Ressourcenorientierte Psychoonkologie - Psyche und Körper ermutigen

von: Christa Diegelmann, Margarete Isermann

Kohlhammer Verlag, 2016

ISBN: 9783170286665 , 286 Seiten

3. Auflage

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 31,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Ressourcenorientierte Psychoonkologie - Psyche und Körper ermutigen


 

 

 

1         Vorwort und Einleitung


Christa Diegelmann und Margarete Isermann


 

Vorwort zur ersten Auflage


Dieses Buch ist ein Plädoyer für die Stärkung ressourcenorientierter Sichtweisen in der Psychoonkologie. Wir stellen vielfältige Herangehensweisen zur Entwicklung psychischer Widerstandskraft (Resilienz) im Umgang mit einer Krebserkrankung vor. Neuere Ansätze aus unterschiedlichen Disziplinen werden erstmals für die psychoonkologische Arbeit adaptiert. Der Impuls für das Buch ging von unserem diesjährigen interdisziplinären Symposium »Psyche und Körper ermutigen – Ressourcenorientierte Psychoonkologie« aus, das große Resonanz fand. Ermutigt durch unsere langjährige psychotherapeutische Arbeit mit onkologischen PatientInnen und bestätigt durch den Austausch mit KollegInnen im Rahmen der von unserem Institut durchgeführten curricularen psychoonkologischen Fortbildungsreihe sind wir der Überzeugung, dass einer explizit ressourcenorientierten Sichtweise in der Psychoonkologie größere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Warum ist das sinnvoll? Aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Neurobiologie, Stressforschung und Psychoneuroimmunologie sowie der Positiven Psychologie und Resilienzforschung zeigen, wie effektiv es für die Krankheitsverarbeitung ist, wenn gezielt neuronale Ressourcen-Netzwerke aktiviert, gestärkt und neu entwickelt werden. Es geht darum, körperliche, emotionale und kognitive Prozesse anzuregen, um Einfluss auf die Stressphysiologie zu nehmen, um individuelle Bewertungsprozesse zu ändern und positive Emotionen wachzurufen. Ziel ist dabei, das individuelle Bewältigungspotential besser nutzen zu können. Dabei geht es nicht um »positives Denken« oder um die Verleugnung von Belastungen. Vielmehr geht es um eine explizite Aktivierung individueller Ressourcen, die die Resilienz stärken und die Kompetenz im Umgang mit den Herausforderungen einer Krebserkrankung erhöhen. Die Anzahl der Menschen, die mit einer Krebserkrankung leben, wird in den nächsten Jahrzehnten erheblich ansteigen. Gezielte psychoonkologische Interventionen können den Umgang mit der Erkrankung erleichtern und die Lebensqualität nachhaltig verbessern.

Das Buch bietet allen Berufsgruppen, die mit onkologischen PatientInnen arbeiten oder arbeiten wollen, speziell PsychotherapeutInnen, eine inspirierende Quelle mit vielfältigen Anregungen für die psychoonkologische Arbeit und die Auseinandersetzung mit den eigenen Grundhaltungen. Es ist eine Schatzkiste mit innovativem Wissen geworden. Die AutorInnen berichten aus ihrer langjährigen Erfahrung, dass ein bewusst ressourcenorientiertes Vorgehen dazu beiträgt, »das Schwere leichter zu machen«, sowohl für die PatientInnen als auch für die eigene Psychohygiene.

Zum Auftakt werden aktuelle Trends, Konzepte und Perspektiven in der Onkologie anhand zweier grundlegender Beiträge aus dem Bereich der Schulmedizin aufgezeigt. Jörg Beyer stellt aktuelle Diskussionen und Trends für die kommenden Jahre im Bereich der Krebsmedizin dar. Er betont, wie zukunftsweisend die Ausrichtung der onkologischen Therapien an der individuellen Situation krebskranker Menschen ist. Neue Entwicklungen in der Palliativmedizin und Schmerztherapie beschreibt H. Christof Müller-Busch anschaulich. Er vermittelt, wie notwendig dabei eine ganzheitliche und multiprofessionelle Herangehensweise ist und betont die Bedeutung einer an neuesten Erkenntnissen ausgerichteten fundierten Schmerztherapie.

