Energiepolitik in Deutschland nach Fukushima: Der Einfluss des Atomunglücks auf die deutsche Energiepolitik

von: Martin Wellnhofer

Bachelor + Master Publishing, 2013

ISBN: 9783863418861 , 48 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 16,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Energiepolitik in Deutschland nach Fukushima: Der Einfluss des Atomunglücks auf die deutsche Energiepolitik


 

Textprobe: Kapitel 3, Die deutsche Energiepolitik von 1998 bis 2009: Dieses Kapitel der Arbeit bezieht sich auf die Anfänge der deutschen Atomausstiegspolitik, die erstmals seit 1998, nach dem Antritt der rot-grünen Bundesregierung, ein Teil der deutschen Energiepolitik wurde. Der hegemoniale Diskurs dieser Legislaturperiode stellt den Ausgangspunkt für die Analyse aller darauffolgenden energiepolitischen Diskurse dar. Die Untergliederung des Diskursstrangs in seiner zeitlichen Abfolge soll es erlauben, gegenwärtige und zukünftige diskursive Abläufe in den Gesamtkontext des energiepolitischen Diskurses einzuordnen (JÄGER 2004:169). Aus diesem Grund werden die folgenden Ausführungen detailliert beschrieben, um so gegebenenfalls auch diskursive Zusammenhänge zwischen gegenwärtigen und vergangenen Handlungen aufzeigen zu können. Kapitel 3.1, Energiepolitische Ziele: Die energiepolitischen Ziele der rot-grünen Bundesregierung beziehen sich in erster Linie auf eine Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Um dieses Ziel zu erreichen und um die gesellschaftlichen Risiken der Kernenergie zu umgehen, sollte der Ausbau der Atomkraftwerke in Deutschland in Zukunft nicht mehr gefördert, sondern schnellstmöglich beendet werden. Die Kernpunkte der energiepolitischen Ziele umfassen zum einen das Verbot des Neubaus von kommerziellen Atomkraftwerken und zum anderen eine Beschränkung des Betriebs von bestehenden Anlagen. Beide Schwerpunkte sowie weitere energiepolitische Vorgaben der Atomausstiegspolitik werden im Folgenden näher erläutert. Durch die Beschränkung des Betriebs von atomaren Anlagen wird eine maximal zulässige Reststrommenge festgelegt, die bis zur endgültigen Stilllegung des Atomkraftwerks produziert werden darf. Nachdem die jeweils vorgesehene Reststrommenge eines Kraftwerks erreicht worden ist, wird der Betrieb der Anlage eingestellt. Für eine flexible Nutzung der Energie können Reststrommengen 'von weniger wirtschaftlichen auf wirtschaftlichere Anlagen' (BMU 2000:5) oder mit anderen Worten, von älteren Atomkraftwerken auf jüngere Atomkraftwerke übertragen werden. Diese Form der Energieübertragung ist zwar gesetzlich erlaubt, bedarf jedoch der Zustimmung einer Arbeitsgruppe, 'die sich aus drei Vertretern der beteiligten Unternehmen und drei Vertretern der Bundesregierung zusammensetzt' (BMU 2000:12). Die jährliche Reststrommenge von bestehenden Anlagen wird auf Grundlage ihrer Restlaufzeit bestimmt. Die noch verbleibende Restlaufzeit wird dabei für jedes Kraftwerk auf 32 Jahre seit seiner Inbetriebnahme befristet (BMU 2000:4). Ein weiterer Aspekt des geplanten Atomausstieges ist die Aufrechterhaltung eines hohen Sicherheitsstandards bei bestehenden Atomkraftwerken und sonstigen kerntechnischen Anlagen. Um ein hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten, unterliegen alle Anlagen der Pflicht einer Sicherheitsüberprüfung, die in einem Abstand von 10 Jahren wiederholt wird (BMU 2000:7). Auch bei der Endlagerfrage werden die Sicherheitsanforderungen erhöht. Statt einem zentralen Entsorgungslager, in dem alle Endlagerprodukte der Kernkraftwerke gespeichert sind, sollen mehrere Zwischenlager in dezentraler Lage errichtet werden. Die Entsorgung radioaktiver Abfälle soll zukünftig 'auf die direkte Endlagerung beschränkt' (BMU 2000:8) werden, was zur Folge hat, dass Abfallmengen in unmittelbarer Nähe zu den Atomkraftwerken gelagert werden. Da der Bau der Zwischenlager eine Zeit von fünf Jahren in Anspruch nehmen sollte, war der Transport von Wiederaufbereitungsprodukten nur innerhalb dieses Zeitraums erlaubt. Ab dem 1. Juli 2005 sollte die Abgabe von Brennelementen an Wiederaufbereitungsanlagen verboten werden (BMU 2000:8). Neben den angesprochenen Schwerpunkten der Atomausstiegspolitik, hatte die rot-grüne Bundesregierung den Anspruch eine umweltverträgliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung bereitzustellen, um im Ergebnis eine Vielzahl von Arbeitsplätzen im Energiedienstleistungsbereich sichern zu können (BMU 2000:12). Kapitel 3.2, Planung und rechtliche Absicherung des Atomausstiegs: Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um die Verantwortbarkeit der Kernenergie wurde deren geordnete Beendigung in der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 beschlossen. Zuvor hatten die regierenden Parteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Koalitionsvertrag 1998 den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie vereinbart. Diesbezüglich einigten sich die Bundesregierung und führende Energieversorgungsunternehmen am 14. Juni 2000 die oben genannten energiepolitischen Ziele umzusetzen. Die formulierten Kernpunkte der Vereinbarung traten ab 27. April 2002 mit dem Entwurf des Atomausstiegsgesetzes in Kraft. Der neue Gesetzesentwurf sollte eine Richtlinie für eine deutsche Energieversorgung sein, in der ein Ausbau erneuerbarer Energien durch die geordnete Beendigung der Kernenergie gefördert wird. Die Atomgesetznovelle, welche an Stelle des Atomförderungsgesetzes von 1959 trat, bezeichnete der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin als 'die konsequente Antwort auf Tschernobyl' (BMU 2002c:o.S.). Es sollte die Grundlage für eine zukunftsfähige Energiepolitik sein, in der die Forschung und Entwicklung sowie die Marktfähigkeit energieeffizienter Technologien vorangetrieben wird.