Das Betriebssystem erneuern - Alles über die Piratenpartei, Auskopplung - Kapitel: Das Piratenprogramm - Mut zur Lücke

von: Stefan Appelius, Armin Fuhrer

Berlin Story Verlag, 2012

ISBN: 9783863687137 , 50 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 0,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Das Betriebssystem erneuern - Alles über die Piratenpartei, Auskopplung - Kapitel: Das Piratenprogramm - Mut zur Lücke


 

Die Piraten, so kann man es in ihrem Programm nachlesen, betrachten den Schutz der persönlichen Daten des Einzelnen gewissermaßen als Schutzmauer der Würde des Menschen. Sie greifen dabei insbesondere auf die Erfahrungen der jüngeren deutschen Geschichte zurück. "Allein das 20. Jahrhundert kennt in Deutschland zwei Diktaturen, deren Schrecken wesentlich durch den fehlenden Respekt vor dem einzelnen Menschen und durch die allgegenwärtige Kontrolle gekennzeichnet war. Von den technischen Mitteln heutiger Zeit haben aber die Diktatoren aller Zeiten nicht einmal zu träumen gewagt."74 In der Tat hätte beispielsweise die Staatssicherheit der DDR mit den heutigen Mitteln der technischen Datenerfassung bei der Überwachung der Bürger noch erheblich effektiver arbeiten können, als sie es ohnehin schon mit ihrem System von Karteikarten tat. Die überwachte Gesellschaft entstehe derzeit allein dadurch, dass sie technisch möglich geworden ist, glauben die Piraten. An dieser Stelle stehen ausdrücklich Staat und Wirtschaft, die sich beispielsweise über die Internet-Giganten Google oder Facebook tiefen Einblick in die Privatsphäre der Menschen verschafft, gemeinsam am Pranger. "Die Piratenpartei sagt dieser Überwachung entschieden den Kampf an"75. In der Tat - an diese Ankündigung hält sich die Partei strikt.
Die Piratenflagge steht zum Beispiel stramm im Wind, wenn es gegen die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung geht. Sie widerspricht nach Auffassung der Partei nicht nur der Unschuldsvermutung, "sondern auch allen Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft". Im Piraten-Wiki, der Homepage der Partei, wird die Vorratsdatenspeicherung als "Wahnsinn" bezeichnet, den es aufzuhalten gelte.76 Immerhin hatte die Partei in dieser Frage einen einflussreichen Verbündeten: das Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter verwarfen Teile des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung von 2008 zwei Jahre später als verfassungswidrig, weshalb FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Juli 2011 ein neues, entschärftes Gesetz vorlegen musste, über das im Mai des folgenden Jahres noch immer keine Einigkeit mit der Union hergestellt war. In den Augen der Karlsruher Richter sah das von ihnen aufgehobene Gesetz mit der anlasslosen Speicherung umfangreicher Daten sämtlicher Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste keine konkreten Maßnahmen zur Datensicherheit vor; zudem seien die Hürden für staatliche Zugriffe auf die Daten zu niedrig gewesen. Eine Vorratsdatenspeicherung verstoße allerdings nicht generell gegen das Grundgesetz, betonte das höchste deutsche Gericht.