Easy Love - Eine Nacht für immer

von: Kristen Proby

LYX, 2018

ISBN: 9783736309425 , 305 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 6,99 EUR

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Easy Love - Eine Nacht für immer


 

1


Gegenwart

~Savannah~

Zwei Jahre.

Es ist zwei Jahre her, dass ich dachte, ich würde sterben. Stattdessen bekam ich meine Freiheit.

Ich konnte letzte Nacht nicht schlafen, aber das ist nichts Neues. Ich schlafe seit Jahren nicht gut. Es ist wahrscheinlich die größte Nachwirkung, die ich von meiner Ehe noch mit mir herumtrage, und egal was ich tue, ich kann nichts daran ändern.

Aber verglichen mit der Situation von vor zwei Jahren sind Schlafprobleme nichts, worüber ich mich beschweren sollte.

Ich halte die Bürste so fest umklammert, dass meine Knöchel weiß hervortreten, starre in den Schminkspiegel und mustere mein makelloses Gesicht. Ich kann immer noch die Blutergüsse der letzten Prügel sehen. Die Male an meinem Hals, wo er mich wie von Sinnen gewürgt hat. Die nassen Haare von der Badewanne, in der er mich ertränken wollte. Immer noch kann ich die Scham spüren, die ich empfand, als meine Geschwister ins Schlafzimmer gerannt kamen, nachdem ich sie um Hilfe angefleht hatte.

Selbst Ben kam, und das löste in mir die größte Scham aus. Ich wollte nie, dass mich jemand so sieht, aber besonders nicht der Mann, den ich mein ganzes Erwachsenenleben lang geliebt habe. Einen Moment lang wünschte ich mir fast, dass mich Lance wirklich umgebracht hätte, damit ich die Wut und den Abscheu in Bens Gesicht nicht hätte sehen müssen.

Diese beiden Jahre sind im Nu verflogen und doch gab es Momente, in denen ich das Gefühl hatte, dass sich die Tage wie Gletscher bewegen. Viele Monate lang habe ich bei meiner Familie gelebt, weil ich Angst vor dem Alleinsein hatte. Ich habe Hunderte Stunden Therapie hinter mich gebracht und gehe jede Woche zu einem Selbstverteidigungskurs.

Ich lächle mich im Spiegel an.

Ich bin hier, ich lebe und sehe nicht so aus, als würde ich jeden Moment zusammenbrechen.

Gott sei Dank.

Meine Mutter und die meisten meiner Geschwister haben mir an diesem Morgen bereits übers Handy Worte der Liebe und Unterstützung geschickt. Gerade als ich die Bürste an meine Haare hebe, piept es wieder.

Es ist mein Zwillingsbruder Declan.

Ich hab dich lieb.

Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ich will heute nicht weinen, egal ob es Tränen der Traurigkeit oder des Glücks sind. Ich schreibe zurück.

Ich hab dich auch lieb.

Ohne meine Familie hätte ich die Monate nach dem Vorfall nicht überstanden. Das ist keine Übertreibung, sondern die schlichte Wahrheit.

Ohne sie hätte ich den Verstand verloren.

Wieder piept mein Handy, und das Display leuchtet auf. Aber dieses Mal ist es nicht die Familie.

Sondern Ben.

»Und da sind auch schon die Schmetterlinge«, flüstere ich, während die Nachricht aufpoppt.

Mittagessen?

Ich atme tief durch, schließe die Augen und grinse. Ben ist ein Mann weniger Worte, besonders was die Kommunikation per Handy angeht. Bei Unterhaltungen von Angesicht zu Angesicht ist er viel besser.

Doch wenn ich in seiner Nähe bin, verschlägt es mir die Sprache. Herr im Himmel, der Mann hat diese Wirkung schon seit der Pubertät auf mich.

Jeder rationale Gedanke verschwindet, und ich verspüre den beinahe unwiderstehlichen Drang, an ihm hochzuklettern, als wäre er eine der alten Eichen an der Pension meiner Schwester.

Ben ist schon seit frühester Kindheit mit meinen Brüdern befreundet, also war er immer bei uns daheim. Und mir fiel immer ein Grund ein, um dort zu sein, wo er war.

Sehr zum Missfallen meiner Brüder.

Aber dann ging er aufs College, und unsere Wege kreuzten sich ein paar Jahre lang nicht oft. Irgendwann begann ich selbst zu studieren, in Tennessee, und dort traf ich auch Lance.

Ich runzle die Stirn.

»Denk nicht mal an den Namen dieses Arschlochs.«

Ich schicke Ben eine kurze Rückmeldung und grinse, als er sofort antwortet.

Gleicher Ort wie immer, dreizehn Uhr.

Ja, Sir. Lachend schließe ich die Nachricht und gehe zu meinem Schrank, um mein Outfit auszusuchen. Ich habe mir für heute freigenommen. Schließlich entkommt man nicht jeden Tag dem schlimmsten Horror seines Lebens. Das sollte man feiern.

Die Alternative wäre, herumzusitzen und zu grübeln. Und das habe ich in den letzten zwei Jahren schon oft genug getan.

Ich wähle bewusst etwas aus, das er mich niemals hätte tragen lassen. Eine hübsche Caprihose mit einer weißen ärmellosen Bluse und rote Ballerinas. Er hätte gesagt, dass ich zu viel Haut zeige. Selbst in den heißesten Sommermonaten durfte ich keine ärmellosen Oberteile tragen, ganz zu schweigen von Röcken, die nicht bis zum Knöchel reichten. Es ist wundervoll, einen großen Kleiderschrank voller hübscher Dinge zu haben, die ich liebe. Ich greife nach meiner roten Louis-Vuitton-Handtasche, um mein Outfit abzurunden, und mache mich für den Tag fertig.

