Die drei !!!, 23, Undercover im Netz (drei Ausrufezeichen)

von: Maja von Vogel

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2012

ISBN: 9783440135112 , 128 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,99 EUR

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Die drei !!!, 23, Undercover im Netz (drei Ausrufezeichen)


 

Mission: Shoppen bis zum Umfallen

Es war ein grauer Samstagnachmittag im Oktober und es regnete. Das Einkaufszentrum war brechend voll. Gestresste Mütter, die plärrende Kinder hinter sich herzerrten, mit zahllosen Tüten beladene Familienväter, kichernde Teenager und ältere Damen mit Shoppingtrolleys schoben sich langsam durch die Gänge. Die Stimmen der Besucher vermischten sich mit seichter Popmusik, die aus den Lautsprechern an der Decke drang. Zwischendurch verkündete eine sanfte Damenstimme die neuesten Sonderangebote und Verkaufsaktionen der einzelnen Geschäfte.

»Puh, ist hier viel los!« Franzi verzog das Gesicht, als sie hinter ihren Freundinnen Kim und Marie das Einkaufszentrum betrat. »Und die Luft ist zum Schneiden.« Sie öffnete den Reißverschluss ihrer Windjacke und zog die Gummibänder fest, die ihre kurzen, roten Zöpfe zusammenhielten.

»Wir sind offenbar nicht die Einzigen, die auf die Idee gekommen sind, bei diesem Mistwetter bummeln zu gehen.« Kim strich sich ein paar Regentropfen aus ihren dunklen Stirnfransen. »Vielleicht sollten wir uns gleich ins Eiscafé verziehen, bevor wir von den Besuchermassen überrollt werden.«

»Auf keinen Fall«, sagte Marie entschieden. »Wir haben heute eine wichtige Mission – schon vergessen?«

»Und die wäre?«, fragte Franzi.

Marie grinste. »Shoppen bis zum Umfallen!« Sie warf mit einer schwungvollen Bewegung ihre langen, blonden Haare zurück, straffte die Schultern und stellte die Ellbogen seitlich auf. »Mir nach!« Dann stürzte sie sich todesmutig ins Getümmel.

Normalerweise hatten Kim, Franzi und Marie eine ganz andere Mission: das Aufklären kniffliger Kriminalfälle. Seit sie ihren Detektivclub Die drei !!! gegründet hatten, waren ihnen schon einige Verbrecher ins Netz gegangen. Sie hatten nicht nur einem Handyerpresser, skrupellosen Tierschmugglern und gefährlichen Juwelendieben das Handwerk gelegt, sondern auch eine entführte orientalische Prinzessin gerettet und einen sorgfältig geplanten Bankraub verhindert. Ihre Ermittlungen hatten sie bereits nach Berlin und Paris, an die Côte d’Azur und auf die berühmte Pferderennbahn im englischen Ascot geführt.

Momentan war allerdings kein neuer Fall in Sicht. Seit dem Ende der Sommerferien herrschte totale Flaute. Statt aufregende Abenteuer zu erleben, hatten sich die drei !!! in den letzten Wochen tagein, tagaus durch den herbstlichen Nieselregen zur Schule und wieder nach Hause geschleppt, seitenlange Referate vorbereitet, für unzählige Klassenarbeiten gelernt und sich gegenseitig endlose Vokabellisten abgefragt. Sämtliche Lehrer schienen sich gegen sie verschworen zu haben. Offenbar wollten sie ihren Schülern unbedingt das Leben schwer machen und ihnen auch noch den letzten Rest Freizeit rauben.

»Jetzt reicht’s!«, hatte Franzi vor ein paar Tagen gestöhnt. »Wenn ich noch eine einzige Vokabel lerne, platzt mir der Kopf. Im Übrigen glaube ich nicht, dass ich jemals das Wort ›Kühlaggregat‹ auf Französisch brauchen werde.« Sie hatte gerade einen Zeitungsartikel über französische Obst- und Gemüsetransporte durchgearbeitet – eine Hausaufgabe, die mal wieder bewies, dass ihre Französischlehrerin eindeutig sadistisch veranlagt war. Warum sonst sollte sie ihre Schüler mit einem derartig langweiligen Thema quälen?

Daraufhin hatten die drei !!! einstimmig beschlossen, dass sie dringend eine Abwechslung brauchten und sich am Samstagnachmittag bei einer ausgedehnten Shoppingtour von den Strapazen des Schulalltags erholen wollten.

Eine Stunde nach Beginn der Shoppingmission hatte Marie einen neuen Wintermantel, ein Paar grasgrüne Lederstiefel mit schwindelerregend hohen Absätzen und eine Handtasche in Schlangenlederoptik erstanden. Kim hatte sich eine für ihre Verhältnisse ziemlich gewagte Röhrenjeans und heruntergesetzte Sneakers gekauft.

»Jetzt brauchen wir nur noch etwas für dich, Franzi«, stellte Marie gut gelaunt fest. Shoppen versetzte sie immer in Hochstimmung. »Wie wär’s mit einem schicken Herbstoutfit?«

Franzi gähnte. »Muss das sein? Meine Füße tun weh, und alle fünf Minuten rammt mir jemand im Vorbeigehen seine Einkaufstasche zwischen die Rippen. Wollen wir nicht lieber ins Café Lomo gehen und einen Kakao Spezial trinken?«

»Später«, sagte Marie. »Alles zu seiner Zeit. Ich verlasse dieses Einkaufszentrum erst, wenn du auch etwas gekauft hast.« Sie betrat mit energischem Schritt eine schicke Boutique und verkündete: »Hier finden wir bestimmt das Richtige.«

Franzi war sich da nicht so sicher. »Der Laden ist doch viel zu teuer«, zischte sie. »Außerdem ist dieser edle Kram überhaupt nicht mein Ding. Lass uns lieber in das Sportgeschäft nebenan gehen. Ich könnte ein neues Shirt zum Skaten gebrauchen.«

»Nichts da.« Marie ging auf einen Kleiderständer zu. »Du hast mehr als genug Sportklamotten. Höchste Zeit, dass du auch mal deine weibliche Seite betonst. Wie wär’s hiermit?« Sie hielt ein bodenlanges, cremefarbenes Wollkleid hoch.

