Der Dunkelheit versprochen - Guardians of Eternity 8 - Roman

von: Alexandra Ivy

Diana Verlag, 2012

ISBN: 9783641086251 , 464 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 8,99 EUR

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Der Dunkelheit versprochen - Guardians of Eternity 8 - Roman


 

KAPITEL 1

Santiagos Club, auf dem Mississippi gelegen,

genau in der Mitte zwischen Chicago und St. Louis

Es war niemals von Mutter Natur vorgesehen, dass Vampire und Werwölfe in Frieden miteinander leben. Und man konnte verdammt sicher davon ausgehen, dass sie niemals den Plan verfolgt hatte, die beiden eine Art Du-bist-mein-bester-Kumpel-Männerfreundschaft genießen zu lassen, wie sie im Augenblick bei den Menschen so hoch im Kurs war. Das war auch verdammt gut so, wenn man bedachte, dass die beiden räuberischen Spezies dazu neigten, schon in mörderischen Zorn zu geraten, selbst wenn sie sich einfach nur in demselben Territorium aufhielten.

Doch das drohende Ende der Welt sorgte wahrhaftig für seltsame Bündnisse. Angesichts der möglichen Rückkehr des Fürsten der Finsternis aus der Höllendimension, wohin er vor Jahrhunderten verbannt worden war, blieb weder dem Anasso der Vampire noch dem König der Werwölfe eine andere Wahl, als wenigstens versuchsweise zusammenzuarbeiten.

Nun, der Ausdruck »zusammenarbeiten« war wohl doch eine sehr wohlwollende Beschreibung ihres unsicheren Waffenstillstandes, dachte Styx. Seine zwei Meter hohe Gestalt lehnte am Schreibtisch aus Walnussholz, der in dem Büro seines Vampirkameraden Santiago stand. Er trug sein übliches Ensemble aus schwarzer Lederhose, Springerstiefeln und einem Seidenhemd, das über seinen gewaltigen Schultern spannte. Seine äußere Erscheinung wies ihn als genau das aus, was er auch war: den harten Anführer der Vampirclans. Aber es waren die grimmige Macht, die in der aztekischen Schönheit seines Gesichtes lag, und die unbarmherzige Intelligenz in seinen dunklen Augen, die erfahrene Dämonen dazu brachte, vor Furcht zu erschauern. Styx war mehr als ein überdimensionaler Tyrann. Er war gleichzeitig gerissen, geduldig und imstande, Kompromisse einzugehen, falls es notwendig war.

Und das war auch der einzige Grund, weshalb er sich im gleichen Raum mit einem Hund aufhielt.

Der zierliche Türkisschmuck, welcher in seinen beinahe bis zu den Kniekehlen reichenden Zopf eingeflochten war, klimperte, als er trübselig den Kopf schüttelte, während er den anderen Mann nicht aus den Augen ließ.

So ungern er es sich auch eingestand, Salvatore passte weitaus besser in das elegante Büro – mit dem schiefergrauen Teppich und den museumsreifen Gemälden französischer Impressionisten, die an den getäfelten Wänden hingen und sorgfältig durch gläserne Schaukästen geschützt wurden – als er selbst.

Diesem Bastard gelang es doch stets, vom Scheitel bis zur Sohle wie ein König auszusehen, mit dem dunklen zum Zopf gefassten Haar und dem muskulösen Körper, der in einem schwarzgrauen Anzug steckte, welcher zweifelsohne mehr gekostet hatte, als das Bruttonationaleinkommen mehrerer kleiner Länder betrug. Und trotzdem lag, wie auch bei Styx, in Salvatores dunklen, lateinamerikanischen Gesichtszügen und seinen goldenen Augen eine unverkennbare, schonungslose Autorität.

Er herrschte über eine wilde Rasse, die einen schwachen König im wahrsten Sinne des Wortes zerfetzen und auffressen würde.

