Die drei !!!, 34, Brandgefährlich! (drei Ausrufezeichen)

von: Maja von Vogel

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2013

ISBN: 9783440140383 , 128 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,99 EUR

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Die drei !!!, 34, Brandgefährlich! (drei Ausrufezeichen)


 

Ortstermin im Ostviertel

»Ist es noch weit?«, fragte Franzi. Sie zog fröstelnd die Schultern hoch, als ein eisiger Windstoß über die Straße fegte.

»Keine Sorge, wir sind gleich da«, beruhigte Marie ihre Freundin.

»Diese Kälte geht mir echt auf die Nerven«, schimpfte Kim, die zwischen Franzi und Marie über den Bürgersteig stapfte. »Wir sind hier doch nicht am Nordpol!« Ihre Stimme klang etwas dumpf, weil sie sich ihren geringelten Lieblingsschal über Mund und Nase gezogen hatte. Seit es in der ersten Februarwoche einen plötzlichen Wintereinbruch gegeben hatte, fielen die Temperaturen nachts auf minus 15 Grad und tagsüber wurde es kaum wärmer.

Marie sog die klare Luft ein. »Wenigstens kann ich meinen neuen Wintermantel anziehen.« Zufrieden zupfte sie am Kragen ihres wollweißen Kamelhaarmantels. Dazu trug sie, natürlich farblich passend, eine kuschelige Strickmütze, unter der ihre langen Haare hervorschauten, Wollschal und Handschuhe. Nur ihre kniehohen Lederstiefel waren dunkelbraun. Maries frisch gewaschene Haare glänzten wie pures Gold in der fahlen Sonne, die von einem eisblauen Himmel schien. Sie sah aus wie ein Model, das Werbung für Winterurlaub machte. »Übrigens, Kim, was schleppst du eigentlich in dieser riesigen Tasche mit dir herum?« Marie zeigte auf die unförmige Umhängetasche, die ihre Freundin über der Schulter trug.

»Ach, nichts weiter.« Kim versuchte, ein harmloses Gesicht zu machen, was ihr aber nicht besonders gut gelang. Franzi unterdrückte ein Grinsen. Im Lügen war Kim schon immer ziemlich schlecht gewesen. Zum Glück hakte Marie nicht weiter nach, sondern bog in eine kleine Sackgasse ab.

Vornehme Ruhe lag über der Straße. Kein Mensch war zu sehen, kein Geräusch zu hören. Nur die Absätze von Maries Stiefeln klapperten weithin hörbar über das Pflaster. Rechts und links träumten geräumige Villen in großen Gärten mit altem Baumbestand vor sich hin. Hohe Hecken und weiß gestrichene Steinmauern schirmten die Häuser vor neugierigen Blicken ab. Alles wirkte sehr gepflegt.

Franzi fiel auf, dass fast jedes Haus mit einer Alarmanlage gesichert war. Als Detektivin hatte sie einen Blick für Details. Denn wenn Franzi nicht gerade auf ihrem geliebten Pony Tinka ausritt oder mit ihren Inline-Skates durch die Gegend düste, löste sie mit Kim und Marie knifflige Kriminalfälle. Als Die drei !!! hatten sie schon zahlreiche Verbrecher dingfest gemacht. Mehr als einmal waren sie dabei in brenzlige Situationen geraten, aber das machte Franzi nichts aus. Im Gegenteil, sie liebte den Nervenkitzel der Gefahr.

Doch seit ihrem letzten Fall, den die drei !!! vor ein paar Wochen im Skiurlaub in Österreich gelöst hatten, war der Detektivclub arbeitslos. Eine gute Gelegenheit, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, fand Franzi, zum Beispiel mit Maries Umzug ins vornehme Ostviertel, der allmählich näher rückte. Heute wollte Marie ihren Freundinnen endlich zeigen, wo sie demnächst wohnen würde.

Franzi reckte neugierig den Hals. »Welches Haus ist es?«

»Die letzte Villa, direkt am Waldrand.« Marie beschleunigte ihre Schritte. »Kommt schon! Ich bin wahnsinnig gespannt, wie ihr sie findet.«

Kurze Zeit später standen sie vor einem schmiedeeisernen Zaun mit verschnörkelten Ornamenten, der früher einmal schwarz gewesen sein musste, inzwischen aber zahlreiche Rostflecken aufwies. Dahinter lag ein großer, verwilderter Garten, der einen krassen Gegensatz zu den gepflegten Nachbargrundstücken bildete. Alte, knorrige Buchen reckten ihre kahlen Zweige gen Himmel. Dazwischen wuchsen kleinere Tannen und Fichten, deren Nadeln mit weißem Raureif bedeckt waren, und dichte Rhododendronbüsche. Der Boden war von einer Schicht gefrorenem Laub bedeckt, das hier noch niemand zusammengeharkt hatte.

Hinter den Bäumen erhob sich majestätisch das schönste Haus, das Franzi je gesehen hatte. Dass der weiße Putz an vielen Stellen abgebröckelt war, nahm dem Gebäude nichts von seiner Würde. Rechts und links ragten zwei kleine Türmchen in die Höhe, die der alten Villa etwas Schlossähnliches gaben. Außerdem verfügte sie über zahlreiche Erker, mehrere Balkone und wunderschöne, mit verschnörkelten Steinelementen verzierte Giebel.