Franzi stöhnte. »Igitt! So was ziehe ich nie im Leben an.«

»Na gut, dann nehmen wir eben etwas anderes.« Marie ließ sich nicht so leicht entmutigen. Mit fachmännischem Blick scannte sie die restlichen Klamotten auf dem Ständer. Plötzlich stieß sie einen spitzen Schrei aus. Die top gestylte Verkäuferin hinter dem Tresen zuckte zusammen und runzelte missbilligend die Stirn, was Marie jedoch überhaupt nicht bemerkte. »Jetzt hab ich’s!«, rief sie. »Das hier ist einfach perfekt für dich!« Sie zog ein schlichtes, lindgrünes Minikleid mit halblangen Ärmeln und Polokragen hervor. »Die Farbe passt super zu deinen roten Haaren!«

Franzi rümpfte die Nase. »Ich weiß nicht … Eigentlich trage ich nie Kleider …«

»Dann wird sich das jetzt eben ändern«, sagte Marie entschieden. »Es ist echte Verschwendung, dass du deine super Figur immer in diesen schlabberigen Skateroutfits versteckst.«

»Probier das Kleid doch wenigstens mal an«, ermutigte nun auch Kim ihre Freundin.

Franzi seufzte. Eigentlich hatte sie nicht die geringste Lust, sich in eine der engen Umkleidekabinen zu quetschen. Aber sie wusste, dass Marie nicht locker lassen würde, darum gab sie schließlich nach. »Also gut. Aber wenn mir das Kleid nicht gefällt, gehen wir sofort ins Lomo, okay?«

Marie grinste. »Abgemacht.«

Wider Erwarten fühlte sich Franzi in dem Kleid alles andere als unwohl. Nachdem sie sich umgezogen hatte, drehte sie sich verblüfft vor dem großen Spiegel. »Wahnsinn! Ich sehe total anders aus.«

»Genau. Und zwar viel besser.« Marie nickte zufrieden. »Ich wusste doch gleich, dass der schlichte, sportliche Schnitt zu dir passt.«

»Steht dir echt gut«, sagte Kim. »Du solltest das Kleid unbedingt nehmen.« Sie zwinkerte Franzi zu. »Benni wird es bestimmt auch gefallen.«

Franzi wurde rot. »Meinst du?«

Benni war ihr Skaterkumpel, mit dem sie vor einer Weile kurz zusammengewesen war. Leider hatte es nicht funktioniert, und jetzt waren sie nur noch gute Freunde. Doch in letzter Zeit spürte Franzi wieder ein leichtes Kribbeln in der Magengegend, wenn sie Benni sah. Mit seinen blonden Locken und der sportlichen Figur war er aber auch genau ihr Typ – mal ganz abgesehen von seiner süßen und witzigen Art.

»Also gut.« Franzi gab sich einen Ruck. »Ich nehme es.« Doch als sie einen Blick aufs Preisschild warf, blieb ihr glatt der Mund offen stehen. »Das … das muss ein Irrtum sein«, stammelte sie. »Wer gibt denn so viel Geld für so ein bisschen Stoff aus?«

Marie zuckte mit den Schultern. »Qualität hat eben ihren Preis.« Sie zog ihr Portemonnaie heraus. »Mach dir keine Gedanken, ich übernehme das.«

Franzi schüttelte heftig den Kopf. »Das kann ich auf keinen Fall annehmen! Das ist doch viel zu viel.«

Marie seufzte. »Willst du das Kleid jetzt haben oder nicht? Du weißt doch, dass ich mehr als genug Taschengeld bekomme. Außerdem hat Papa mir vorhin extra noch etwas zugesteckt, damit wir uns einen schönen Nachmittag machen können. Ich glaube, er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er schon wieder zu einem Wochenend-Dreh muss. Dabei wollten wir morgen eigentlich zusammen segeln gehen. Na ja, bei dem Wetter wäre das wahrscheinlich sowieso nichts geworden …« Sie versuchte, ein gleichmütiges Gesicht zu machen.

Franzi sah ihre Freundin mitfühlend an. Manchmal war es nicht leicht für Marie, dass ihr geliebter Vater ein berühmter Schauspieler war. Er wurde von seiner Arbeit sehr in Anspruch genommen und hatte deshalb nicht viel Zeit für seine Tochter. Wenn er mal zu Hause war, verwöhnte er sie dafür aber umso mehr und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Außerdem verdiente er mit seiner Rolle als Hauptkommissar Brockmeier in der Vorabendserie Vorstadtwache so viel, dass er und Marie ein ziemlich luxuriöses Leben führen konnten.

»Okay«, gab Franzi nach. »Wir können ja zusammenlegen. Ich hab noch ein bisschen Taschengeld übrig.«

»Prima!« Zufrieden ging Marie zur Kasse, wo die Verkäuferin in Anbetracht des dicken Umsatzes, der sie erwartete, ein strahlendes Lächeln aufgesetzt hatte. »Dann sind wir uns ja einig.«

 

Nachdem die drei !!! die Boutique verlassen hatten, schlenderten sie mit Tüten beladen in Richtung Ausgang. Franzis Laune hatte sich nach ihrem Einkauf gebessert. Verheißungsvoll knisterte das in Seidenpapier gewickelte Kleid in der vornehmen Papiertasche. Ob es...