Und dann klingelt mein Handy. Es ist Larry, der Bruder meines Exmanns. Obwohl ich wegen seines Bruders durch Hölle gegangen bin, hat Larry den Kontakt mit mir aufrechterhalten. Er war immer nett zu mir, und ich bin froh, ihn in meinem Leben zu haben. Meine Familie war anfangs nicht gerade begeistert, doch Larry war immer respektvoll und nur gerade so präsent, wie es für uns alle angenehm war. Wie er im selben Haushalt wie sein Bruder aufwachsen konnte, ohne vollkommen böse zu werden, ist mir schleierhaft.

»Hallo?«

»Hallo, du heißer Feger«, sagt er und bringt mich zum Lachen. »Wie geht es dir heute?«

»Ging mir nie besser«, erwidere ich und lächle, als mir klar wird, dass das keine Übertreibung ist.

»Du klingst auch großartig.« Ich kann das Lächeln in seiner Stimme hören. »Ist es seltsam, dass ich dachte, ich sollte dich heute mal anrufen?«

»Überhaupt nicht. Alle anderen wichtigen Leute in meinem Leben haben sich auch bei mir gemeldet. Ich dachte, dass sich niemand an das genaue Datum erinnern würde.«

Einen Moment lang ist er still. »Niemand wird das jemals vergessen, Van. Wenn ich gewusst hätte …«

»Wir sind das doch schon tausendmal durchgegangen, Larry. Es war nicht deine Schuld.«

»Richtig. Du hast recht.«

»Ich weiß. Danke, dass du dich meldest. Mir geht’s wirklich großartig.«

»Das freut mich. Wenn du irgendwas brauchst, weißt du, wie du mich findest.«

»Ich melde mich. Danke noch mal.«

Wir beenden das Gespräch. Ich setze mich auf den Hocker in meinem begehbaren Kleiderschrank und sehe mich um. Ich habe dieses Haus vor anderthalb Jahren gekauft. Ich bin nie in das Haus zurückgekehrt, das Lance und mir zusammen gehörte. Meine Familie nahm mich gern auf, bis ich etwas Eigenes gefunden hatte.

Declan und ich hatten viel Spaß bei der Renovierung, und nun ist das Haus ganz nach meinem Geschmack.

Ich werfe einen Blick auf die Uhr und mir wird klar, dass ich spät dran bin, also schnappe ich mir eine Sonnenbrille, meine Handtasche und meine Schlüssel und eile nach draußen zum Wagen.

Selbst mein Wagen ist neu. Er hätte mich niemals das Auto kaufen lassen, das ich wollte. Er meinte, das sei viel zu viel Geld und ich verdiene kein Luxusauto.

Was einfach lächerlich ist. Ich reiße mir im Job den Hintern auf, und meine Familie ist stinkreich. Ich kann mir jeden Wagen holen, den ich will. Also habe ich gleich nach der Scheidung den vernünftigen Ford gegen das hübsche Mercedes-Cabrio getauscht, das ich jetzt fahre. Es ist rot und hat jede Menge Extras.

Und es bietet mir eine weitere Möglichkeit, meine beschissene Vergangenheit zu kompensieren.

Heute ist ein schöner Frühlingstag in New Orleans. Die Bäume blühen, eine kühle Brise liegt in der Luft und die Vögel singen, während ich mit offenem Verdeck ins French Quarter fahre.

Obwohl ich mich beeile, komme ich zehn Minuten zu spät an, und alle meine Schwestern und Schwägerinnen sind bereits im Restaurant.

»Tut mir leid«, entschuldige ich mich, während ich mich setze. »Ich habe es heute Morgen langsam angehen lassen.«

»Richtig so«, lächelt Kate. »Liebe Grüße von Eli.«

»Er hat mir eine Textnachricht geschrieben«, erwidere ich. Kate ist mit meinem älteren Bruder Eli verheiratet. Vor Kurzem haben sie ein hübsches Mädchen namens Coraline bekommen.

Tatsächlich hat unsere Familie in den letzten zwei Jahren den Wechsel von »groß« zu »riesig« vollzogen. Nachdem Eli Kate kennengelernt hatte, fanden meine Geschwister einer nach dem anderen die Liebe. Ich freue mich unendlich für sie.

»Ich werde heute wirklich verwöhnt«, verkünde ich. »Erst brunche ich mit euch Schönheiten und dann treffe ich mich mit Ben zum Mittagessen.«

»Wirklich?«, fragt Gabby, die jüngste von uns Boudreaux-Schwestern, verschmitzt. »Ist es eine romantische Verabredung?«

»Es ist ein Mittagessen«, entgegne ich und verdrehe die Augen. »Du weißt ganz genau, dass Ben tabu ist.«

»Warum noch mal genau?«, fragt Declans Frau Callie.

»Sie ist verrückt und bildet sich ein, dass Ben so was wie ein Bruder für sie ist«, sagt Charly.

»Das ist er auch«, beharre ich stirnrunzelnd.

»Ist er nicht«, kontert Gabby. »Für Charly und mich ist er vielleicht wie ein Bruder, aber du hast ihn immer anders gesehen.«

»Ich glaube, du bist verrückt. Ben und ich sind gute Freunde, mehr nicht.« Mein Argument kommt...