Die stolze Braut des Highlanders

von: Annika Dick

HarperCollins, 2015

ISBN: 9783733785369 , 206 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 4,99 EUR

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Die stolze Braut des Highlanders


 

1. KAPITEL

Rosslyn Castle, Midlothian, Ende März 1425

„Unsere Eltern zu belauschen entspricht vermutlich nicht dem damenhaften Verhalten, das Mutter dir jeden Tag predigt.“

Caitriona Sinclair warf ihrem Bruder einen finsteren Blick zu, ehe sie sich wieder der verschlossenen Tür zuwandte, hinter der ihre Eltern gerade über ihre Zukunft sprachen. Die Stimme ihres Vaters klang zu ruhig und gefasst, um viel von seinen Worten verstehen zu können. Ihre Mutter hingegen war alles andere als zurückhaltend. Ihrem Unmut war es zu verdanken, dass Caitriona immerhin einige Fetzen dieser Unterhaltung aufschnappte. Die Worte Highlands, Barbaren und Hochzeit waren jedoch nichts, was Caitriona gerne hörte.

„Das ist mein letztes Wort!“, drang nun doch die Stimme ihres Vaters an ihr Ohr. In dem Wissen, dass dies nur bedeuten konnte, dass er sich auf dem Weg zur Tür befand, zog Caitriona sich hastig zurück und zerrte ihren Bruder mit sich.

„Heiraten“, murmelte sie vor sich hin, während sie die Halle durchschritt und auf die Eingangstür zuging.

„Überrascht dich das etwa? Du hättest wissen müssen, dass es nicht mehr lange dauert. Fearchara war ein Jahr jünger als du, als sie geheiratet hat. Eigentlich haben sich Mutter und Vater sogar viel Zeit bei dir gelassen.“

Caitriona blieb auf der Außentreppe stehen und fuhr zu ihrem Bruder herum. Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und funkelte ihn an.

„Falls du versuchst, mich aufzuheitern, misslingt dir das gerade sehr, Monroe.“

Ihr Bruder grinste sie an und zuckte mit den Schultern.

„Ich sage nur, du hättest damit rechnen müssen.“

„Das habe ich auch. Nur noch nicht jetzt. Und nicht so weit weg von zu Hause.“ Mit großen Schritten überquerte Caitriona den Burghof. Dass ihre Mutter ihr diese Gangart sofort als äußerst unschicklich auslegen würde, war ihr im Augenblick egal. Sie wusste nicht, was sie von dieser neuen Entwicklung in ihrem Leben halten sollte. Und wenn sie verwirrt war, gab es nur eine Sache, die ihr half, ihre Gedanken zu ordnen. Zielstrebig ging sie zum Übungsplatz der Krieger und griff sich einen Bogen.

„Die Highlands. Glaubst du, Mutter hat Recht? Dass die Menschen dort alle Barbaren sind?“, fragte sie Monroe, während sie den Bogen spannte und mit zusammengekniffenen Augen die Zielscheibe auf der anderen Seite des Platzes anvisierte. Caitriona ließ die Sehne los und der Pfeil surrte durch die Luft, ehe er die die Mitte der Zielscheibe traf.

„Ich glaube, wenn es jemanden gibt, der sich keine Sorgen um Barbaren machen muss, dann du“, erwiderte Monroe, während Caitriona den nächsten Pfeil in die Sehne spannte.

„Wäre es dir lieber, mit einem Mann wie Sterling verheiratet zu sein?“

Caitriona erschauerte bei dem Gedanken an ihren Schwager. Nein, sie wollte wirklich nicht mit Fearchara tauschen. Iain Sterling war ein schrecklich langweiliger Mann, der kaum ein anderes Gesprächsthema kannte, als den neuesten Klatsch um die Intrigen und Ränkespiele auf Edinburgh Castle. Aber musste es deswegen gleich ein ungehobelter Highlander sein?

Der zweite Pfeil traf sein Ziel und durchbohrte die Scheibe neben seinem Vorgänger.

„Oder stell dir vor, du müsstest Davinas Platz einnehmen. Es gibt kaum eine Familie im Land, die nicht für einen ihrer Söhne um ihre Hand anhält.“

„Davina ist kaum dreizehn Jahre alt. Der König wird sie wohl kaum an den Meistbietenden verkaufen.“

„Wieso nicht? Sie ist seine Cousine, außer dieser Verbindung bringt sie den Namen Sinclair und ein beträchtliches Erbe in eine Ehe mit.“

Caitriona ließ den Bogen sinken und sah ihren Bruder lange schweigend an.

„Du denkst doch hoffentlich nicht selbst daran, um ihre Hand anzuhalten?“ Caitriona deutete mit dem Pfeil in ihrer rechten Hand auf Monroe und trat einen Schritt auf ihn zu. Ihr Bruder war nur ein Jahr älter als sie und auch wenn er sie um mehr als einen Kopf überragte, hatte sie nie gelernt, sich ihm unterzuordnen.

Ihr Bruder hatte inzwischen gelernt, damit zu leben. So hob er nun auch abwehrend die Hände und trat einen Schritt zurück, als er das gefährliche Funkeln in den Augen seiner Schwester erkannte. Wenn es in ihrer Macht gestanden hätte, Caitriona hätte wohl alle Bewerber um Davinas Hand eigenhändig bekämpft, um ihre Cousine zurück nach Rosslyn Castle zu holen. Schließlich war sie seit dem Tod ihrer Eltern hier Zuhause gewesen, ehe König James I. sie nach seiner Rückkehr aus englischer Gefangenschaft nach Edinburgh geholt hatte.

