Pariser Lektionen

von: C. S. Vanek

Allpart erotica, 2014

ISBN: 9783862145331 , 220 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 2,99 EUR

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Pariser Lektionen


 

Erstes Kapitel

Sonia Trimble schaltete den Wecker aus. Er hatte noch nicht geläutet; Sonia wurde immer schon vorher wach. Sie haßte die kleine Kupferuhr – ihr penetrantes Geklingel konnte ihren Mann in Sekundenschnelle zum Leben erwedten – aber Sonia wagte nicht einzuschlafen, ohne den Wecker vorher auf sechs Uhr dreißig gestellt zu haben. Man konnte nie wissen.

Sie blieb ganz still liegen und schaute in den wolkenlosen Julihimmel hinaus. Noch einer von diesen Hundstagen; wie eine klamme Decke legte die Feuchtigkeit sich ihr über den Körper. Das Nylonnachthemd war bis zur Taille hochgerutscht. Sie machte eine automatische Bewegung, um es hinunterzuziehen. Sie war nicht gern unbedeckt, wenn ihr Mann sich im selben Raum aufhielt, nicht einmal, wenn er schlief. Ihre Finger zogen mit sanfter Gewalt am Saum, aber das seidige Material widerstand. Sie hob mit äußerster Vorsicht das Laken und blinzelte zu ihrem Mann hinunter.

Sein Penis war schon leicht angeschwollen, wie immer bevor er aufwachte. Sie betrachtete ihn mit fasziniertem Grauen; sie sah ihn förmlich aus dem Pyjamaschlitz vorwachsen wie eine überfütterte Schlange, die unter einem schwarzen Busch vorkriecht. Sein behaarter Arm lag wie ein totes Gewicht auf dem zerknitterten unteren Teil ihres Nachthemds.

Sie hielt schaudernd den Atem an. Jetzt war es zu spät, jetzt konnte sie nicht mehr unbemerkt entweichen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Wenn er sich im Schlaf doch bloß ein bißchen bewegen würde. Die meisten Menschen wälzen sich gelegentlich, wenn sie schlafen. Nicht so George Trimble. Sein Körper lag wie ein Stein auf dem Doppelbett; nur dieses Ding, das er da hatte, kam nie ganz zur Ruhe. Sonia biß sich auf die Lippen und hielt die Luft an. Es war jetzt eine Sache von Sekunden – dann würde er, Augen auf, Penis voll erigiert, aufwachen und von ihr jene ekelerregenden Rituale erwarten, auf denen er seit je bestanden hatte und die sie selbst ihm nie zu verweigern wagte.

Sie konnte die Luft nicht mehr anhalten und stieß einen langen, stummen Seufzer aus. Zum tausendsten Mal fragte sie sich, warum sie ihn um Gottes Willen hatte heiraten müssen. Sie hatte ihn nie geliebt. Manchmal fragte sie sich, ob sie überhaupt fähig war, einen Mann zu lieben. Waren ihr diese Zweifel bewußt gewesen, als sie seinen Ring angenommen hatte? Als sie ihn machen ließ? … Sie schloß die Augen und dachte an die erste seiner derb-verschwitzten Zärtlichkeiten zurück, an die brutale Wißbegier seiner dicken Finger und an das noch dickere Ding, mit dem er sie von Anbeginn und auf die widerwärtigste Art und Weise bedrängt hatte.