»Und?«, fragte Marie ungeduldig. »Warum sagt ihr nichts? Gefällt euch die Villa nicht?«

Franzi schüttelte nur stumm den Kopf, während Kim herausplatzte: »Das ist keine Villa, sondern ein Schloss!«

Marie grinste. »Das hat Tessa bei der ersten Besichtigung auch gesagt. Sie fand es ja etwas übertrieben, in so einen großen Kasten zu ziehen, aber Lina und ich haben sie schließlich überzeugt.«

Tessa war die Lebensgefährtin von Herrn Grevenbroich, dem Vater von Marie, und Lina ihre zwölfjährige Tochter. Erst hatte Marie die beiden nicht ausstehen können, aber inzwischen fand sie Tessa ganz okay. Nur Lina ging ihr manchmal noch ziemlich auf die Nerven, besonders wenn sie mal wieder heimlich in Maries Kleiderschrank wühlte, stundenlang das Bad blockierte oder in ein Detektivclub-Treffen platzte.

»Wer hätte gedacht, dass du mit Lina mal an einem Strang ziehen würdest?« Franzi lachte.

Marie verzog das Gesicht. »Ich vermutlich am allerwenigsten. Aber was die Villa betrifft, waren Lina und ich ausnahmsweise einer Meinung. Das Haus ist einfach ein Traum! Kommt mit, ich zeig euch alles.«

Marie führte ihre Freundinnen durch ein offen stehendes Tor auf das Grundstück. Vor der Villa befand sich ein kreisrunder Platz mit einem kleinen Springbrunnen in der Mitte, der aber sicher schon lange kein Wasser mehr gespuckt hatte. Stattdessen war er randvoll mit vermodertem Laub. Neben dem Brunnen parkte ein schwarz glänzender Sportwagen.

»Das wird der Makler sein«, stellte Marie mit Blick auf das Auto fest. »Papa hat ihn gebeten, die Heizung ein bisschen aufzudrehen, damit die Wasserrohre nicht einfrieren. Solange er hier ist, können wir einen kleinen Rundgang machen.«

»Super!« Kim stieg die Steintreppe zur Eingangstür hinauf, die von zwei Säulen eingerahmt wurde. »Steht das Haus schon lange leer?«

»Seit letztem Sommer«, antwortete Marie. »Die frühere Besitzerin, eine alte Dame, musste ins Altenheim. Sie hat viele Jahre allein hier gelebt. Darum sind Haus und Garten auch ein bisschen heruntergekommen. Ihr Sohn wohnt im Ausland und ist nur selten hier.«

Sie betraten eine große Eingangshalle, die mit dicken Teppichen ausgelegt war und etwas düster wirkte. An den Wänden hingen Ölgemälde und es roch staubig. Von der Halle gingen mehrere Türen ab. Eine geschwungene Holztreppe führte in den ersten Stock. Durch eine hohe Flügeltür gelangten sie ins Wohnzimmer, wo ihnen der Makler entgegenkam, ein kleiner, dicker Mann mit Halbglatze und Knollennase.

»Hallo, Herr Frohoff«, begrüßte ihn Marie. »Stört es Sie, wenn wir uns ein bisschen umschauen? Ich möchte meinen Freundinnen gerne unser neues Zuhause zeigen.«

»Keineswegs!« Der Makler schüttelte Maries Hand. »Lasst euch Zeit, ich habe hier sowieso noch zu tun.« Er lächelte kurz in Franzis und Kims Richtung, dann verschwand er in die Halle.

»Das Wohnzimmer ist ja riesig!«, stellte Kim beeindruckt fest.

Franzi nickte. »Ein richtiger Ballsaal.«

Der hohe Raum war mit Antiquitäten aus dunklem Holz vollgestopft. Auch hier bedeckten staubige Teppiche den Boden und an den Fenstern hingen schwere Vorhänge. Von der mit hübschen Stuckelementen verzierten Decke hing ein mächtiger Kronleuchter, dessen Kristallelemente in der Sonne glitzerten.

»Das Zimmer ist natürlich völlig überladen«, sagte Marie. »Aber stellt es euch mal ohne Teppiche und Gardinen und mit unseren Möbeln vor.«

»Das wird bestimmt super«, bestätigte Franzi.

»Wann soll der Umzug denn stattfinden?«, erkundigte sich Kim.

Marie zuckte mit den Schultern. »Das steht noch nicht fest. Der Kaufvertrag liegt gerade zur Prüfung bei Papas Anwalt. In zehn Tagen ist der Notartermin, dann gehört die Villa uns. Aber bevor wir hier einziehen können, muss hier noch einiges gemacht werden. Papa und Tessa wollen das Haus komplett sanieren lassen: neue Fenster, neue Heizungsanlage, Außen- und Innenanstrich, neue Bäder …«

»Oje, das dauert ja noch ewig«, sagte Franzi. »Du kannst es bestimmt kaum erwarten, oder?«

»Natürlich freue ich mich sehr darauf, hier zu wohnen, aber andererseits …« Marie seufzte und ein Schatten huschte über ihr Gesicht.

»Andererseits fällt dir der Abschied vom Penthaus auch nicht leicht«, beendete Kim den Satz. »Stimmt’s?«

Marie nickte. »Es hängen so viele Erinnerungen daran, vor allem an meine Mutter. Ich habe das Gefühl, als würde durch den Umzug das Band zwischen uns endgültig durchtrennt.«

Maries Mutter war gestorben, als Marie noch ganz klein gewesen war. Seitdem hatte sie mit ihrem Vater allein gelebt, bis er vor einer Weile Tessa kennengelernt hatte. Herr Grevenbroich hatte sich nach dem frühen Tod seiner Frau in die Arbeit gestürzt und seine Karriere als Schauspieler vorangetrieben. Inzwischen war ihm längst der Durchbruch gelungen, vor allem durch seine Rolle als Kommissar Brockmeier in der Vorabendserie Vorstadtwache. Sein großer beruflicher Erfolg erlaubte ihm und Marie ein Leben ohne finanzielle Sorgen, allerdings war er auch viel unterwegs. Doch wenn er zwischen seinen zahlreichen Filmprojekten freihatte, trug er Marie stets auf...