuell anzusprechen. Diese persönlichen archetypischen Muster bilden die Basis unserer Überzeugungen, Triebe, Motivationen und Handlungen. Sie organisieren und energetisieren alle zwischenmenschlichen Beziehungen in unserem Leben. Während der Kindheit sind Archetypen die machtvollen Bilder und Vorbilder, mit denen wir uns identifizieren: Sportler, Künstler, Schauspieler, Prinzessin und sogar Opfer oder Vampir stehen für komplexe Geschichten oder Mythen, von denen wir uns vorstellen, dass sie sich irgendwie in unserem eigenen Leben ereignen könnten. Wir fühlen uns von Filmen, Büchern und Videospielen angezogen, in denen Figuren vorkommen, die unseren inneren Kraftbildern ähneln. Kleine Mädchen verkleiden sich als Prinzessin oder als Wonder Woman, kleine Jungen als Batman oder Krieger. Die archetypische Identifikation beginnt früh im Leben.

Während des Heranwachsens binden wir diese Muster in unser Leben ein und leben damit unbewusst entsprechend unserer Archetypen. Ich stelle mir die Archetypen als unsere energetischen Gefährten vor. Von Geburt an leben wir nach den archetypischen Mustern, die in unserer Psyche angelegt sind. Wir Menschen lieben Muster, denn sie bringen Ordnung in unser Leben. Wir suchen unsere Umwelt unablässig nach irgendwelchen wiedererkennbaren Mustern ab, insbesondere unsere Mitmenschen, denn intuitiv wissen wir: Wenn wir die Verhaltensmuster des anderen nachvollziehen können, dann verstehen wir auch, welches Verhältnis diese Person zu sich selbst, zu ihrem Leben und zu uns hat. Wir begreifen einen Menschen besser, wenn wir wissen, dass er beispielsweise im Wesentlichen ein archetypischer Intellektueller ist; das erklärt dann beispielsweise, warum diese Person fremdsprachige Filme mag oder gern Biografien über große historische Persönlichkeiten liest. Andererseits wissen wir es unsererseits zu schätzen, wenn unsere Freunde uns als archetypischen Sportler erkennen, denn dann müssen wir nicht mehr erklären, warum ein tägliches Training für unser körperliches, mentales und emotionales Wohlbefinden so wichtig ist. Sport ist dann mehr als ein Hobby, Sport ist Bestandteil unseres Persönlichkeitskerns.

Es mag Ihnen nicht bewusst sein, doch Sie haben von Kindesbeinen an Ihre Mitmenschen auf ihre archetypische Energie hin überprüft – nur bezeichnen Sie es vielleicht als Einordnen oder Beurteilen, wenn die Etikettierung negativ ausfällt. Bei der Beobachtung von Menschen geht es um nichts anders als um die Einordnung Fremder in ein archetypisches Bezugssystem, wodurch man sofort Informationen über sie gewinnt. Bei einer solchen ersten Einschätzung eines Menschen sucht man nach den weitverbreiteten Eigenschaften, die die Zugehörigkeit einer Person zu bestimmten Archetypen sofort verraten. Der archetypische Bösewicht hat Tätowierungen, die sein knallhartes Selbstbild zeigen. Der Vampir hat ein Flackern in den Augen, an dem sich ablesen lässt, dass er gleich jemanden energetisch aussaugen muss. Die Diva ist selbstverständlich nahezu unverwechselbar. Auch die archetypische Augenweide ist leicht erkennbar, während der barmherzige Samariter schon etwas schwerer zu ermitteln ist. Man weiß nie genau, welche anderen Eigenschaften er außerdem noch hat, und genau das ist typisch für diesen Archetypus.

Wir sind unablässig damit beschäftigt, diese intuitiv aufgenommenen energetischen Schnappschüsse von unseren Mitmenschen in unser archetypisches Musterbuch einzuordnen, und können gar nicht anders, als die Archetypenzugehörigkeit der anderen wahrzunehmen. Dieser Mechanismus ist Bestandteil unserer intuitiven Überlebensstrategien. Wir vertrauen Mustern, die wir kennen, und nehmen die erkannten Archetypen intuitiv wahr. Bringen wir jemandem kein Vertrauen entgegen, dann deshalb, weil es uns nicht gelingt, seinen Archetypus zu ermitteln, oder weil wir bereits jemandem mit diesem Archetypus begegnet sind und uns sein Verhalten nicht gefallen hat.

Es ist uns bestimmt, unsere Archetypen zum Ausdruck zu bringen, ebenso wie es uns bestimmt ist, zu krabbeln, zu gehen und miteinander zu kommunizieren. Archetypen, Symbole und Mythen sind Aspekte unserer intuitiven Intelligenz. Unsere natürliche Intuition ist uns gegeben worden, weil sie für unser Überleben unverzichtbar ist. Die Kampf-oder-Flucht-Reaktion sowie das hochreaktive »Bauchgefühl« sind Beispiele für unsere organische intuitive Intelligenz, auf die wir im Alltag ununterbrochen angewiesen sind. Auf ähnliche Weise nehmen Sie Archetypen intuitiv wahr, auch wenn es Ihnen vielleicht nicht bewusst ist,...