Sie waren verheiratet seit einem Jahr, fünf Monaten, drei Tagen und … Sonia warf einen Blick auf den Wecker und zählte an den Fingern ab … siebzehn Stunden und ein paar Minuten. Sie versuchte auszurechnen, wie viele Nächte sie in diesem Bett verbracht hatte, gab aber auf. Rechnen war nie ihre Stärke gewesen. Außerdem waren es nicht die Nächte die ihr auf die Nerven gingen. Die meisten Abende verbrachte er zwei Ecken weiter in Luigis Grillbar mit Saufen. Einmal betrunken, schien er nie etwas von ihr zu wollen, es sei denn er war vorher mit einer anderen Frau zusammen. Dann kam er gewöhnlich ins Schlafzimmer getorkelt, warf seine Kleider fort und kroch mit seinem ungewaschenen, nach weiblichen Ausdünstungen stinkenden Körper ins Bett. Zusammengerollt und Gesicht zur Wand, stellte sie sich in solchen Fällen immer schlafend, während sie gleichzeitig auf ein Taschentuch biß, um sich nicht erbrechen zu müssen. Er blieb einige Minuten neben ihr liegen, und seine animalische Hitze strömte aus dem Bett, bis der ganze Raum mit dem Gestank billigen Parfums und wahllosen Geschlechtsverkehrs geschwängert war. Während sie seinen heißen Bieratem im Nacken spürte, masturbierte er sein besudeltes Organ zur vollen Größe zurück.

Dann kamen die unvermeidlichen Nötigungen. Seine wuchtige Fernfahrerhand landete auf ihrer Schulter und zog sie ohne Umstände zu sich herum. Feuchte, immer noch von morbid- süßem Lippenstift durchzogene Lippen glitten über ihren Mund. Seine Zunge preßte ihre Lippen auseinander, zwängte sich zwischen ihren Zähnen hindurch und ein Strom bier- und tabakgebeizten Speichels ergoß sich in ihren Mund. Sonia nahm diesen sabbernden Kuß gewöhnlich hin, sie schlang sogar ihre schlanken Arme um seinen borstigen Stiernacken und drängte ihn mit schmeichelnder Zunge, diese Phase so lange wie möglich hinauszuziehen. Sie hätte alles getan, um die zweite und größte Schmach hinauszuzögern. Er wußte natürlich, warum sie so hungrig an seinen Lippen sog, warum sie mit so unverhohlener Gier von seinem Mund trank. Und da er es wußte, zog er diese erste Umarmung bewußt in die Länge, um in ihr die Hoffnung zu erwecken, daß seine Hand diesmal nicht nach ihrem Kopf langen, zwischen ihr Haar fahren würde, um sie dann unter die Decke zu drücken und ihr Gesicht in seine stinkende Leistengegend zu vergraben.

Aber seine gebieterische Hand schob ihren Kopf unweigerlich wieder an den Platz, wo er ihn haben wollte, und ebenso unweigerlich leckte und saugte sie dann zwischen den schweißgetränkten Spuren reifer, anonymer Frauen. Als George sie zum ersten Mal diesem entwürdigenden Ritual unterwarf, hatte sie widerstanden und geschrien, und er hatte ihr gut zwölfmal ins Gesicht schlagen müssen, ehe sie sich seinem hartnäckigen Organ ergab und es zuließ, daß er seinen Orgasmus in ihrem Mund vollendete.

Hätte sie ihn damals sofort verlassen, dann hätte sich nocn alles zum Guten gewendet. Des war Sonia gewiß, auch heute noch nach eineinhalb Jahren Ehe mit diesem Sadisten, der an diesem herrlichen Julimorgen neben ihr im Bett lag. Daß er ein Sadist war, stand für sie mittlerweile außer Frage. Sie war, wie ihr bitter klar wurde, unglaublich unschuldig gewesen, als sie ihn einen Tag vor ihrem siebzehnten Geburtstag kennenlernte. Aber wie unschuldig konnte man überhaupt sein? Es war ihr sicherlich klar gewesen, daß Georges Liebespraktiken sid1 jenseits der Grenzen bewegten, in denen sieb d.ie gewöhnlichen Beziehungen zwischen Ehepartnern abspielen. Oder nicht? Sonia konnte in dieser Hinsicht nicht ganz sicher sein. Ihre verwitwete Mutter hatte ihr gegenüber zum Thema Sex nie auch nur ein einziges Wort verlauten lassen. Die ständig leidende Frau lebte ausschließlich für ihre frommen Versammlungen und ihre blitzblank gescheuerten Fußböden und Töpfe und Pfannen. Wenn Männer von dieser verbiestert wortkargen Frau überhaupt einmal erwähnt wurden, dann nur, um sie wegen ihrer Trunksucht und Haltlosigkeit zu verdammen.