Der Werwolf hielt inne, um die Reihe der Hightechmonitore und die beeindruckende Überwachungsausrüstung zu studieren. Sein Blick ruhte auf dem Monitor, auf dem ein Paar beinahe identisch aussehender Werwölfinnen mit blondem Haar und grünen Augen zu sehen war, die mehrere Stockwerke unter ihnen an einem Tisch saßen.

»Seid Ihr wirklich sicher, dass dieser Ort genügend Sicherheit bietet?«

Styx schnaubte. Die Tatsache, dass er mit der Werwolfschwester von Salvatores Gefährtin verbunden war, trug nicht gerade dazu bei, die Anspannung zu verringern, die zwischen ihm und Salvatore herrschte. Nicht, nachdem dieser Bastard alles darangesetzt hatte, um Darcy aus Styx’ Obhut zu entführen.

Allerdings konnte er Salvatores Notlage in einem geringen – einem sehr geringen – Maße nachfühlen. Damals waren seine Werwölfe vom Aussterben bedroht, und er hatte beim Versuch, sein Volk zu retten, vier weibliche Werwolfwelpen genetisch verändert. Nachdem diese geraubt worden waren, hatte der König sich geschworen, sie zurückzuholen. Wie sein Unglück es jedoch wollte, entschieden sich sowohl Darcy als auch Regan, sich mit Vampiren zu verbinden. Aber seine Frustration und sein Zorn hatten nachgelassen, als er die dritte Schwester gefunden hatte, Harley. Dieser war es gelungen, die uralten Paarungstriebe zurückzubringen, die den Werwölfen seit Jahrhunderten versagt gewesen waren.

»Ihr könnt Euch glücklich schätzen, dass Santiago sich nicht in der Nähe aufhält«, entgegnete er warnend. Obgleich dieser Club, der auf die Dämonen abzielte, die über die ländliche Gegend von Illinois verstreut waren, eigentlich Viper gehörte, dem Clanchef von Chicago, war er Santiagos ganzer Stolz. »Er würde Euren Mangel an Vertrauen in seine Sicherheitsmaßnahmen als persönliche Kränkung auffassen. Und ein unglücklicher Vampir bedeutet niemals etwas Gutes.«

»Ich könnte dasselbe über einen glücklichen Vampir behaupten«, erwiderte Salvatore gedehnt und wandte sich um, um Styx ein spöttisches Lächeln zuzuwerfen.

»Ihr wart derjenige, der um diese Zusammenkunft gebeten hat.«

Der Hund zuckte mit den Achseln. »Harley vermisst ihre Schwester.«

Styx glaubte ihm aufs Wort. Obgleich nur drei Wochen vergangen waren, seit Salvatore und Harley Chicago verlassen hatten und nach St. Louis abgereist waren, war das Band zwischen den beiden Schwestern sehr eng geworden, seit sie wieder vereint waren. Aber er war sich auch sicher, dass er nicht aufgrund seiner sprühenden Persönlichkeit hergebeten worden war.

»Und die Wiedervereinigung unserer Gefährtinnen bietet uns die Möglichkeit, uns zu besprechen, ohne die gesamte Welt auf unsere Zusammenkunft aufmerksam zu machen?«

Salvatore zuckte mit den Schultern. »Ich ziehe es vor, keine lästige Neugierde zu wecken.«

»Ihr habt Neuigkeiten?«

»Nein, ich habe lediglich einige Fragen.«

»Verdammt.« Styx verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ich befürchtete bereits, dass Ihr das sagen würdet. Was wollt Ihr wissen?«

»Ist es Euren Raben gelungen, Caine und Kassandra aufzuspüren?«

Styx’ Körper spannte sich an, als er die unerwartete Frage vernahm. Es war kein Geheimnis, dass es sich bei Kassandra um die letzte der vermissten Werwolfschwestern handelte, die unerwarteterweise in den Höhlen eines Dämonenlords aufgespürt worden war. Sie befand sich nun mit einer männlichen Wolfstöle auf der Flucht, die bei der Rettung der Frau auf magische Weise in einen reinblütigen Werwolf verwandelt worden war. Die Handlungen seiner persönlichen Leibwache jedoch waren geheim.