Unter Ressourcenorientierte Konzepte für die Psychoonkologie werden in sechs Beiträgen neue konzeptionelle Perspektiven für die Psychoonkologie entwickelt. Besonders Gerald Hüther veranschaulicht aus neurobiologischer Sicht, dass jede Heilung immer und grundsätzlich Selbstheilung ist. Er betont die wechselseitige Abhängigkeit körperlicher und psychischer Prozesse und beschreibt, wie länger andauernde körperliche Veränderungen zur Anpassung zentralnervöser Verarbeitungsmechanismen und damit psychischer Zustände führen. Andererseits zeigt er, wie psychische Veränderungen, besonders die Aktivierung emotionaler Zentren des Gehirns, auf den Körper wirken. Ein Update der bekannten Diskussion um die Zusammenhänge von Krebs und Stress gibt Margarete Isermann. Sie erläutert, dass für die Psychoonkologie zukunftsweisende Impulse aus der Psychoneuroimmunologie zu erwarten sind. Die gezielte Aktivierung von Ressourcen und positiven Emotionen hat dabei einen besonderen Stellenwert und wird dementsprechend auch die praktische Arbeit bereichern und verändern. In ihrem Beitrag »TRUST: Impulse für einen integrativen Behandlungsansatz« stellt Christa Diegelmann den »Bauplan« für einen integrativen Behandlungsansatz vor, anhand dessen sich psychotherapeutisch-psychoonkologische Haltungen und Interventionen entwickeln lassen. Das Fundament dazu bilden Salutogenese, Resilienz und Positive Psychologie. Die Autorin hebt dabei besonders auch die Psychohygiene der BehandlerInnen hervor und baut darauf, dass dadurch bei den PatientInnen eine »Resilienz-Resonanz« entsteht. Wie fruchtbar dies wie auch eine vertrauensvolle Kommunikation und Kooperation im interdisziplinären Team für die medizinische Behandlung ist, beschreibt Friederike Siedentopf. Sie zeigt, wie in einem Brustzentrum die Integration psychosomatischer Aspekte in die medizinische Behandlung in beispielhafter Weise umgesetzt wird. Ibrahim Özkan erläutert, dass gelingende Kommunikation im Kontext von Krankheit auch interkulturelle Sensibilität und Kompetenzen erfordert. Obwohl es in der Psychoonkologie bereits viele Ansätze gibt, sich von der traditionellen psychiatrischen Diagnostik zu lösen, sind auch die neueren diagnostischen Ansätze eher defizit- und pathologieorientiert. Christa Diegelmann und Margarete Isermann zeigen auf, wie wichtig parallel dazu eine Ressourcen- und Resilienzdiagnostik ist. Sie stellen dazu mehrere bereits etablierte Instrumente und drei neue Diagnostik-Tools vor.

Psyche ermutigen wird von Luise Reddemann mit einem sehr persönlichen Beitrag eingeleitet. Sie ermutigt dazu, in der Begleitung von Menschen in Grenzsituationen als »ganze Menschen« zu reagieren und dabei sowohl den Schmerz als auch die Fülle des Lebens zu würdigen, um wahrhaft professionell handeln zu können. Den Themenfeldern Sinnfindung, Spiritualität und Trauer widmen sich hier vier Beiträge, jeweils aus ganz verschiedenen Richtungen. Anja Mehnert beschreibt in ihrem Überblick Konzepte, die Sinnhaftigkeit und Lebenssinn im Kontext von Belastungsverarbeitung beinhalten. Darüber hinaus stellt sie unterschiedliche gruppentherapeutische Interventionen vor, die auf Lebenssinn fokussieren. Petra Moser zeigt, dass gelebte Spiritualität im Alltag zu einer unerschöpflichen Kraftquelle werden kann. Die stärkende Wirkung von Metaphern und Imaginationen wird in dem Beitrag von Daniela Tausch anschaulich dargestellt. Das von ihr vermittelte Erfahrungswissen aus der Begleitung von Sterbenden und Trauernden wirkt ermutigend und anregend. In-Beziehung-Sein, Präsenz, Achtsamkeit und Ermutigung sind einige Kriterien, die Brigitte Dorst als Voraussetzung für eine spirituell ausgerichtete therapeutische Grundhaltung erachtet. Ihr Beitrag inspiriert dazu, eigene Wege zu entfalten, um Heilungs-, Wandlungs- und Selbstwerdungsprozesse erleben und begleiten zu können. In drei weiteren Beiträgen werden jeweils konkrete ressourcenorientierte Interventionen vorgestellt. Christa Diegelmann beschreibt wesentliche Kriterien und Beispiele von TRUST-Interventionen, die darauf zielen, die therapeutische Arbeit in dem individuell optimalen »Affekt-Toleranz-Fenster« zu gestalten. Die flexible und kreative Handhabung auch neuer Tools wird von ihr aus der Perspektive der Resilienzstärkung und Positiven Psychologie exemplarisch mit drei ausführlichen Fallvignetten veranschaulicht. Hanna Wollschläger und Matthias Brieger eröffnen mit ihrem Beitrag ein weiteres Feld, indem sie die therapeutische Arbeit u. a. mit Literatur und Bilderbüchern, die üblicherweise in der Arbeit mit Kindern Anwendung finden, auf die Arbeit mit Erwachsenen erweitern. Auch andere Medien kommen dabei zum Einsatz, um neue Trigger als Zugang zu Ressourcen zu etablieren. Hannelore Eibach hat in ihrer langjährigen Arbeit mit der Katathym Imaginativen Psychotherapie zahlreiche sinnstiftende Rituale entwickelt. Menschen, die eine schwere Erkrankung oder andere kritische Lebenssituationen zu bewältigen haben, können dadurch wieder neuen Halt, Trost und Orientierung finden. In diesem Buch stellt sie erstmals ein langjährig erprobtes Steinritual für die Arbeit in Gruppen vor. Der Beitrag von Caroline Heinle vermittelt, inwiefern eine konsequente Ressourcenorientierung für die psychoonkologische Betreuung innerhalb eines Akutkrankenhauses von Nutzen ist. Aus der Perspektive der onkologischen...