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Das Betriebssystem erneuern - Alles über die Piratenpartei, Auszug des kompletten Titels - Kapitel: Die Digitale Revolution - Neue Politik in einer neuen Zeit, Kommunalpiraten - Pragmatiker vor Ort, Die Pirateninternationale, Ausblick - Eine Chance f


 

Regierungen der industriellen Welt, ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes. Im Namen der Zukunft bitte ich Euch, Vertreter einer vergangenen Zeit: Lasst uns in Ruhe! Ihr seid uns nicht willkommen. Wo wir uns versammeln, besitzt ihr keine Macht mehr."1 Was an eine Sequenz aus Star Wars erinnert, nennt sich Unabhängigkeitserklärung des Internets. Verfasst von dem Internetpionier John Perry Barlow und veröffentlicht am 8. Februar 1996, gab diese Erklärung wohl tatsächlich die Meinung und die Besorgnis der zu diesem Zeitpunkt noch überschaubaren, aber zugleich schon weltweit vernetzten Internetgemeinde wieder. Konkret richtete sie sich gegen Versuche der Administration von US-Präsident Bill Clinton, die Zensur im Netz auszubauen, doch der Text hatte eine allgemeine Bedeutung und griff beispielsweise auch die Regierungen Chinas und Deutschlands an. Niemand hatte Berry ermächtigt, für die internationale Netzgemeinde zu sprechen, wie er selbst wortreich eingestand. Gleichwohl ist dieser Text heute durchaus als eine Erklärung von allgemeiner Gültigkeit anerkannt.
Der Vorgang zeigt: Es gibt keine Autorität im Internet, keine Regierung der digitalen Welt. Die internationale Netzgemeinde erscheint wie ein Schwarm von Fischen, die sich, ohne auf irgendein erkennbares Zeichen zu reagieren, plötzlich in eine Richtung bewegen. Die Piratenpartei versucht, wie solch ein Schwarm zu funktionieren, mit einer starken Basis und unter Verzicht auf Hierarchien. Sie spricht daher auch von Schwarmintelligenz, die besser zur Lösung von Problemen geeignet sei als die Entscheidungsfindung mit Delegierten und gewählten Führungen mit echter Leitungsfunktion. Barlows Erklärung zeigt zudem noch etwas anderes. Schon in der Frühzeit des Internets fühlte sich die im Entstehen befindliche globale Netzgemeinde durch die analoge Welt bedroht. Sie fürchtete, dass deren Regeln und Gesetze in ihre Welt übertragen werden könnten. Sie aber wollte nach ihren eigenen Regeln leben, und das bedeutete vor allem: in möglichst größter Freiheit.