„Gott bewahre, natürlich nicht. Ich bin froh, wenn dieser Kelch noch einige Jahre an mir vorübergeht, und selbst wenn es dereinst soweit sein sollte, so hoffe ich doch, dass Vater mich nicht mit einer Kindsbraut überraschen wird. Natürlich müsste er erst einmal mich selbst nicht mehr als ein Kind sehen.“ Den letzten Satz murmelte er leise vor sich hin, doch Caitriona entging er nicht. Ebenso wenig wie das kurze Aufflackern verletzten Stolzes, das sie im Gesicht ihres Bruders bemerkte.

„Er konnte dich nicht mit Dermid nach Frankreich gehen lassen“, versuchte sie die Entscheidung ihres Vaters zu rechtfertigen. „Wie hätte es denn ausgesehen, wenn er seine zwei ältesten Söhne außer Landes schickte?“

„Er hat noch drei weitere“, widersprach Monroe und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und er hat uns und vor allem Mutter mehrmals versichert, dass Dermids Auftrag vollkommen ungefährlich sei.“

„Wenn du ein Abenteuer suchst, wieso reist du dann nicht an meiner statt in die Highlands?“, zog Caitriona ihren Bruder auf und zielte erneut mit dem Bogen auf die Zielscheibe. „Ich bin mir sicher, dir würde es dort wesentlich besser gefallen, als es mir je könnte.“

Als auch dieser Pfeil sein Ziel fand, sah Caitriona aus den Augenwinkeln, wie Moira, die Zofe ihrer Mutter, auf sie zukam. Mit einem Seufzen stellte sie den Bogen ab und wandte sich wieder Monroe zu.

„Es scheint, als würde mir nun mein künftiges Schicksal mitgeteilt werden. Begleitest du mich? Ich fürchte, so aufgebracht wie Mutter vorhin reagiert hat, habe ich noch lange nicht alles erfahren, was ich wissen sollte.“

„Mylady, hier seid Ihr! Ich habe bereits die halbe Burg nach Euch abgesucht, ehe mir eines der Mädchen sagte, dass sie Euch hat das Haupthaus verlassen sehen. Schnell, beeilt Euch, Eure Eltern verlangen Euch zu sprechen.“ Moira war vollkommen außer Atem, als ihr Blick von Caitriona zu Monroe wanderte. „Euch beide.“

Überrascht sahen die Geschwister sich an, ehe sie Moira zurück in die große Halle folgten.

***

Hatte Caitriona noch Zweifel an dem Entschluss ihres Vaters, sie über eine bevorstehende Vermählung zu unterrichten, so schwanden diese gänzlich, als ihre Mutter beim Betreten der Halle sofort auf sie zukam. Dank der gleichen roten Haarfarbe, der braunen Augen und der ähnlichen, feinen Gesichtszüge sah Caitriona ihre eigene Zukunft deutlich vor sich, wenn sie ihre Mutter betrachtete. Im Augenblick sah sie vor allem die Sorge, die sich im Gesicht ihrer Mutter widerspiegelte. Sie ergriff ihre Hände und drückte sie fest, während sie ihr ein zaghaftes Lächeln schenkte, das ihre Augen nicht erreichen wollte.

„Ihr wolltet uns sprechen?“, fragte Caitriona und versuchte, gegen das lauter werdende Klopfen ihres Herzens anzukämpfen. Monroe hatte schließlich Recht, sie hatte seit Monaten mit diesem Tag gerechnet, gewusst, dass er irgendwann kommen musste, sobald ihr Vater einen geeigneten Kandidaten für ihre Hand gefunden hatte.

„In der Tat“, ergriff ihr Vater das Wort. „Ich stehe seit einigen Monaten bereits in Kontakt mit den MacKays in Sutherland, seit der Krönung von James, um genau zu sein.“

Sutherland. Caitriona ignorierte die Tatsache, dass ihr Vater bereits seit weitaus mehr als ein paar Monaten ihre Hochzeit plante. Sutherland. Nur noch die Inseln waren nördlicher gelegen. Das Blut rauschte in ihren Ohren, als sie daran dachte, das ganze Land zwischen sich und ihrer Familie zu wissen.

„Sutherland …“, flüsterte sie, doch ihr Vater schien nicht zu bemerken, wohin ihre Gedanken wanderten. Er sprach unbeirrt weiter, auch wenn Caitriona ihm nicht mehr zuhörte.

„Ihr reist in zwei Tagen ab.“ Seine letzten Worte vermochten es sehr wohl, wieder an ihr Ohr zu dringen. Überrascht sah sie zu ihrer Mutter, hoffte, von ihr eine Antwort auf die tausend und abertausend Fragen zu erhalten, die sie sich nicht auszusprechen wagte.

„Ich wünschte so sehr, ich könnte dich begleiten, mein Kind“, sagte ihre Mutter und strich ihr mit der Hand über die Wange. „Aber die Ärzte raten mir so kurz vor der Geburt davon ab, eine so lange Reise auf mich zu nehmen.“

„Ich … ich muss allein reisen?“, fragte Caitriona fassungslos.

Ihr Vater runzelte die Stirn und räusperte sich, ehe ihre Mutter antworten konnte. „Ich denke kaum, dass man dies so sehen kann, wenn dein Bruder dich begleitet. Sicherlich wäre es besser, könnten wir mitkommen oder die Hochzeit gar hier stattfinden lassen, aber wir haben uns für diesen Weg entschieden.“ Sein Gesicht nahm sanftere Züge an und etwas von der Härte schwand aus seiner Stimme.

„Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen, Caitriona. Ramsay MacKay wird dir ein guter Ehemann sein. Ich bin mir durchaus bewusst, wie wenig du von deinem Schwager hältst, und ich hätte nicht versucht, dich mit einem Mann seines Formats zu verheiraten. MacKay hingegen … Ja, ich bin überzeugt davon, dass...