Was die Jungen und Männer in der lausigen kleinen pennsylvanischen Kohlenpottstadt anbelangte, in der Sonia aufgewachsen war – da gab es keinen, mit dem sich auch nur die geringste, angenehme Erinnerung verknüpfte. Ihre plumpen Gewohnheiten und ihre noch plumpere Sprache schienen Mrs. Pilsudskis finsterste Voraussagen zu rechtfertigen. Daß Mädchen heiraten müssen, stand natürlich außer Frage. Sonias Mutter sprach ziemlich häufig vom Heiraten. Wie sonst sollte ein Mädchen ein Heim finden und sich zur Freude des Herrn dem heiligen Geschäft der Vermehrung widmen? Sonia mußte sich selbstverständlich einen Mann angeln, und sie war kaum sechzehn, da begann sie zu nähen und zu sticken und zu flicken, um sich als Mädchen so anziehend wie möglich zu machen.

Daß Sonia sich mit Hilfe ihres Sackleinens in eine atemberaubende Schönheit verwandelte, war nicht, worauf es nach Mrs. Pilsudskis sehr bestimmten Vorstellungen ankam. In ihren Augen war Schönheit eine Falle und Teufelswerk, und Kosmetika und andere Huldigungen an den Körper waren ein schnöder Affront gegen Gottes Willen auf Erden. Das war ihre feste Überzeugung, und dieser Überzeugung wohnte eine Kraft inne, die Sonia schon in jungen Jahren mit dem schweren Riemen verbinden lernte, der im spartanischen Schlafzimmer ihrer Mutter neben dem Kruzifix an der Wand hing.

Eine heiratsfähige Tochter war die wandelnde Sparsamkeit, Tugend, Arbeitsfreude und frischgewaschene Gesundheit. Mrs. Pilsudski verordnete hochgeschlossene Kleider mit tiefen Säumen, an den Hüften nicht zu eng. Sie legte keinen Wert auf blitzende Augen oder ein strahlendes Lachen. Lebhafte Blicke, so pflegte sie zu sagen, sind ein Köder für Tunichtgute und spontane Heiterkeit war ein sicheres Zeichen von Frivolität. Sie hatte George Trimble vom ersten Augenblick an gebilligt.

Er hatte für das junge Paar von nebenan Möbel abgeladen. Mrs. Pilsudski hatte die ganze Aktion von ihrem Lieblingsplatz hinter den Spitzenvorhängen ihres makellosen, aber winzigen Wohnzimmers verfolgt. Wie er mit den irdischen Gütern des jungen Paares hantierte, zeigte er ebensoviel Fleiß wie Geschick. Sein abgetragener Overall war frisch und gebügelt; seine schwarzen Schuhe glänzten nicht weniger als sein schwarzes, sorgfältig gekämmtes Haar. Ein tüchtiger junger Mann, der sich pflegt, überlegte Mrs. Pilsudski laut. Und sie billigte sein dumpfes, gutes Aussehen. Dieser junge Mann hatte nichts Leichtfertiges. Sie fragte sich, ob er wohl verheiratet sei; Lastwagenfahrer verdienten gut, verdienten sogar ganz ausgezeichnet.

Er hatte seinen Wagen entladen und faltete eben die Staub und Schutzdecken, als Sonia von der Berufsschule heimkehrte, wo sie einen Sekretärinnenkursus belegt hatte. Sie hatte den dunklen jungen Mann, der mit so übergroßer Sorgfalt seine Gerätschaften ordnete, kaum beachtet. Mrs. Pilsudski stellte zu ihrer Zufriedenheit fest, daß sein zu ihrer Tochter schweifender Blick weder deren Körper abschätzte noch in einer unziemlichen Weise an ihren Beinen verweilte.

An ihren Beinen!

Sonia hatte jenen Tag nie vergessen. Sie hatte nichts gewußt von den Überlegungen, die...