»Was lässt Euch annehmen, dass ich nach ihnen suche?«

Salvatore zog spöttisch eine Augenbraue hoch. »Dass ich gut aussehe, bedeutet nicht, dass ich dumm bin.«

»Allerdings bedeutet es, dass Ihr eine Nervensäge seid.«

»Seid Ihr neidisch?«

Styx zog die Lippen zurück, wodurch seine riesigen Fangzähne sichtbar wurden. »Eher zunehmend hungrig.«

Gefahr lag prickelnd in der Luft, als die Macht der beiden Alphatiere erwachte. Der eisige Luftstoß des Vampirs prallte gegen die rohe Hitze des Werwolfes. Falls die Macht beider Männer freigesetzt würde, hätte dies eine heftige Explosion zur Folge.

Dann bändigte Salvatore mit einem leisen Knurren seinen inneren Wolf und zeigte erneut sein spöttisches Lächeln.

»Ich weiß, dass Darcy ungeduldig darauf wartet, ihre verschollene Schwester kennenzulernen, und da die Dämonenwelt sehr wohl weiß, dass sie Euch mit Leichtigkeit um den Finger wickeln kann, ging ich logischerweise davon aus, dass Ihr Eure Schläger auf die Suche nach ihr ausgesandt hättet.«

Styx nickte nachdenklich und nahm zugunsten von Salvatore an, dass dieser lediglich eine berechtigte Vermutung ausgesprochen hatte. Er war zwar bereit, mit den Werwölfen zu kooperieren, um das Ende der Welt zu verhindern, doch er wollte verdammt sein, wenn diese verlausten Bastarde Spione in sein Lager schickten.

»Ebenso, wie Ihr Eure Hunde freigelassen habt?«, verlangte er zu wissen.

Eine kurze Pause trat ein, bevor Salvatore widerwillig mit dem Kopf nickte. Er war ebenso wenig glücklich darüber wie Styx, persönliche Informationen preisgeben zu müssen.

»Ich gebe zu, dass ich Fess und einige meiner bewährtesten Leute zu einer Unterredung mit Caine ausgeschickt habe.«

»Und?«

»Und sie behaupten, er und Kassandra hätten sich in Luft aufgelöst.« Das schmale Gesicht verhärtete sich. »Wenn ich nicht wüsste, dass es sich bei ihnen um die besten Spurenleser handelt, die es gibt, hätte ich sie häuten lassen – dafür, dass sie entweder inkompetent sind oder lügen.«

»Und Ihr wollt wissen, ob meine Raben mehr Erfolg hatten?«

»Ja.«

»Fess spricht die Wahrheit«, räumte Styx ein, womit er sich auf den Mann bezog, der als Salvatores rechte Hand fungierte. »Jagr war imstande, Caine bis zu einem Versteck außerhalb Chicagos zu verfolgen. Obgleich er das Haus aufgrund der Zauber nicht betreten konnte, mit denen die Wolfstöle das Gelände schützen ließ, deuten sämtliche Zeichen darauf, dass sie einfach verschwunden sind.«

Salvatore fluchte. Er machte sich nicht die Mühe, Styx mit dummen Fragen zu behelligen. Jagr war Styx’ bester Rabe, und wenn dieser behauptet hatte, dass die Spur dort endete, dann endete sie tatsächlich dort.

»Magie?«, fragte er stattdessen.

»Die Spur war zu kalt, als dass man das mit Sicherheit sagen könnte.«

Salvatore begann erneut, das Zimmer mit großen Schritten zu durchqueren. »Verdammt.«

»Ich nehme an, dass...